Kein Einspruch

Bundesrat segnet Bundes-Lockdown ab

Eine Sitzung voller Kritik: Viele Länderchefs lassen kein gutes Haar am geänderten Infektionsschutzgesetz. Gestoppt haben sie es dennoch nicht.

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Scharfe Kritik aus Hessen: Ministerpräsident Volker Bouffier am Donnerstag im Bundesrat.

Scharfe Kritik aus Hessen: Ministerpräsident Volker Bouffier am Donnerstag im Bundesrat.

© Wolfgang Kumm / dpa

Berlin. Der Bundesrat erhebt trotz erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken keinen Einspruch gegen das vom Bundestag geänderte Infektionsschutzgesetz. Die Länderkammer verzichtete am Donnerstag in ihrer Sondersitzung darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Direkt im Anschluss hat es Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterzeichnet, sodass das Gesetz nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten kann.

In großer Einmütigkeit bezeichneten mehrere Ministerpräsidenten das am Mittwoch vom Parlament verabschiedete Gesetz als „verfassungsrechtlich problematisch“. Für Hessen warf Volker Bouffier (CDU) dem Bundestag vor, Erfahrungen der Länder nicht ausreichend berücksichtigt zu haben.

Die Festschreibung starrer Inzidenzwerte komme – etwa mit Blick auf Ausgangsbeschränkungen – einem „faktischen Abwägungsverbot“ verschiedener Grundrechte gleich. Hinzu kämen nahezu unlösbare praktische Umsetzungsprobleme für die Länder etwa mit Blick auf Schulen. Den Flickenteppich ländereigener Regelungen werde dieses Gesetz jedenfalls nicht auflösen, so Bouffier.

Abstimmungsprozesse „diskreditiert“

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) attestierte dem 4. Pandemiegesetz, „kein großer Wurf zu sein“. Im Hinblick auf den reinen Infektionsschutz sei diese Vorlage „unnötig, aber auch unschädlich“.

Noch schärfer fiel die Bewertung von seinem Kollegen aus Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), aus. Er bezeichnete das vom Bund betriebene Gesetzgebungsverfahren als einen „Tiefpunkt in der föderalen Kultur Deutschlands“.

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Die bisherigen Abstimmungsprozesse der Länder würden diskreditiert, Modellprojekte verhindert. Gleichzeitig werde Bürgern die Klage gegen dieses Gesetz derart erschwert, „dass von einem effektiven Rechtsschutz nur noch schwer die Rede sein kann“.

Tag des Inkrafttretens unklar

Alle Redner betonten, man habe von einer Anrufung des Vermittlungsausschusses nur deshalb abgesehen, um das Inkrafttreten nicht noch weiter zu verzögern.

Angesichts der massiven Vorbehalte verwies Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf die bisherigen gemeinsamen Erfolge in der Pandemiebekämpfung von Bund und Ländern. Er beharrte darauf, Regelungen an Inzidenzwerte zu binden. „Erst die Welle brechen, dann testgestützt öffnen, um schließlich im Sommer mit dem Impfen den entscheidenden Unterschied zu machen“, so sein Credo. (fst)

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