Häusliche Krankenpflege

DAK-Berater in der Hausarztpraxis

Die häusliche Krankenpflege wird ab 2017 in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einbezogen. DAK-Berater wollen jetzt Hausärzte aufklären.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:

HAMBURG. Seit dem 18. Januar klopfen Berater der Hamburger DAK-Gesundheit bei deutschlandweit mehr als 8000 Hausarztpraxen an und besuchen die Ärztinnen und Ärzte. Sie wollen den Kollegen erklären, wie sie ihre steigenden Verordnungen der häuslichen Krankenpflege (HKP) senken können.

Denn ab Januar 2017 soll die HKP in die Wirtschaftlichkeitsprüfungen einbezogen werden. "Zutreffend ist, dass die Partner auf der Landesebene mit Wirkung ab 2017 Regelungen zur Wirtschaftlichkeitsprüfung für alle Bereiche ärztlich verordneter Leistungen (und somit auch für die HKP) treffen müssen (Paragraf 106b SGB V)", erklärt eine Sprecherin des GKV-Spitzenverbandes auf Anfrage.

Deshalb dürften die Ärzte auch ein Eigeninteresse haben, die Beratungen der DAK-Besucher anzunehmen, glaubt man in Hamburg.

Besucht werden sollen alle Praxen, die bei den Verordnungen von HKP ihrer DAK-Versicherten um 25 Prozent oder mehr über dem DAK-Schnitt liegen, außerdem Praxen, die jährlich mehr als 1000 Euro Kosten pro HKP-Fall verursachen.

Außerdem werden Praxen besucht, wenn Ärzte das Aus- und Anziehen von Kompressionsstrümpfen über die häusliche Krankenpflege bei mehr als drei DAK-Versicherten verordnet haben, diesen jedoch seit 1. Januar 2013 keine Kompressionsstrümpfe der Klasse 2 mehr verordnet worden sind. Nach Angaben der DAK ist geplant, insgesamt 8850 Praxen in ganz Deutschland zu diesem Zweck zu besuchen.

"Die Kostensteigerungen in der GKV waren in der Vergangenheit im Bereich häusliche Krankenpflege überdurchschnittlich hoch", sagt DAK-Sprecher Helge Dickau. Zwischen 2010 und 2014 lagen sie jeweils zwischen 10,3 und 10,7 Prozent. 2014 habe die DAK-Gesundheit 514 Millionen Euro für die häuslichen Krankenpflege ausgegeben.

Der GKV-Schnitt lag 2014 bei rund 420 Millionen Euro. Zu 2015 liegen noch keine Zahlen vor.

Ähnlich bei der Techniker Krankenkasse (TK) und der BARMER GEK: "Auch bei uns steigen die Ausgaben in diesem Bereich - und zwar jährlich im zweistelligen Prozentbereich", erklärt eine Sprecherin der TK auf Anfrage.

Bei der BARMER GEK seien die HKP in den letzten fünf Jahren jeweils um etwa zehn Prozent gestiegen, so Pressesprecher Axel Wunsch. Allerdings bleibt die BARMER GEK entspannt: Dies sei der demographischen Entwicklung der bundesdeutschen Gesellschaft und der Versichertenstruktur der BARMER GEK als einer großen Versorger- oder Familienkasse geschuldet.

Wunsch: Maßnahmen, wie sie die DAK durchführt, planen wir nicht, da wir in kontinuierlichem Kontakt mit den verordnenden Ärzten und den Leistungserbringern stehen."

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Kommentare
Dr. Henning Fischer 29.06.201610:17 Uhr

Hallo, Nachwuchs! Hier der tausendundeinste Grund nicht Kassenarzt zu werden


demnächst wird noch der Klopapierverbrauch budgetiert und mit Regressen belegt.

Tut Euch das nicht an.

Kassenarzt in Absurdistan.

Carmen P. Baake 03.02.201609:49 Uhr

DAK-Berater klären Hausärzte auf

... und nehmen Dauerverordnungen ins Visier, könnte ich den Satz ergänzen.

Noch ist nicht ganz klar, wie Richtgrößen für die Verordnung von häuslicher Krankenpflege aussehen sollen und ob es - ähnlich wie bei Heilmitteln - Diagnosen gibt, bei denen von diesen Richtgrößen abgewichen werden kann.

Und schon stehen DAK-Berater in den Startlöchern, deren Qualifikation in diesem Artikel leider nicht genannt wird, um Ärztinnen und Ärzte aufzuklären.

Die als Begründung für dieses Engagement genannten Steigerungsraten sind weder um den demografischen Effekt bereinigt, noch um die Steigerungsraten der Vergütungen für diese Leistungen. Auch die Genehmigungspraxis bzw. Ablehnungspraxis der DAK bei Rehabilitationsmaßnahmen und Heilmitteln bleiben unberücksichtigt. Glaubt die DAK denn wirklich, sie könnte in allen Leistungsbereichen gleichzeitig trotz zunehmenden Alters ihrer Versicherten die Sparschraube drehen?

Die DAK fordert in ihrem eigenen Pflegereport die Entlastung pflegender Angehöriger. Indem sie jedoch die dauerhaft erforderlichen Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege ins Visier nimmt, erreicht sie genau das Gegenteil. Pflegende Angehörige, die nicht im Haushalt der Patienten leben, müssen sich nun Sorgen machen, ob die Mutter oder der Vater z. B. morgens die Kompressionsstrümpfe anziehen, wenn noch kein Angehöriger da ist.

Die Enquetekommission Pflege in Baden-Württemberg hat für die häusliche Krankenpflege die Anhebung der Vergütungen auf ein kostendeckendes Maß gefordert. Das wäre natürlich Gift für die DAK-Sparpläne. Auch die seit 01.01.2016 verordnungsfähige Übergangspflege nach § 37 Abs. 1a SGB V treibt den Verantwortlichen der DAK sicher Tränen in die Augen. Hatte man sich doch so viele Jahre erfolgreich vor einer Satzungsleistung gedrückt, mit der Patienten nach einem Krankenhausaufenthalt oder einer ambulanten Operation hätte geholfen werden können.

Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für häusliche Krankenpflege betragen im Bundesdurchschnitt 2,48 Prozent der Gesamtausgaben und die DAK macht davon soviel Wind, als wären es mindestens 25 Prozent. Halten sich die DAK-Berater bei ihrer "Aufklärung" strikt an die HKP-Richtlinie, entsteht der DAK mehr Aufwand als Nutzen.

Für die verordnenden Ärzte ist das Ganze mehr als ärgerlich. Ihre ärztliche Kompetenz wird angezweifelt und die DAK droht mit Regressen, die noch nicht vereinbart sind.

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