RWI-Studie
Deutschland fehlen Hunderttausende Pflegeheimplätze
Frankfurt. Deutschland altert und wird deshalb auf absehbare Zeit nicht nur deutlich mehr Pflegekräfte brauchen, sondern auch Hunderttausende zusätzliche Heimplätze. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in ihrem neuen Pflegeheim-Rating-Report, der alle zwei Jahre erstellt wird und über den die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vorab berichtet.
Demnach rechnen die Wissenschaftler damit, dass die Zahl der pflegebedürftigen Menschen von aktuell rund 4,1 Millionen auf 4,9 Millionen im Jahr 2030 und 5,6 Millionen im Jahr 2040 steigen wird. Dementsprechend würden bis 2040 weitere 322.000 stationäre Pflegeplätze benötigt. Derzeit leben rund 820.000 Menschen in einer solchen Einrichtung.
125 Milliarden Euro Investitionsbedarf
Die erforderlichen Investitionen beziffern die Autoren nach Angaben der Zeitung auf bis zu 125 Milliarden Euro. Öffentliches oder freigemeinnütziges Kapital allein werde dafür nicht ausreichen. Daher plädieren die Forscher dafür, den streng regulierten Markt für private Investoren attraktiver zu machen. Diesen wird bisher in der Altenpflege oft Profitgier auf Kosten von Mitarbeitern und Heimbewohnern vorgeworfen.
„Ohne privates Kapital wird es kaum möglich sein, ein ausreichend großes Angebot zu schaffen“, sagt nun RWI-Gesundheitsforscher Ingo Kolodziej. Es werde jedoch nur bereitgestellt, wenn es „risikogerecht verzinst“ werde, also wenn sich die Investition lohne.
Wirtschaftliche Lage der Heime verschlechtert
Der Studie zufolge hat sich die wirtschaftliche Lage der rund 15.400 Pflegeheime in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschlechtert. Wie aus der RWI-Analyse hervorgeht, schrieben vor fünf Jahren nur rund 10 Prozent der Pflegeheime einen Jahresverlust. 2019 waren es schon 26,5 Prozent – mehr als jedes vierte.
Als Grund nennen die Autoren einen zunehmenden Kostendruck, auf dessen Ursachen allerdings nicht näher eingegangen wird. Zugleich zeigt der Report, dass private Betreiber in der Vergangenheit einen großen Beitrag dazu geleistet haben, dass das Angebot an Pflegeplätzen steigt.
Private Träger auf dem Vormarsch
So habe sich die Zahl der Heimplätze in privater Trägerschaft seit 1999 mehr als verdoppelt, während die Plätze bei freigemeinnützigen Trägern wie der AWO, der Diakonie oder der Caritas nur um 28 Prozent zugelegt hätten. Die Zahl der Plätze in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft – in der Regel stehen dahinter Gemeinden oder Kreise – sei hingegen um ein Fünftel gesunken.
Insgesamt stagnierte die Zahl der Menschen, die in Pflegeheimen versorgt werden, zuletzt allerdings, während der Anteil der ambulanten Pflege und auch der Menschen, die zu Hause durch ihre Angehörigen versorgt werden, weiter gewachsen sei. (KNA)