Jahrespressekonferenz

KV Bayerns bilanziert drei verlorene Jahre fürs Gesundheitswesen

Die KV Bayerns blickt auf ein durchwachsenes Jahr 2024 mit politischem Stillstand, aber auch bayerischen Erfolgen wie etwa den „Gemeinsamen Tresen“ zur Patientensteuerung.

Michaela SchneiderVon Michaela Schneider Veröffentlicht:
Der Vorstand der KV Bayerns – Dr. Christian Pfeiffer (Vorstandsvorsitzender, links), Dr. Claudia Ritter-Rupp (zweite stellv. Vorstandsvorsitzende) und Dr. Peter Heinz (erster stellv. Vorstandsvorsitzender) – blicken auf ein durchwachsenes Jahr 2024 zurück.

Der Vorstand der KV Bayerns – Dr. Christian Pfeiffer (Vorstandsvorsitzender, links), Dr. Claudia Ritter-Rupp (zweite stellv. Vorstandsvorsitzende) und Dr. Peter Heinz (erster stellv. Vorstandsvorsitzender) – blicken auf ein durchwachsenes Jahr 2024 zurück.

© KVB/Marion Munke

München. Von „alarmierendem Stillstand in einem Bereich, der eigentlich dynamisches Handeln“ erfordere und „drei Jahren verlorene Zeit fürs Gesundheitswesen“, sprach Vorstandsvorsitzender Dr. Christian Pfeiffer bei der Jahrespressekonferenz der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) am Dienstag mit Blick aufs Scheitern der Ampelregierung.

Auf das Cannabisgesetz hätte die Ärzteschaft gut verzichten können. Relevante Anliegen wie eine Regelung im Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst oder eine Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze seien auf der Strecke geblieben. Die Umsetzung des verabschiedeten Krankenhausreformgesetzes werde die KVB als Vertretung der niedergelassenen Ärzteschaft kritisch betrachten, etwa mit Blick auf die Primärversorgungszentren.

„Mehr als 500 nicht besetzte Hausarztpraxen“

„In Bayern haben wir mehr als 500 nicht besetzte Hausarztpraxen“, machte der Vorstandsvorsitzende auf einen immer weiter um sich greifenden Ärztemangel aufmerksam. Es brauche mehr Medizinstudienplätze aber auch attraktive Rahmenbedingungen, um Medizinstudierende für eine selbständige Tätigkeit in der Praxis zu begeistern.

Mit Blick auf den Masterplan 2020 kritisierte Pfeiffer: „Mir kommt das vor wie der Bau des Berliner Flughafens. Von Jahr zu Jahr verzögert sich das Ganze.“ Gleichzeitig stellte er heraus: Die KVB habe zahlreiche Fördermaßnahmen für Studierende und Ärzte in Weiterbildung auf dem Weg gebracht – zuletzt die Förderung des Praktischen Jahres.

Auch sprach Pfeiffer von „konstruktiven Verhandlungen mit den Krankenkassen, was die Vergütung der Ärzteschaft, aber auch bei Impfungen“ betreffe – wenn auch diese noch nicht abgeschlossen seien. „Wir wissen um die Finanznot der Krankenkassen. Aber es kann nicht sein, dass diese Probleme auf dem Rücken der Vertragsärzteschaft ausgetragen werden“, lehnte er eine Nullrunde entschieden ab.

„Patientensteuerung kann funktionieren“

Als weiteres zentrales Thema in Bayern verwies er auf die Akut- und Notfallversorgung. In der Expertenkonferenz „INSAN“ habe die KVB unter dem Stichwort indikationsgerechte Steuerung mit Ärzten, Politik, Krankenhäusern sowie Krankenkassen die verschiedenen beteiligten Player zusammengebracht. Mit dem Projekt „Gemeinsamer Tresen“ in Rosenheim habe Bayern gezeigt, dass Patientensteuerung funktionieren könne, implementiert werden soll dieses nun als nächstes an den Standorten Augsburg und Würzburg.

Als weitere Erfolge verwies Pfeiffer auf die digitale Vernetzung der Bereitschaftsdienst- und Notrufnummern sowie auf den Start von DocOnline als Möglichkeit der Videosprechstunde im Bereitschaftsdienst, die nun in einzelnen Pflegeheimen erprobt werde.

Wertschätzung zeigen durch Entbudgetierung

Dr. Peter Heinz, stellvertretender KVB-Vorstandsvorsitzender, forderte „die längst überfällige Aufwertung des ambulanten Bereichs“ ein – verbunden mit echter Wertschätzung: „Die neue Bundesregierung muss die Praxen, die immerhin 90 Prozent der medizinischen Versorgung der Bevölkerung stemmen, endlich aus dem Schatten der stationären Versorgung herausholen.“ Wie dies gelingen kann? Laut Heinz durch die Entbudgetierung aller hausärztlichen Leistungen, die im Gesetz schon beschlossen war, jetzt allerdings nicht mehr zum Tragen kommt; und durch die Entbudgetierung der fachärztlichen Leistungen, die derzeit ideologisch in weiter Ferne liege.

„Völliger unsinniger Bürokratismus“

Mit Blick auf fehlende gesetzliche Regelungen zur Eindämmung des iMVZ-Einflusses schalt Heinz Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einen „Ankündigungsminister“. Hier müsse die neue Bundesregierung tätig werden, „ehe das System völlig an die Wand gefahren“ werde. Als weiteres Ärgernis benannte der Vize einen „völlig unsinnigen Bürokratismus“ und verwies exemplarisch auf die Präqualifizierungspflicht für Hals-Nasen-Ohren-Ärzte oder auch Augenärzte: Wer medizinische Hilfsmittel wie Hörgeräte oder therapeutische Kontaktlinsen in den Praxen abgeben wolle, müsse eine Präqualifizierung durchlaufen, in der auch Dinge abgefragt würden, die in einer normalen ärztlichen Praxis „völlig state of the art“ seien wie etwa ein Empfang. Solche Bürokratieaktionen kosteten Geld, Ressourcen und Personal.

„Passgenaue Lösungen in Regionen“

Die zweite stellvertretende KVB-Vorstandsvorsitzende Dr. Claudia Ritter-Rupp war krank, ihr Statement wurde in der Pressekonferenz verlesen. Sie kündigte unter anderem an: Weil die eigene Bedarfsplanung für Kinder- und Jugend-Psychotherapeuten durch das Ende der Ampel-Koalition in Berlin vorerst nicht umgesetzt werde, intensiviere die KVB die Anstrengungen, passgenaue Lösungen in Regionen zu schaffen, in denen die Wartezeiten auf einen Psychotherapie-Platz besonders lang seien.

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