Aktuelle Studie / Innovationsfonds
Die Reha-Nachsorge gelingt besser mit den Hausärzten
Hausärzte können den gesundheitlichen Effekt einer Rehabilitation nachhaltig stärken. Das geht aus einer aktuellen Studie der Universität Lübeck hervor. Unterstützt durch die Praxen trainierte die große Mehrheit der Rehabilitanden ein Jahr lang nach der Reha noch Ausdauer und Muskelkraft.
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Auch nach der Reha im Training bleiben, vielen Patienten fällt das ohne weitere Unterstützung schwer. (Motiv mit Fotomodellen)
© Jenny Sturm / stock.adobe.com
Berlin. Das Problem ist bekannt: In der stationären Rehabilitation wird intensiv trainiert – von Nordic Walking bis Bogenschießen, von Aqua-Jogging bis Krafttraining. Doch nur wenige Wochen nach einem Reha-Aufenthalt finden die ehemaligen Rehabilitanden kaum noch Zeit, ihre Ausdauer und Muskelkraft zu trainieren. Der gesundheitliche Effekt einer stationären Rehabilitation verpufft im Alltagstrott. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) versucht daher seit Jahren, den kritischen Übergang zurück in das gewohnte Umfeld mit Nachsorgekonzepten abzumildern.
Eine über den Innovationsfonds finanzierte Studie der Universität Lübeck zeigt nun, dass es sich lohnen würde, Hausärzte und ihre Teams intensiver in die Reha-Nachsorge einzubeziehen.
Denn die Reha-Kliniken wurden 2019 zwar verpflichtet, die Zeit nach der Reha mit dem Rehabilitanden frühzeitig zu planen und ihn mit Hilfsangeboten zu unterstützen. Die Zahl der DRV- Nachsorge-Leistungen stagniert dennoch bei rund 150 .000 pro Jahr.
Bewegungstagebuch und feste Zielvorgaben
Das Team um Professorin Dr. Ruth Deck unterstützte 178 Hausärzte und neun Reha-Einrichtungen ein Jahr lang dabei, 85 Rehabilitanden mit chronischen Rückenschmerzen auch nach einer Reha weiter zur körperlichen Aktivität zu motivieren. Basis der „Hausarztzentrierten Nachsorge“ (HaNaRe) sind verschiedene Instrumente zur Selbstreflektion: Im „Beobachtungsheft“ notieren sich die Rehabilitanden bereits während der Reha, welche Art von Sport und Bewegung ihnen Freude bereitet und welche Ziele sie langfristig damit verfolgen.
In den „Bewegungstagebüchern“ schreiben sie auf, was sie davon im Jahr nach dem stationären Reha-Aufenthalt umsetzen wollen. Die ausgefüllten „Bewegungstagebücher“ werden sowohl persönlich mit dem Hausarzt sowie in Telefonaten mit einer Medizinischen Fachangestellten (MFA) besprochen. So können frühzeitig mögliche Barrieren erkannt und Alternativen entwickelt werden, wenn die Motivation nachlässt und die Umsetzung des Bewegungsprogramms schwierig wird.
Spezielle Gesprächs-Checklisten für die Praxisteams
Zur Vorbereitung auf die Rehabilitanden-Gespräche haben die Reha-Wissenschaftler für die Hausarztpraxen Checklisten erstellt. Sie helfen dabei, Hürden zu definieren, die Zufriedenheit mit der Umsetzung zu reflektieren sowie die Vorsätze für die nächsten Wochen festzulegen.
„Zwölf Monate nach der Reha waren die meisten Rehabilitanden zwischen zwei und vier Stunden aktiv, ein Viertel der Befragten sogar mehr als vier Stunden pro Woche“, berichtet Studienleiterin Deck. Ausdauersport und Krafttraining waren dabei am beliebtesten. Nur 19 Prozent der Befragten hatten das Training nahezu aufgegeben und reservierten dafür allenfalls eine Stunde pro Woche.
Gute Noten für die Betreuung in den Praxen
78 Prozent der befragten Rehabilitanden bewerteten die Betreuung durch die Hausarztpraxis als „gut“ bis „sehr gut“. Rund 90 Prozent haben auch mit dem Hausarzt über die „Bewegungstagebücher“ gesprochen. Sie waren für zwei Drittel eine Hilfe, um die Vorsätze im Alltag dauerhaft umzusetzen, jeder Zweite bewertete sie mit „gut“ oder „sehr gut“.
Im Durchschnitt suchten die Rehabilitanden vier Mal im Laufe des Jahres die Hausarztpraxis auf. 83 Prozent gaben an, dabei „hilfreiche“ oder „sehr hilfreiche“ Rückmeldungen erhalten zu haben. Nahezu alle Teilnehmenden hatten im Laufe des Jahres auch sechs Telefonkontakte mit einer MFA, zwei Drittel davon beurteilten diese Anrufe als „hilfreich“ oder „sehr hilfreich“.
Jede zweite Studien-Praxis will Konzept weiterführen
„Das Konzept kam auch bei den Hausärzten gut an – jeder Zweite von ihnen gab an, dass sie die Nachsorge auch studienunabhängig weiter anbieten würden“, sagt Deck. Im Rahmen eines Expertenworkshops bewerteten auch die Vertreter von Krankenkasse und Rentenversicherung das Nachsorgekonzept als äußerst positiv und würdigten die guten Ergebnisse.
„Die Reha-Nachsorge mit Unterstützung der Hausärzte hat sich als ein sinnvolles, wirkungsvolles Modell für die betroffenen Rehabilitanden bewiesen. Trotz konstruktiver Diskussionen konnte über den möglichen Transfer einer Hausarztzentrierten Nachsorge in die Regelversorgung bislang noch kein abschließender Konsens gefunden werden“, bedauert Professorin Deck.