Inzidenzen
Die jungen Alten sind Champions im Umgang mit Corona
Die Gruppe der 65- bis 79-Jährigen hat die geringste Inzidenzrate an SARS-CoV-2-Infektionen. Für sie ist es am einfachsten, die Zahl der Kontakte niedrig zu halten. Teil 4 unserer Serie in Kooperation mit IGES.
Veröffentlicht:Wie bekommt man COVID-19? Letztlich ist es eine Infektion von Mensch zu Mensch, und alle empfohlenen Maßnahmen zielen darauf ab, Kontakte zu vermeiden.
Das gelingt nicht so gut, wenn man andere so anziehend findet, dass man nicht widerstehen kann, oder wenn man anderen begegnen muss, sei es im öffentlichen Verkehr, in der Freizeit, in der Familie, in der Pflege jedweder Art. Aus dieser Perspektive entschlüsselt sich, wie die einzelnen demografischen Gruppen mit der Seuche zurechtkommen.
Die alten Alten gehen als Verlierer heraus
Die größten Corona-Verlierer – 4. Platz des demografischen Inzidenzrankings – sind die über 80-Jährigen. Sie haben die mit Abstand höchste Inzidenz an SARS-CoV-2-Infektionen.. Diese „alten Alten“ haben in der Regel eine sehr geringe Autonomie bei der Wahl ihres Lebensmittelpunktes und ihrer Kontakte. Viele müssen gepflegt werden und dabei sehr nahe Kontakte zu den Pflegenden in Kauf nehmen. Diese sind eher jung und mobil und in den Altersgruppen 25 bis 59 zu finden, was sie tendenziell zu Infektionsquellen macht.
Die alten Alten haben das verloren, was die „jungen Alten“ so widerstandsfähig macht: ihre Autonomie. Sie tragen nicht nur das höchste Erkrankungsrisiko, sondern auch das höchste Sterberisiko, wenn sie erkranken. Die 20- bis 24-Jährigen sind in einem Alter, wo ihnen viele und enge Kontakte in der Regel nicht unangenehm sind. Viele studieren oder sind in der Ausbildung. Sie gehen gerne aus und treffen sich gerne in Gruppen. Daher sind sie Nummer 3 im Inzidenzranking, wobei es ihnen viel weniger schadet als den Alten, wenn sie sich infizieren. Bis Anfang Oktober vergangenen Jahres (41. Kalenderwoche) waren sie unangefochten Spitzenreiter.
Das breite Mittelfeld der 30- bis 64-Jährigen trifft auch gerne andere Menschen, aber sie sind eher mit Arbeit beschäftigt und haben oftmals Kinder. Sie sind Nummer 2. Die Kinder laufen außer Konkurrenz, weil sie wenig Symptome zeigen und daher eher wenig getestet werden. Zu ihnen gibt es sehr unterschiedliche Ansichten, was Corona anbelangt. Manche halten sie für gefährliche Virenschleudern, weil ihre Infektionen oft unerkannt bleiben. Dies führt zu viel Streit bei der Frage, ob man die Schulen schließen soll.
Corona-sichere Lebenssituation bei jungen Alten
Es bleibt die Gruppe der 65- bis 79-Jährigen. Sie haben die geringste Inzidenz und sind die Champions im Umgang mit Corona: Platz 1. Sie sind von beruflichen Kontakten befreit, neigen nicht zu Exzessen, und sind materiell vielfach in der Lage, sich mit dem eigenen Wagen fortzubewegen. Und sie können sich Dienstleistungen erlauben, die ihnen helfen, dem meisten aus dem Weg gehen, was ihnen schaden könnte. Diese Privilegien zahlen sich durch ein geringes Risiko aus, zu erkranken. Sie sind häufig alleinstehend und selten mit Kindern und Enkelkindern unter demselben Dach, was allerdings nicht alle als Privileg empfinden dürften. In Italien bezahlte diese Altersgruppe für das Privileg der intergenerationellen Kohabitation allerdings einen hohen Preis, was Corona betrifft.
Der IGES Pandemie Monitor
Wie ist die zweite Pandemie-Welle entstanden? Wie hätte sie verhindert werden können? Was kennzeichnet das derzeitige Ausbruchsgeschehen? Antworten auf diese und andere aktuelle Fragen gibt der IGES Pandemie Monitor. Seine Mission ist es, mehr Orientierung in der Corona-Pandemie zu geben.
Er bietet differenzierte Analysen über die Entwicklung der Pandemie und über die Treiber von Infektionen mit SARS-CoV-2. Dies soll die Anstrengungen aller unterstützen, die Pandemiedynamik besser zu verstehen und die richtigen Maßnahmen zu treffen.
Der IGES Pandemie Monitor versteht sich auch als Antwort auf das durch die Corona-Krise entstandene, große allgemeine Interesse an Gesundheitsdaten. Dem begegnet vor allem der Datenjournalismus mit einem zuvor noch nie gekannten Informationsangebot. Unzählige Statistiken, Grafiken und Abbildungen bebildern in den tagesaktuellen Medien das Infektionsgeschehen. Was jedoch vielfach fehlt, ist Einordnung, Bewertung und Gewichtung der sich täglich ändernden Faktenlage:
Nötig ist mehr Differenzierung statt Pauschalierung. Genau da setzt der IGES Pandemie Monitor an: So zeigt er kurz-, mittel- und langfristige Trends des Pandemieverlaufs. Diese zeitliche Dreiteilung spiegelt sich in den Rubriken „Aktuelle Lage“, „Entwicklungen“ und langfristige „Analysen“ wider. Bereits während des aktuellen Verlaufs arbeitet der Monitor die Faktoren heraus, die maßgeblich das Pandemiegeschehen beeinflussen.
Datengrundlage sind neben den Meldedaten des RKI weitere Informationen wie soziodemographische, geographische oder spezifisch regionale und infrastrukturelle Fakten.
Ziel ist es zudem, Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Eindämmungsmaßnahmen zu gewinnen, um das Management der Krise vor Ort möglichst ressourcenschonend und präziser zu gestalten.
Wo eine aktuelle Analyse der Ursachen nicht zweifelsfrei gelingt, weil etwa die verfügbare Datenbasis zu schmal ist oder weil weitere Entwicklungen abgewartet werden müssen, wird der IGES Pandemie Monitor Hypothesen formulieren und entsprechende Fragen stellen – auch im gewünschten Dialog mit seinen Nutzern. Dies soll dazu beitragen, neue Akzente für das Krisenmanagement zu setzen.
Der IGES Pandemie Monitor wird als Internetseite präsentiert, deren Inhalt laufend an das Geschehen angepasst wird.