Der Standpunkt

Die liberale Ideologie

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Die ehemalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt war realistisch genug, um zu wissen, dass die Bürgerversicherung - und mit ihr die Abschaffung der Privaten Krankenversicherung - nicht in einem Schlag zu bewältigen war. Also wählte sie den Weg der langsamen Erdrosselung: Der Neuzugang zur PKV wurde erschwert, GKV-Elemente in die PKV wurden eingebaut, und ansonsten sollte sich die PKV an eigenen Schwächen strangulieren.

Genau darauf haben nun das Berliner IGES-Institut und der ehemalige Wirtschaftsweise Professor Bert Rürup in einem Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium hingewiesen. Die offenen Flanken sind: Kosten steuern kann die PKV nur über ihre Beziehungen zu den Versicherten - durch Selbstbeteiligungen, Leistungsausschlüsse, Beitragsrückerstattungen.

Bei gesunden Versicherten ist das wirksam - doch wehe sie werden zu chronisch Kranken. Dann brechen alle Dämme. Denn zu den Leistungserbringern hat die PKV keinerlei Beziehungen - sie verfügt anders als die GKV nicht über die Möglichkeiten, Preise, Honorare, Leistungsmengen und Qualitäten zu verhandeln.

Tatsache ist: Arzthonorare sind in der PKV zwischen 1998 und 2008 mit fast 44 Prozent mehr als doppelt so stark wie in der GKV gestiegen. Ungehemmt werden technische Leistungen abgerechnet. Die Ausgaben für Labor sind, so berichten Insider, bei manchen PKV-Unternehmen höher als die Arzneimittelausgaben. Wo gesetzliche Kassen besonders kräftig gespart haben, versuchen Ärzte die Kompensation bei der Privatliquidation. Dass Ärzte, für die das Privathonorar eine wichtige Einnahmequelle ist, am eigenen Ast sägen, wollen ihre Funktionäre nicht wahrhaben.

Die PKV reagiert auf ihre Art. Sie konzentriert ihren Wettbewerb auf die jüngeren Gesunden - nicht auf Krankenversorgung. Genau dies müsste aber ein sinnvoller Wettbewerb zwischen GKV und PKV leisten. Für diesen Systemwettbewerb hat sich die schwarz-gelbe Koalition entschieden. Die unangenehme Wahrheit, dass die Branche dringend Reformen braucht, versteckt das Bundeswirtschaftsministerium im Giftschrank. So wird Politik zur Ideologie.

Schreiben Sie dem Autor: helmut.laschet@aerztezeitung.de

Lesen Sie dazu auch: Brüderle steckt PKV-Studie in den Giftschrank

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Runde der letzten 9

Gießener Dermatologin steht im Finale von Miss Germany

Probleme in ambulanter Versorgung

SpiFa: „Keine einzige Baustelle des Gesundheitswesens beseitigt“

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!

Lesetipps
Im Vordergrund Savanne und eine Giraffe, im Hintergrund der Kilimandscharo.

© espiegle / stock.adobe.com

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger