Aufgezerrte Rücklagen

Die teuren Pflegereformen

Die Pflegereformen der vergangenen Legislatur fressen die Rücklagen der Pflegeversicherung auf.

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BERLIN. Die Pflegereformen der vergangenen Legislaturperiode wirken. Seit dem Start am 1. Januar 2017 sind alleine aufgrund des erweiterten Pflegebedürftigkeitsbegriffs und des neuen Begutachtungsverfahrens 304.000 Menschen neu Bezieher von Leistungen aus der Pflegeversicherung. Insgesamt ist die Zahl der Leistungsempfänger gegenüber Ende 2016 um rund 800.000 auf nun 3,6 Millionen gewachsen.

Das wirkt sich unmittelbar auf die Rücklagen der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) aus. Deren Bestände haben im ersten Jahr der Pflegereform um 2,44 Milliarden Euro abgenommen. Ende 2016 hatte die SPV noch 9,36 Milliarden Euro auf der hohen Kante. Ende 2017 betrug die Reserve noch 6,92 Milliarden Euro, was ausweislich der Antwort von Staatssekretärin Ingrid Fischbach ungefähr 2,2 Monatsausgaben der Pflegeversicherung entspricht.

Das geht aus der Antwort der Regierung auf eine schriftliche Frage der pflegepolitischen Sprecherin der Fraktion der Linken, Pia Zimmermann, hervor. Zimmermann hatte auch nach den Beständen der privaten Pflichtversicherung gefragt.

Soziale und private Pflegeversicherung ein Risiko?

Dort hatten die Rückstellungen Ende 2016 bereits 34,4 Milliarden Euro erreicht. Zimmermann sieht im Nebeneinander von Sozialer und privater Pflegeversicherung ein Risiko. "Dem Solidarsystem werden Beiträge Gutverdienender mit niedrigem Kostenrisiko entzogen", kommentierte die Linken-Politikerin die Zahlen.

Schon im dritten Quartal 2017 wies die Soziale Pflegeversicherung im operativen Bereich ein Defizit von einer Milliarde Euro auf, und das, obwohl die Einnahmenseite durch eine Beitragserhöhung von 0,2 Prozentpunkten ab Januar 2017 verbreitert wurde. Nach Angaben der Bundesbank stiegen die Sachleistungen in der Pflegeversicherung in den ersten drei Quartalen 2017 um 20 Prozent, die mengenmäßig tiefer liegenden Geldleistungen um 54 Prozent.

Die Prognose der Bundesbanker für das Gesamtjahr fällt dementsprechend düster aus. Es müsse mit einem "deutlichem Defizit und einer ausgeprägten Verschlechterung" gerechnet werden, heißt es im Dezember-Bericht der Bank. Die Pflegereform scheine mit höheren Ausgaben als vom Gesetzgeber erwartet verbunden zu sein.

Beiträge werden wohl nicht erhöht

Beim GKV-Spitzenverband ist man zuversichtlich, dass aufgrund der Rücklagen in der Pflegeversicherung die Beiträge in den kommenden Jahren nicht erhöht werden müssen.

Wie lange die Ruhe noch währt, ist allerdings offen. Die Analysten der Bundesbank gehen davon aus, dass aufgrund des demografischen Wandels der frei verfügbare Teil der Rücklage sukzessive aufgebraucht werde und weitere Beitragssatzanhebungen perspektivisch erforderlich seien. (af)

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