In vino veritas?

EU plant Gesundheitsinfos auf Weinflaschen und anderen Alkoholika

Das EU-Parlament hat Änderungsanträge zum Bericht des Sonderausschusses zur Krebsbekämpfung angenommen. Das trifft das Alkohol-Labelling. Der Arzt und CDU-Abgeordnete Dr. Peter Liese sieht das teilweise kritisch.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Sorgloses Trinken? Wenn es nach dem Willen des EU-Parlamentes geht, sollen auf Weinflaschen und anderen Alkoholikagebinden in Zukunft „Gesundheitsinformationen“ stehen, die die Verbraucher über die Gefahren des Alkoholkonsums aufklären.

Sorgloses Trinken? Wenn es nach dem Willen des EU-Parlamentes geht, sollen auf Weinflaschen und anderen Alkoholikagebinden in Zukunft „Gesundheitsinformationen“ stehen, die die Verbraucher über die Gefahren des Alkoholkonsums aufklären.

© LOUIS CHRISTIAN/Westend61/picture alliance

Straßburg. Das im Bericht des Sonderausschusses des EU-Parlamentes zur Krebsbekämpfung (BECA) empfohlene Kennzeichnen von Weinflaschen und anderen Alkoholika als potenziell kanzerogen hat am Dienstag die Gemüter vieler Abgeordneter bei der Debatte über die Annahme des Berichtes erhitzt.

In der ersten Abstimmung am Abend sind dann auch entsprechende Änderungsanträge angenommen worden, wie der Arzt und südwestfälische CDU-Europaabgeordnete Dr. Peter Liese am Mittwochmorgen in einer Pressekonferenz berichtete.

Er sei „einigermaßen zufrieden mit der Abstimmung“, so Liese. Das Parlament erkenne, wenn es den Bericht am Mittwochabend endgültig adoptiere – wovon auszugehen sei –, dass Alkohol das Krebsrisiko erhöhe. „Es erkennt auch an, dass moderater Alkoholkonsum das Krebsrisiko erhöht“, ergänzt Liese.

Ein entsprechender Änderungsantrag, der diese Aussage aus dem Bericht der Onkologin und BECA-Berichterstatterin Véronique Trillet-Lenoir (Frankreich/Liberale) streichen lassen wollte, sei abgelehnt worden. Der Antrag, große Warnetiketten auf Alkoholika zu platzieren, sei ebenfalls nicht angenommen worden im Plenum.

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Gespräch mit der Kommission gesucht

Konsens sei dahingehend erzielt worden, dass auf Weinflaschen und anderen Gebinden mit alkoholischen Getränken künftig Informationen zum moderaten Konsum erfolgen sollen. Liese hält das für verwirrend angesichts der obigen Debatte. „Wer keinen Alkohol trinkt, sollte auch nicht zum moderaten Trinken animiert werden!“ Das könne zu Alkoholikerkarrieren führen.

Nun sei die EU-Kommission am Zuge, über die Ausgestaltung der Gesundheitsinformationen auf Alkoholika zu sinnieren. Da wolle er aktiv das Gespräch suchen, so Liese.

Als Sieg seiner EVP-Fraktion wertet Liese die Tatsache, dass ihr Änderungsantrag bezüglich des Sponsorings angenommen wurde. Das ursprünglich im Bericht vorgesehene komplette Werbeverbot für Alkoholika bei Sportveranstaltungen sei vom Tisch. Dies greife nur, wenn die Teilnehmer der Veranstaltung mehrheitlich Kinder und Jugendliche seien. „Die Dorfbrauerei darf also weiter sponsern. Und: Mit alkoholfreien Marken darf jetzt geworben werden“, verdeutlichte Liese.

E-Zigarette explizit als Rauchalternative anerkannt

Wie Liese auf Nachfrage der „Ärzte Zeitung“ bestätigte, benenne der BECA-Bericht E-Zigaretten explizit als Ausstiegsoption für schwere Raucher – eine Aussage, mit der sich vor allem die wissenschaftlichen Fachgesellschaften offensichtlich nicht anfreunden wollen.

„Der Verweis auf fehlende Daten zieht hier nicht. Das hat uns die Pandemie gezeigt. Wenn wir auf Daten gewartet hätten, hätten wir heute noch keine Impfstoffe“, wettert Liese gegen die starre Haltung der Gesellschaften zum E-Dampf. Gleichzeitig stellt er aber klar, dass es unterbunden werden müsse, wenn Hersteller von Aromen wie Bubblegum zuvörderst Kinder und Jugendliche ansprächen.

Erleichterungen für Krebsforscher

Ebenfalls unverändert seien die im BECA-Bericht verankerten Handlungsempfehlungen für die EU-Kommission mit Blick auf den Abbau bürokratischer Hindernisse für grenzüberschreitende onkologische Forschungsvorhaben. Hier schieße vor allem die unterschiedliche Auslegung des Datenschutzes trotz DSGVO immer wieder quer.

Im April starte die Kommission eine Initiative zu grenzübergreifender Forschung. „Wir brauchen einen Sonderbotschafter bei der Kommission oder müssen dort bestehende Strukturen nutzen, damit Forscher sich an die Kommission wenden können, wenn sie ein Studienproblem haben“, so Liese.

Zweifel hegt der Arzt auf Nachfrage der „Ärzte Zeitung“ indes daran, ob die mit Inkrafttreten der EU-Verordnung 536/2014 zum 31. Januar 2022 harmonisierten Rechtsvorschriften für die Durchführung klinischer Prüfungen in Europa Forschungshemmnisse aus dem Weg räumen werden. „Das ist nur zielführend, wenn die Verordnung richtig umgesetzt wird. Und da habe ich meine Bedenken!“

Profitieren von der neuen Forschungsinitiative der EU-Kommission und der Verordnung könnten Organisationen wie die Deutsche Krebshilfe, die ohne Beteiligung der Pharmaindustrie klinische Studien durchführen.

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