Steigende Corona-Inzidenzen
Vorerst kein „Freedom Day“ in einigen Bundesländern
Die bisherigen Corona-Maßnahmen werden in einem Großteil Deutschlands wohl nicht zum 20. März fallen. Einige Bundesländer machen von der Ausnahmeregelung Gebrauch und kritisieren: Lauterbach sei einen „faulen Kompromiss“ eingegangen.
Veröffentlicht:Neu Isenburg. Angesichts weiter steigender Corona-Infektionszahlen und der wieder zunehmenden Belastung der Krankenhäuser mit infizierten Patienten verzichten einige Bundesländer vorerst auf Lockerungen bei der Maskenpflicht.
Die Landesregierungen machen damit von einer Übergangsregelung im Entwurf für das neue Infektionsschutzgesetz Gebrauch. Diese erlaubt neben den vorgesehenen Basisregelungen auch bestehende Maßnahmen bis Anfang April fortzuführen.
Infektionsgeschehen
So hoch ist die Corona-Inzidenz in den einzelnen Städten und Landkreisen
Nach den Plänen der Bundesregierung sollen am 20. März die meisten Schutzmaßnahmen wegfallen, die Maskenpflicht soll unter anderem auf Krankenhäuser und den Bus- und Bahn-Verkehr beschränkt werden. Wegen der hohen Infektionszahlen ist dies umstritten. - Ein Überblick über Regelungen in ausgewählten Bundesländern:
Den Wegfall einheitlicher bundesweiter Regelungen kritisierte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) am Dienstagabend. „Wir Länder müssen es jetzt ausbaden.“
Im Ländle mache man von der Übergangsregelung Gebrauch: Die aktuellen Maßnahmen blieben bis zum 2. April bestehen. Wegfallen würde lediglich die Personenobergrenze bei Veranstaltungen. (schu)
In Bayern sollen 2G-/3G-Regeln und die Maskenpflicht bestehen bleiben, verkündete der bayrische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Dienstag. Die Maskenpflicht im Klassenzimmer entfalle jedoch stufenweise ab dem 21. März.
Für den Zugang zu vulnerablen Einrichtungen wie beispielsweise Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen bräuchten Besucher und ungeimpftes Personal weiterhin einen tagesaktuellen Schnelltest, geimpftes Personal zwei Tests pro Woche.
Holetschek kritisiert die geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes und appelliert an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), sich nicht auf einen „faulen Kompromiss“ zugunsten der Kabinettsdisziplin der Ampel-Regierung einzulassen. (schu)
Auch in Brandenburg ist eine Verlängerung geplant: Das Landeskabinett will am Donnerstag bei einer Sondersitzung über den weiteren Umgang mit der Corona-Verordnung beraten. In der Diskussion sind etwa die Beibehaltung von Maskenpflicht und Abstandsregeln, sowie der 3G-Regel in der Gastronomie und Hotellerie.
Aus Sicht der Standesorganisationen gehöre es zu den wesentlichen Erkenntnissen der bisherigen Pandemie-Bekämpfung, dass diese umso erfolgreicher waren, je flexibler die Politik auf die aktuelle Entwicklung reagiert habe. Insbesondere deshalb sei Deutschland bislang vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen.
Die Landesärztekammer Brandenburg und die Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg (LKB) begrüßen die Pläne der Brandenburger Landesregierung, die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie auch über den ursprünglich geplanten sogenannten „Freedom Day“ am 20. März weiter aufrecht zu erhalten und teilweise zu verschärfen.
„Angesichts der in den letzten Tagen ständig weiter steigenden Fallzahlen auf neue Höchstwerte gibt es überhaupt keinen Anlass, ausgerechnet jetzt die Schutzmaßnahmen abzuschaffen“, sagte Ärztekammerpräsident Frank-Ullrich Schulz.
Ärztekammer und LKB distanzierten sich zudem von der Bezeichnung „Freedom Day“. Die einzige Freiheit hätte darin gelegen, die Bürgerinnen und Bürger zunehmend ungeschützt einem wieder ständig wachsenden Infektionsrisiko auszusetzen. Dies könne aber nicht die Grundlage für eine verantwortungsvolle Gesundheitspolitik sein. (lass)
Stichtag 2. April ebenfalls in Hessen: Die Landesregierung hat am Dienstag einen „Fahrplan“ vorgelegt wie es von 20. März an weitergeht. Demnach gibt es zunächst eine Übergangsphase bis 2. April, in der die bestehende Coronavirus-Schutzverordnung verlängert wird. Dies bedeutet vor allem weiterhin Zugangsregelungen (3G, 2G, 2G-Plus), Maskenpflicht im bisherigen Umfang und Beibehaltung der Abstands- und Hygienekonzepte.
Für die weiteren bisherigen Schutzmaßnahmen sieht die Landesregierung die Rechtsgrundlage laut Bundesinfektionsschutzgesetz nicht mehr gegeben. Folglich entfallen zum Beispiel die jetzigen Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte, Kapazitätsbeschränkungen bei Veranstaltungen und in Diskotheken werden aufgehoben, Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen bedürfen keiner infektionsrechtlichen Genehmigung mehr, eine Kontaktdatenerfassung ist nicht mehr möglich.
In einem zweiten Schritt gelten nach dem 2. April laut Landesregierung nur noch „Basisschutzmaßnahmen“. Konkret bedeutet dies Maskenpflicht nur noch in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, für Pflegediensten und in Bussen und Bahnen. Eine Testpflicht gilt nur noch in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen und in Schulen.
Weitere Schutzmaßnahmen sind dann nur in „Hotspots“ möglich nach entsprechendem Beschluss des Landtags. Dies kann eine weitergehende Maskenpflicht bedeuten, Zugangsregelungen (3G, 2G, 2G-Plus) bei Publikumsverkehr sowie Abstands- und Hygienekonzepte. (bar)
In Rheinland-Pfalz werden die bisherigen Schutzmaßnahmen bis zum 2. April beibehalten. Gesundheitsminister Clemens Hoch ist vor allem besorgt, weil immer mehr Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeheimen coronabedingt ausfallen.
Im Einzelhandel und in anderen öffentlichen Bereichen, in denen der Impf-,-Test- oder Genesenenstatus nicht kontrolliert wird, gilt die Maskenpflicht zunächst weiter. Ebenfalls an allen weiterführenden Schulen bleibt es zwei Wochen länger bei der Maskenpflicht, auch am Platz.
An Schulen wird weiter zweimal die Woche anlasslos getestet. Auch die Regeln für Großveranstaltungen bleiben weiter bestehen. (chb)
„Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, sämtliche Maßnahmen über Bord zu werfen“, erklärte Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke). Thüringen gehört aktuell zu den Bundesländern mit der höchsten Corona-Inzidenz, der Wert lag am Mittwoch bei fast 2041. Die Hospitalisierungsinzidenz wurde mit 19,2 angegeben. Neun Prozent der Intensivbetten waren am Mittwoch mit COVID-19-Patienten belegt. Die Situation ist nicht mit der auf dem Höhepunkt der Delta-Welle Ende vergangenen Jahres zu vergleichen. Dennoch betonte Werner: „COVID-19 ist weiterhin eine ernst zu nehmende Krankheit.“
In Thüringen soll es nach dem 18. März zunächst auch bei Zugangsbeschränkungen in geschlossenen Räumen und der Pflicht zum Vorhalten von Hygienekonzepten in bestimmten Einrichtungen bleiben – und zwar bis zum 2. April, wie das Gesundheitsministerium mitteilte.
Bereiche, in denen in Thüringen die Maskenpflicht über die geplante Bundesregelung hinaus bis Anfang April weiterhin gilt, sind unter anderem der Einzelhandel, die Gastronomie, Dienstleistungsbetriebe mit Kundenverkehr, Arztpraxen und andere medizinische Einrichtungen sowie öffentliche Veranstaltungen. 3G-Zugangsbeschränkungen in geschlossenen Räumen gelten unter anderem in der Gastronomie, in Schwimmbädern, Saunen, Fitnessstudios und im Freizeitsport. Beschäftigte in 2G- oder 3G-Bereichen müssen sich zweimal wöchentlich testen lassen, ungeimpfte Beschäftigte in diesen Bereichen FFP2-Masken tragen. (zei)