Bedenkliche Entwicklung

Erstmals seit acht Jahren wieder mehr Suizide

Die Zahl der Selbsttötungen ist 2022 um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Das ist der stärkste Anstieg seit über 40 Jahren.

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Frau sitzt im halbdunklen auf dem Boden und hält die Hände vor das Gesicht.

Durch Suizid sterben in Deutschland mehr Menschen als durch Verkehrsunfälle, Mord und Totschlag, illegale Drogen und AIDS zusammen.

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Kassel. Die Suizidzahlen in Deutschland sind offenbar erstmals seit langem wieder gestiegen. Im Jahr 2022 nahmen sich bundesweit 10.119 Menschen das Leben, wie das Nationale Suizidpräventionsprogramm und die Deutsche Akademie für Suizidprävention am Mittwoch in Kassel mitteilten. Dies entspricht einem Anstieg um 9,8 Prozent oder 904 Fällen. Die Anzahl liege erstmals seit acht Jahren wieder über 10.000; zudem sei der prozentuale Anstieg binnen eines Jahres der stärkste seit 1980.

Die Fachleute sprachen von einer bedenklichen Entwicklung. „Noch immer sterben in Deutschland deutlich mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle, Mord und Totschlag, illegale Drogen und AIDS zusammen“, sagte die Kommunikationsbeauftragte des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (NaSPro), Hannah Müller-Pein.

Assistierte Suizide werden nicht gesondert erfasst

Assistierte Suizide werden in der Statistik nicht gesondert ausgewiesen. Offen ist den Angaben zufolge, ob der Anstieg der Suizide durch Medikamente in den Jahren 2021 und 2022 gegenüber 2020 um 427 Fälle (42 Prozent) in Zusammenhang mit den Debatten über den assistierten Suizid steht. Der Geschäftsführer der Akademie, Georg Fiedler, mahnte ein Register und eine zeitnahe Veröffentlichung der Todesfälle mit „der Todesursache Suizidassistenz“ an.

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Weit über 100.000 Menschen unternahmen im Jahr 2022 einen Suizidversuch, wie es weiter hieß. Mehr als 600.000 Menschen verloren eine nahestehende Person durch Suizid. Männer machen demnach 74 Prozent derjenigen aus, die durch Suizid sterben. Die höchsten Suizidraten verzeichneten Sachsen (17,2) und Sachsen-Anhalt (16,3); am stärksten ist die Rate in Brandenburg und Hamburg gestiegen (um jeweils 2,4).

Die Entwicklung erfordere eine umfangreiche finanzielle Förderung von vorbeugenden Angeboten, mahnte NaSPro-Leiter Reinhard Lindner. Derzeit arbeitet das Bundesgesundheitsministerium nach Angaben von Minister Karl Lauterbach (SPD) an einer Nationalen Suizidpräventionsstrategie. Der Bundestag hatte im Juli mit großer Mehrheit in einem Entschließungsantrag die Bundesregierung aufgefordert, bis zum 30. Juni 2024 dem Bundestag einen Gesetzentwurf und eine Strategie für Suizidprävention vorzulegen. (KNA)

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