US-Wahlkampf

Expertin gegen Ahnungslosen

Für Hillary Clinton ist die Gesundheitspolitik ein Schlüsselthema. Seit Jahren kämpft sie für eine bessere medizinische Versorgung. Donald Trump löst dagegen mit seinen gesundheitspolitischen Vorstellungen selbst bei Republikanern Befremden aus.

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Nicht nur gesundheitspolitisch weit voneinander entfernt: Die Demokratin Hillary Clinton und der selbst bei Republikanern umstrittene Donald Trump.

Nicht nur gesundheitspolitisch weit voneinander entfernt: Die Demokratin Hillary Clinton und der selbst bei Republikanern umstrittene Donald Trump.

© EPA/dpa

Ein Leitartikel von Claudia Pieper

WASHINGTON. Kaum zu glauben, aber wahr: Der Kampf um den Einzug ins Weiße Haus wird im Herbst wohl zwischen Hillary Clinton und Donald Trump entschieden. Die beiden Konkurrenten könnten nicht unterschiedlicher sein: Die politisch erfahrene, jedes Wort abwägende ehemalige Außenministerin und Senatorin Clinton gegen den politischen Newcomer und Milliardär Trump, der sich gern in Wort und Ton vergreift und sich ungern dafür entschuldigt.

Sie ist pragmatisch, er für seine plakativen, oft extremen Ideen bekannt. Sie steht für das Schon-mal-daGewesene, er für das Neue, auch wenn keiner so genau weiß, wie das aussehen würde. Sie wäre die erste Frau im Präsidentenamt; er beleidigt wiederholt Frauen, die ihn infrage stellen.

Der scharfe Kontrast zwischen Trump und Clinton zieht sich auch durch ihre Ideen zur Gesundheitspolitik. Sie will die unter Obama eingeführte Gesundheitsreform weiterentwickeln. Trump nennt die Reform ein "Desaster" und das Gesundheitswesen eine "Horrorshow" und ruft zur unter Republikanern beliebten Rückgängigmachung des Gesetzes auf.

Clinton gesundheitspolitisch versiert

Clinton erinnert die Wähler daran, dass sie sich seit den neunziger Jahren für ein besseres Gesundheitswesen einsetzt. Unter ihrem Ehemann Bill war sie seinerzeit für den Entwurf einer Gesundheitsreform verantwortlich, die ihr unter dem Namen "Hillarycare" zum Verhängnis wurde. Heute steht sie stolz zu diesem fast vergessenen Ausdruck, weil das dahinterstehende Konzept ein Vorläufer von "Obamacare" war.

Wenn Clinton von Gesundheitspolitik spricht, wird klar, dass sie sich auskennt. Sie hebt die Vorteile der Reform hervor, kennt aber auch ihre Nachteile. Den "Affordable Care Act" gelte es zu verteidigen, aber auch zu verbessern, hat sie wiederholt betont. "100 Prozent" der amerikanischen Landsleute möchte sie versichert wissen, statt der derzeit rund 90 Prozent.

Clintons Vorschläge, Verbesserungen zu erreichen, sind pragmatisch: Sie will mehr Bundesstaaten dazu bringen, die Armenversicherung Medicaid zu erweitern. Auch illegalen Einwanderern soll unter ihrer Führung eine Krankenversicherung ermöglicht werden. Sie hat sich relativ konkret dazu geäußert, wie sie die aus dem Ruder laufenden Versicherungs- und Versorgungskosten begrenzen will.

Trump belächelt - auch aus den eigenen Reihen

Trump hat dagegen erst Anfang März einen Sieben-Punkte-Plan zum Gesundheitswesen veröffentlicht, und der wurde nicht nur von der Opposition, sondern auch in den eigenen Reihen belächelt.

Trumps Programm lese sich wie der geistige Erguss eines "Collegestudenten, der gerade herausgefunden hat, dass die Abschlussklausur am nächsten Morgen stattfindet", kritisierte zum Beispiel Thomas Miller vom American Enterprise Institute, der 2008 den republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain in Sachen Gesundheitspolitik beraten hatte.

Trumps Plan sei "eine Serie von ignoranten, zusammenhanglosen und widersprüchlichen verbalen Zuckungen" sagte gar Michael Cannon vom Cato Institute, einer der vehementesten Gegner von Obamacare.

Die Kritiker stellten zum einen heraus, dass Trumps Plan in mehreren Punkten dem widersprach, was er im Vorwahlkampf zum Besten gegeben hatte. So hatte er zum Beispiel gesagt, er wolle die Gesundheitsreform rückgängig machen, "mit Ausnahme der Vorerkrankungen" (sprich dass Amerikaner mit Vorerkrankungen von Versicherungen nicht abgelehnt werden dürfen). In seinem Sieben-Punkte-Plan war jedoch keine Rede mehr von dieser Ausnahme.

Siegt am Ende die Vernunft?

Lächerlich fanden selbst Konservative, dass Trump Ideen scheinbar als neu verkaufte, die schon seit einiger Zeit Realität sind. So sagte er beispielsweise, er wolle es dem Einzelnen ermöglichen, sich Gesundheitskonten zuzulegen. Diese Gesundheitskonten ("Health Savings Accounts") sind aber schon seit 2003 gesetzlich verankert.

Man sollte meinen, dass Clinton in Debatten leichtes Spiel mit ihrem Gegner Trump haben dürfte, weil sie ihm politisch an Erfahrung und Kenntnis weit überlegen ist - und das nicht nur in der Gesundheitspolitik. Doch vor Monaten hatte auch keiner damit gerechnet, dass sich Trump gegen seine republikanischen Widersacher durchsetzen würde.

Viele amerikanischen Wähler stehen offensichtlich auf den Mann, der kein Blatt vor den Mund nimmt und verspricht, Amerika wieder "großartig" zu machen. Aus innen- wie außenpolitischer Sicht kann man nur hoffen, dass die Vernunft unter den amerikanischen Landsleuten letztendlich doch noch siegt.

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