Hausärzte mahnen Standards an
Fehlerquelle Entlassbrief
Unbekannte Abkürzungen und Therapieempfehlungen, die nicht zum Befund passen: Eine Umfrage unter Hausärzten deckt Qualitätsmängel in Entlassbriefen auf.
Veröffentlicht:DÜSSELDORF. Trotz der Pflicht der Kliniken zu einem strukturierten Entlassmanagement, die immerhin seit Oktober 2017 gilt, weisen Entlassbriefe für Hausärzte noch immer Mängel auf. Das legen Ergebnisse einer Umfrage der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf unter 197 Ärzten, darunter 175 Hausärzte nahe. 99 Prozent der Befragten hielten danach schon einmal einen fehlerhaften Entlassbrief in der Hand und sehen die Qualität der Briefe generell als verbesserungswürdig an.
Besonders markant sind die Umfrageergebnisse unter den Hausärzten: Über 95 Prozent sahen sich schon einmal mit missverständlichen Arztbriefen konfrontiert. Rund ein Drittel der teilnehmenden Hausärzte gab an, dass in den Briefen häufig oder sehr häufig ihnen unbekannte Abkürzungen vorkommen. Ein großes Problem seien aber auch ungefilterte Befundsammlungen und für den Hausarzt überflüssige Nebendiagnosen.
Zwei Drittel vermissen relevante Informationen
Gleichzeitig monieren die befragten Hausärzte, dass Informationen schlicht vergessen oder falsch gewichtet würden und wesentliche Therapieschritte von den Klinikärzten nicht kommentiert würden. 63 Prozent bemängeln, dass in den Briefen relevante Informationen häufig oder sehr häufig fehlen. Nicht selten würden die Briefe zudem widersprüchliche Aussagen beinhalten.
All das gefährdet nach Ansicht der Hausärzte die Patientensicherheit: 88 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass unverständliche und fehlerhafte Entlassbriefe zu Behandlungsfehlern führen können. Denn für die Ärzte sind sie eines der wichtigsten Instrumente in der Kommunikation mit ihren Kollegen: Für 99,5 Prozent der Hausärzte trägt der Arztbrief aus der Klinik wesentlich zur Meinungsbildung über die Erkrankung der Patienten bei.
Dabei fordern die Hausärzte vor allem einen einheitlichen Standard für die Briefe ein, denn nur ein Drittel der Ärzte liest bei den knappen Zeitressourcen in der Praxis die Briefe vollständig. Zwei Drittel verschaffen sich durch ein kursorisches Lesen einen Überblick über die Patienten.
Kein verbindlicher Standard
Das Entlassmanagement für Kliniken stellt zwar bestimmte Anforderungen an den Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung. So muss etwa ein Entlassplan erarbeitet werden. Allerdings gibt es eben noch keinen verbindlichen, bundeseinheitlichen Standard für die Entlassbriefe.
Hauptfehlerquellen beziehungsweise Briefelemente, bei denen es zu Missverständnissen komme, sind für die Hausärzte die Entlassmedikation (76,6 Prozent), Therapieempfehlungen (74,1 Prozent), Epikrise (64,5 Prozent), der Verlauf der klinischen Behandlung (57,4 Prozent), aber auch die Diagnosebeschreibung (39 Prozent).
Ein weiteres Problem sehen die Studienautoren, die Linguisten Dr. Sascha Bechmann und Julia Riedel, in den DRG (Diagnosis Related Groups), diese seien nämlich mit Dokumentationspflichten auch für ressourcenverbrauchende Nebendiagnosen verbunden. Diese sind aber für den weiterbehandelnden Hausarzt oft nicht relevant. Eine weitere Fehlerquelle liege in der Verwendung von Textbausteinen, die von den dokumentierenden Ärzten oft nicht mehr patientenindividuell angepasst würden.
Hausärzte lesen laut der Befragung im Mittel übrigens drei bis zehn Entlassbriefe pro Tag. Das kostet sie nach eigenen Angaben 30 bis 60 Minuten am Tag.