Weltgesundheit
G7-Allianz gibt sich als Gipfelstürmer
Die G7-Nationen haben sich auf ihrem Gipfel der Förderung der sozialen Entwicklungsziele der UNO verpflichtet - auf Basis der Ise-Shima-Vision für die Weltgesundheit. Deren Umsetzung erfordert, dicke Bretter zu bohren - auch bei der Bürokratie.
Veröffentlicht:ISE-SHIMA. Weltwirtschaft, Migration und Flüchtlinge, Handel, Infrastruktur, Frauen, Cyber, Korruptionsbekämpfung, Klima, Energie und Gesundheit sind die zehn Pfeiler der am Freitag in Japan verabschiedeten "G7-Wirtschaftsinitiative von Ise-Shima".
Darin verpflichten sich die führenden Industrienationen, "die derzeitigen wirtschaftlichen Herausforderungen gemeinsam zu meistern, und gleichzeitig die Grundlagen für ein stärkeres, langfristiges weltweites Wachstum zu legen", wie es in der Abschlusserklärung des zweitägigen Gipfels bedeutungsschwanger heißt.
So breit das Themenspektrum ist, mit dem sich die wichtigsten Industrienationen beschäftigt haben, so groß ist auch der Berg an Aufgaben, den sie in puncto Gesundheit abarbeiten wollen. Dies geht einher mit dem Bekenntnis, " dass Gesundheit die Grundlage für wirtschaftlichen Wohlstand und Sicherheit ist".
Der Fokus liegt dabei auf der allgemeinen Gesundheitsversorgung - und damit dem Erreichen der sozialen Entwicklungsziele, die die Vereinten Nationen Ende September auf ihrem Nachhaltigkeitsgipfel in New York unter dem Dach der "2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung" verabschiedet haben.
Weitere G7-Gesundheitsschwerpunkte sind Antibiotikaresistenzen, die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie von Innovationen und die Stärkung der Reaktionsfähigkeit auf Krisenfälle im Bereich des Öffentlichen Gesundheitswesens.
Die betroffenen Mechanismen und Handlungsempfehlungen dazu sind in der "G7 Ise-Shima Vision for Global Health" verankert.
Einen Wasserkopf weg, einen neuen dazu?
Bei der Lektüre der Vision wird ziemlich schnell klar, wohin die Stoßrichtung geht: Die überbordende Bürokratie und Entscheidungsstrukturen müssen verschlankt werden, wo dies möglich erscheint.
"Die jüngsten Ausbrüche von Ebola und Zika unterstreichen die Notwendigkeit, die Verhütung und das Erkennen von Krisenfällen im Bereich der öffentlichen Gesundheit sowie die Reaktion darauf zu verbessern, unabhängig davon, ob sie natürlichen Ursprungs sind, vorsätzlich hervorgerufen oder durch Unfälle ausgelöst werden", heißt es im Kommuniqué.
Dieser Appell richtet sich an die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Diese hatte als Lehre aus der Ebola-Krise in Westafrika Reformen angestoßen, um bei künftigen Epidemien oder gar Pandemien rascher und effektiver handeln zu können.
Konsistent erscheint die G7-Gesundheitsstrategie indes nicht zu sein. Denn: Soll es beim Pandemie-Management mit weniger Bürokratie gehen, so unterstützt sie die Gründung einer Allianz für die Erreichung einer allgemeinen Gesundheitsversorgung (Universal Health Coverage 2030, UHC) mit starken Gesundheitssystemen und einer verbesserten Versorgung. Ohne bürokratischen Wasserkopf, der das Handlungstempo in der Regel drastisch reduziert, soll es demnach bei dieser Allianz nicht gehen.
Die G7 verpflichten sich im Zuge der UHC, 76 Entwicklungsländer zu unterstützen, um bis 2030 den Aufbau von Kapazitäten im Krisenmanagement und in der Öffentlichen Gesundheit zu forcieren.
Ebenso vorantreiben wollen sie den verbesserten Zugang zu erschwinglichen, sicheren, wirksamen und qualitätsgesicherten essenziellen Arzneien, Vakzinen und Technologien, um medizinische Probleme zu verhüten, zu diagnostizieren und zu behandeln.
Handlungsbedarf ist da, aber nicht immer der Wille
Bis diese UHC-Vision Realität wird, dürfte indes noch viel mehr Zeit als die nächsten 14 Jahre vergehen. Denn die betroffenen Entwicklungsländer - das verdeutlichte gerade wieder die Ebola-Epidemie in Guinea, Liberia und Sierra Leone - verfügen oft noch nicht einmal über Strukturen für eine medizinische Basisversorgung, geschweige denn über motivierte und gut geschulte Vertreter von Gesundheitsberufen.
Zudem bestehen immense Defizite beim Einsatz von Gesundheitsstatistiken und deren Verwendung als Basis für den Aufbau eines effektiven Öffentlichen Gesundheitswesens - inklusive der notwendigen Regulierungsbehörden und der Finanzierung des Systems.
Die größte Hürde stellt aber oft der chronische politische Unwille des Regierungsapparates zu Veränderungen dar. Die meist nepotistischen und korrupten Strukturen müssten aufgebrochen werden. Es ist eher unwahrscheinlich, dass dies gelingt.
Die G7-Gruppe gibt sich Skeptikern an ihrem Kurs gegenüber in Worten kämpferisch und verspricht, die Zügel in der Hand zu halten. So weist sie ihre Gesundheitsminister im Kommuniqué explizit an, auf deren Treffen im September in Kobe "weitere notwendige Maßnahmen" zu erarbeiten.