Urteil des OVG NRW

Gericht stoppt Lockdown im Kreis Gütersloh

Ein Ausbruch in einem Schlachtbetrieb hat einen ganzen Landkreis in einen neuen Lockdown gebracht. Diese Maßnahmen in Gütersloh sind Verwaltungsrichtern zu weit gegangen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht: | aktualisiert:
Hinter Gittern: Tönnies-Mitarbeiter Ende Juni in der Quarantäne in Gütersloh.

Hinter Gittern: Tönnies-Mitarbeiter Ende Juni in der Quarantäne in Gütersloh.

© Ulrich Hufnagel / Photoshot / picture alliance

Münster. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat gelassen auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG) reagiert, den Corona-Lockdown im Kreis Gütersloh außer Vollzug zu setzen. Offenbar hatte die Regierung ohnehin vor, die zunächst bis zum 7. Juli laufenden Einschränkungen nicht weiter zu verlängern.

Das OVG in Münster hatte am Montag (6. Juli) den Corona-Lockdown im Kreis Gütersloh vorläufig außer Vollzug gesetzt. Nach Überzeugung der Richter ist es nicht zu rechtfertigen, dass die Regelungen der Coronaregionalverordnung trotz des lokal unterschiedlichen Infektionsgeschehens für den gesamten Kreis gelten.

Nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums wird es künftig für die Allgemeinbevölkerung auch keine lokal begrenzten Maßnahmen mehr geben, die über die in ganz NRW geltenden Regelungen hinausgehen. Was bleibt, sind die Quarantänemaßnahmen für die infizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Tönnies und bei Bedarf ihrer Familien.

Laumann lobt „konsequente und schnelle Maßnahmen“

Der Lockdown im Kreis Gütersloh sei eine Vorsichtsmaßnahme gewesen, die gelten sollte, bis ein möglicher flächendeckender Eintrag in die Gesamtbevölkerung ausgeschlossen werden konnte, sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am Montagabend. „Die aktuellen Zahlen belegen, dass es nach Coesfeld auch in Gütersloh gelungen ist, einen größeren Ausbruch durch konsequente und schnelle Maßnahmen einzudämmen.“

Nach dem massiven SARS-CoV-2-Ausbruch in der Schlachterei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück hatte die nordrhein-westfälische Landesregierung zum 24. Juni in den Kreisen Gütersloh und Warendorf das öffentliche Leben durch Maßnahmen wie Kontaktverbote und das Schließen bestimmter Einrichtungen wieder eingeschränkt. Zum 1. Juli sind die Einschränkungen im Kreis Warendorf aufgehoben worden, im Kreis Gütersloh sollten sie mindestens bis zum 7. Juli weiterlaufen.

Gegen diese Fortsetzung des Lockdowns hat ein Spielhallenbetreiber jetzt mit Erfolg geklagt. Es sei mit dem Verhältnismäßigkeits- und dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, dass die Regelungen für den gesamten Kreis gelten, entschied das Gericht am Montag. Es hält differenzierte Maßnahmen für erforderlich.

Inzidenz in Gütersloh sinkt

Gerade in den nördlichen Teilen des Kreises seien nur wenige Neuinfektionen festgestellt worden. In der ersten Woche waren die strengeren Schutzmaßnahmen laut OVG dagegen vertretbar, damit die Landesregierung Zeit für die Aufklärung gewinnen und auf belastbarer Basis über das weitere Vorgehen entscheiden konnte.

In den vergangenen Tagen ist im Kreis Gütersloh ohnehin die Hoffnung gewachsen, dass der Lockdown nicht verlängert würde. Von Anfang an hatte es in der Region nur sehr wenige Neuinfektionen in der „Normalbevölkerung“ gegeben, also bei Menschen, die nicht in direkten Kontakt zur Firma Tönnies und ihren Mitarbeitern standen.

Die 7-Tages-Inzidenz der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner ist zuletzt kontinuierlich gesunken. Am 4. Juli Mitternacht lag sie bei 66,5, am 5. Juli bei 56 und am 6. Juli bei 50,5 Fällen, also nur noch leicht über der kritischen Grenze von 50.

Nach Angaben des Kreises Gütersloh gab es dort am 5. Juli insgesamt 2423 laborbestätigte Coronainfektionen. 1929 Personen gelten inzwischen als genesen. Von den 473 noch Infizierten waren 450 in häuslicher Quarantäne, 23 wurden stationär versorgt – fünf von ihnen intensivmedizinisch, zwei mussten beatmet werden.

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