Lauterbach
„GroKo schadet allen – außer der AfD“
Nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen sind CDU und SPD geschwächt und erleichtert zugleich: Jeder hat „seine“ Staatskanzlei verteidigt. Die Partner im Bund sind aber auf Orientierungssuche. SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach schießt unterdessen scharf gegen die Große Koalition.
Veröffentlicht:BERLIN. In Sachsen und Brandenburg können die amtierenden Ministerpräsidenten auch die neue Regierung bilden. Doch so einfach ist das alles nicht.
Die Doppelwahl in den beiden Ost-Ländern hat die politische Gemengelage ziemlich aufgemischt – spürbar bis Berlin. SPD und CDU mussten am Sonntag erneut schwere Einbußen hinnehmen, dabei ist die schwarz-rote Koalition im Bund gerade in einer vertrackten Selbstfindungsphase.
Für den SPD-Gesundheitsexperten Professor Karl Lauterbach scheint ein Ende der Regierungskoalition offenbar die beste Lösung zu sein. „Die GroKo schadet mittlerweile allen außer der AfD“, twitterte Lauterbach, der auch SPD-Fraktionsvize ist und für den Parteivorstand kandidiert, am Montag.
Als Begründung für seine Einschätzung führte er an: „Die Vermögenssteuer kommt nicht in der GroKo. Die Schuldenbremse, trotz Negativzinsen, bleibt auch, so fehlt das Geld für die Energiewende.“ Seinen Tweet schloss der Politiker mit den Worten: „Wir verlieren nur wertvolle Zeit.“
Die GroKo schadet mittlerweile allen außer der AfD. Der Klimawandel wartet nicht auf das Ende der GroKo. Die Vermögenssteuer kommt nicht in der GroKo. Die Schuldenbremse, trotz Negativzinsen, bleibt auch, so fehlt das Geld für die Energiewende. Wir verlieren nur wertvolle Zeit
— Karl Lauterbach (@Karl_Lauterbach) September 2, 2019
Koalitionsausschuss tagt
Nach den beiden Landtagswahlen im Osten schaltet die Regierungskoalition rasch in den Handlungsmodus um. Am Montagabend soll der Koalitionsausschuss zusammenkommen. Denn schon bald, am 20. September, soll beim zentralen Thema Klimaschutz ein großes Gesamtpaket stehen – die Erwartungen sind hoch.
CSU-Generalsekretär Markus Blume sprach nach den Wahlen von einem Weckruf. „Die GroKo muss im Herbst weiter liefern, so wie sie es in den letzten Wochen bei den Migrationspaketen und der ersten Stufe des Soli gemacht hat.“ Eine ungelöste Dauerbaustelle ist daneben etwa auch die Grundrente.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nahm nach den Wahleinbußen der CDU in Sachsen und Brandenburg seine Partei in die Pflicht. Er forderte eine umfassende inhaltliche Offensive.
"Wir brauchen keine Taktik-Diskussionen", sagte Spahn am Montag der dpa. "Wir müssen darlegen, was unser Plan für die 20er-Jahre ist. Und zwar übergreifend. Wirtschaft, Digitalisierung, Gesundheit, Klima, Zusammenhalt, Sicherheit und Migration - all das hängt zusammen." Mit einem Fokus immer nur auf Einzelthemen werde das Land nicht erfolgreich sein.
AfD feiert Erfolge
Union und SPD müssen auch Antworten auf die Frage finden, wie mit der AfD nach den enormen Zugewinnen im Osten umzugehen ist.
Die AfD präsentierte sich nach ihren Erfolgen selbstbewusst – als zweitstärkste Kraft in inzwischen vier Ost-Ländern. „Viel besser kann es nicht laufen“, sagte Parteichef Jörg Meuthen.
Nach vorläufigen Ergebnissen kommt die AfD in Brandenburg auf 23,5 Prozent – nur die SPD war dort mit 26,2 Prozent stärker. Und in Sachsen folgt die AfD dem vorläufigen Ergebnis zufolge mit 27,5 Prozent der CDU (32,1 Prozent).
CDU in Sachsen stärkste Kraft
Dass die CDU in ihrem Stammland Sachsen klar stärkste Kraft blieb, rechnen viele vor allem Regierungschef Michael Kretschmer an – er konnte in einem schwierigen Wahlkampf nicht nur mit guten persönlichen Werten punkten.
"Wir können von Michael Kretschmer und seiner sächsischen CDU viel lernen", sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Dafür brauche man nicht mit dem Finger aufeinander zu zeigen: "Die CDU ist am stärksten wenn sie zusammenhält, offene und konstruktive Debatten führt, den Bürgern mit Achtung begegnet und Probleme löst."
Es habe sich ausgezahlt, dass Kretschmer sich klar von der AfD wie der Linken abgegrenzt habe, analysierte etwa Sachsen-Anhalts CDU-Chef Holger Stahlknecht. „In Brandenburg habe ich diese klaren Worte von der CDU nicht gehört.“
Dort verteidigte Ministerpräsident Dietmar Woidke von der SPD Platz eins, doch die Sozialdemokraten stürzten auf das schlechteste Ergebnis ab. In Sachsen ging es für die ehrwürdige Volkspartei sogar tief in den einstelligen Prozente-Keller. Nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis stehen 7,7 Prozent für die SPD zu Buche.
Grüne zwischen den Polen
Die zuletzt erfolgsverwöhnten Grünen haben im bisher für sie so schwierigen Osten zugelegt – auch wenn es nicht so hoch hinaus ging wie gerade in bundesweiten Umfragen mit 20 Prozent plus x.
Dass sie in beiden Ländern in unterschiedlichen Konstellationen als Mehrheitsbeschaffer gefragt sein könnten, macht eine strategische Positionierung nicht gerade leicht: In Brandenburg Partner von SPD und Linken, in Sachsen von SPD und CDU?
Grünen-Chef Robert Habeck schwanen schon „schwierigste Verhandlungen“ mit den konservativen Christdemokraten in Dresden. Gibt es eine rote Linie? „Ein Atomkraftwerk bauen“, scherzte Habeck noch am Wahlabend. (dpa/ths)
Wir haben den Beitrag aktualisiert am 02.09.2019 um 12:49 Uhr.
Lesen Sie dazu auch: Brandenburg und Sachsen: AfD-Erfolge stellen Verhältnisse auf den Kopf Kommentar zur GroKo: Liefern oder aussteigen?