Die Bausteine des Koalitionsvertrags

Große GroKo-Projekte kommen später

Der Koalitionsvertrag steht, das Meinungsbild der SPD-Mitglieder steht noch aus. In den Vereinbarungen von Union und SPD zu Gesundheit und Pflege stecken auch ungedeckte Schecks auf die Zukunft.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der SPD-Vorsitzende Martin Schulz nach den Koalitionsverhandlungen.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der SPD-Vorsitzende Martin Schulz nach den Koalitionsverhandlungen.

© Kay Nietfeld/dpa

BERLIN. Mit einem konkreten Umsetzungsdatum versehen ist im Gesundheitskapitel des Koalitionsvertrags von Union und SPD nur die Rückkehr zur Parität. Ab dem 1. Januar 2019 sollen die Beiträge zur Krankenversicherung wieder komplett je zur Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern geleistet werden. Sie teilen sich ab dann auch die Zusatzbeiträge.

Zwei Großprojekte haben Union und SPD dagegen zunächst in die Mitte der Legislaturperiode verschoben. Bis Ende 2019 soll eine wissenschaftliche Kommission Zeit bekommen, Vorschläge für "ein modernes Vergütungssystem" zu erarbeiten und die damit zusammenhängenden medizinischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen zu beantworten.

"Eine Kommission wird die Einführung einer gemeinsamen Honorarordnung (GHO) für GKV- und PKV-Patienten vorbereiten, so dass es in Zukunft für Ärzte bei der Wahl der Behandlung keinen Unterschied mehr macht, ob ein Patient privat oder gesetzlich versichert ist", präzisierte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Professor Karl Lauterbach am Donnerstag das Vorhaben. Lauterbach kündigte eine schnelle Lösung an.

Eine Arbeitsgruppe von Bund, Ländern und Regierungsfraktionen soll das Thema "sektorenübergreifende Versorgung" vorantreiben. Bis 2020 soll die AG Vorschläge zur sektorenübergreifenden Bedarfsplanung, zur Zulassung, Honorierung, Kodierung, Dokumentation und der Delegation ärztlicher Leistungen erarbeiten. Konkreter ist das Vorhaben, die Notfallambulanzen in den Krankenhäusern und den ärztlichen Bereitschaftsdienst in einem eigenen Leistungsbereich zusammenzufassen. Dazu sollen die Landeskrankenhausgesellschaften und die Kassenärztlichen Vereinigungen in gemeinsamer Finanzierungsverantwortung Notfallleitstellen und Integrierte Notfallzentren aufbauen. Dazu wird der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen bis Sommer ein Gutachten vorlegen.

Für Teile der Ärzteschaft sind hier rote Linien überschritten. Eine gemeinsame Sicherstellung der Notfallversorgung höhle den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen aus, monierte der Vorsitzende des NAV-Virchow-Bundes Dr. Dirk Heinrich. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Marburger Bund haben bereits eine Koalition der Ärzte gebildet, um dieses Vorhaben gemeinsam zu gestalten.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Der verzagte Gesetzgeber – Politik als Ideensammlung

In der Pflegepolitik sollen schnelle Entscheidungen fallen. In einem Sofortprogramm sollen 8000 Fachpflegestellen in der stationären Pflege geschaffen werden. Mit 400 Millionen Euro im Jahr sollen die Krankenkassen dafür gerade stehen. Nicht klar ist, ob der Arbeitsmarkt dies hergibt. Die Pflege in den Kliniken soll davon profitieren, dass die Pflegekosten aus den Fallpauschalen herausgenommen werden sollen. Damit entfallen Anreize für die Klinikverwaltungen, auf Kosten des Pflegepersonals zu sparen.

Unter dem Stichwort Prävention will die Koalition "Maßnahmen ergreifen", um Impfquoten zu erreichen. Einen weiteren Akzent wollen Union und SPD in der Nationalen Diabetesstrategie setzen.

Der Koalitionsvertrag steht noch unter Vorbehalt. Die SPD-Mitglieder sollen zwischen dem 20. Februar und dem 2. März darüber abstimmen.

Das sind die verschiedenen Baustellen der GroKo

GKV/PKV

GKV-Finanzierung: Der auf Eis gelegte Konflikt

Der seit mehr als zehn Jahren währende Burgfriede zwischen Union und SPD um die künftige Finanzierung der GKV ist um eine Facette reicher. Nachdem die paritätische Finanzierung im Jahr 2005 unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) erstmals abgeschafft wurde, schwingt das Pendel jetzt zurück. Ab 2019 sollen Arbeitgeber und -nehmer den Kassenbeitrag wieder zur Hälfte finanzieren. Der Zusatzbeitrag von im Durchschnitt rund einem Prozentpunkt – rund 14 Milliarden Euro – musste bisher allein von den Beschäftigten geschultert werden.

Allerdings hat sich die Union damit durchgesetzt, dass das System der Zusatzbeiträge formal bestehen bleibt. Die SPD wollte dieses ungeliebte Instrument gerne in den Orkus versenken. Doch mit dem jetzt gefundenen Kompromiss kommt der Zusatzbeitrag nur ins Eisfach – und kann bei neuen Regierungen und Koalitionen aufgetaut werden. Vagheit als Gestaltungsprinzip – das gilt auch für die Kommission, die Vorschläge „für ein modernes Vergütungssystem“ erarbeiten soll. Handelt es sich dabei um eine gemeinsame Honorarordnung für PKV und GKV? Das kann aus dem Text nur derjenige herauslesen, der die SPD-Brille aufsetzt.

Eine andere Lesart kann lauten, dass Vergütungsideen entwickelt werden, die sich prima in das duale Versicherungssystem einfügen. Bei Krankenkassenbeiträgen für ALG II-Empfänger verpflichtet sich die Groko zu nichts. Bislang springt hier die GKV mit rund 9,6 Milliarden Euro jährlich für den Staat ein. Ab wann und in welchem Umfang kostendeckende Beiträge aus Steuern erbracht werden, bleibt offen. (fst)

Ärztemangel/Ambulante Versorgung

Zuschläge und flexiblere Zulassung

Zuckerbrot und Peitsche für die Vertragsärzte? Um die ambulante Versorgung für gesetzlich Versicherte zu verbessern, soll die Zahl der Mindestsprechstunden für Kassenärzte von derzeit 20 auf 25 Stunden pro Woche erhöht werden. Das Vorhaben stößt innerhalb der Ärzteschaft nicht gerade auf Gegenliebe, damit versucht aber wohl insbesondere die SPD ein Stück weit ihr Wahlversprechen, die „Zwei-Klassen-Medizin“ anzugehen, einzuhalten. Ob sich dadurch allerdings tatsächlich die Wartezeit auf Facharzttermine reduziert, ist äußerst fraglich: Nach Daten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) widmen sich Vertragsärzte im Schnitt bereits 35,8 Stunden pro Woche ausschließlich den gesetzlich versicherten Patienten. Mehr Durchschlagskraft dürften die Maßnahmen gegen den Ärztemangel haben: So sollen Ärzte in wirtschaftlich schwachen und unterversorgten ländlichen Regionen regionale Zuschläge erhalten.

Ein Baustein dieses Konzeptes ist die Aufwertung der sprechenden Medizin und koordinierender Leistungen bei den Hausärzten. Endlich angepackt werden soll die Bedarfsplanung: Arztsitze sollen kleinräumiger verteilt und die Planung generell flexibler werden. In ländlichen oder strukturschwachen Gebieten sollen die Niederlassungssperren gänzlich entfallen, allerdings sollen die Länder die entsprechenden Gebiete ohne Zulassungssperre benennen. Zusätzlich sollen die Länder ein Mitberatungs- und Antragsrecht in den Zulassungsausschüssen der KVen erhalten.Neue bzw. mehr Ärzte bringt allein diese Maßnahme jedoch nicht.

Die Selbstverwaltung, die in der vergangenen Legislaturperiode mit dem Selbstverwaltungsstärkungsgetz einige Seitenhiebe von der Regierung erhalten hatte, soll gestärkt werden: Die Möglichkeit der KVen, Eigeneinrichtungen zu etablieren, um die Versorgung sicherzustellen, soll nämlich erweitert werden. Zusätzlich sollen die Strukturfonds der KVen erhöht und flexibler in ihrem Verwendungszweck werden. (reh)

Sektorübergreifende Versorgung

Neuer Anlauf zu integrierter Versorgung

Bis 2020 – das sind dann 20 Jahre nach Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes mit dem Kernstück der Einführung einer integrierten Versorgung – soll nun eine Arbeitsgruppe Vorschläge für die Weiterentwicklung zu einer sektorübergreifenden Versorgung des stationären und ambulanten Systems vorlegen. Das Ziel: „Die Zusammenarbeit und Vernetzung im Gesundheitswesen müssen ausgebaut und verstärkt werden.“ Dazu soll die Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Einbeziehung der Regierungsfraktionen vielfältige Aspekte beachten: Bedarfsplanung, Zulassung, Honorierung, Kodierung, Dokumentation, Kooperation der Gesundheitsberufe und Qualitätssicherung unter Berücksichtigung der telematischen Infrastruktur.

In der Praxis war man vor 15 Jahren schon einmal weiter: Mit der Gesundheitsreform von 2003 wurden die bürokratischen Regelungen für die integrierte Versorgung radikal vereinfacht, vor allem gab es eine Anschubfinanzierung in Höhe von 700 Millionen Euro im Jahr, mit der pragmatisch das Hindernis der sektoralen Budgets und ihrer Bereinigung durch Leistungen in der Integrationsversorgung aus dem Weg geräumt wurde. Diese Hürden bestehen weiterhin und hemmen beispielsweise die Reanimierung des Belegarztsystems, für das die KBV erst jüngst ein Modell zur sektorübergreifenden und interdisziplinären Versorgung in der Onkologie vorgestellt hat. Fazit: Die Pläne der Großkoalitionäre sind eine bürokratische Kopfgeburt. (HL)

Krankenhaus

Kliniken: Silberstreif am Horizont

Für Krankenhäuser finden sich im Koalitionsvertrag viele positive Nachrichten. Das heißt, es soll mehr Geld fließen. Eine Milliarde zum Umbau der Krankenhauslandschaft soll aus dem Strukturfonds kommen. Dieser wird vier Jahre weiter geführt. Das Geld kommt zur Hälfte aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds, die andere Hälfte steuern die Länder bei. Die neue GroKo will bei der stationären Versorgung verstärkt auf Zentrenbildung setzen. Vor allem bei der Behandlung schwerer, komplexer oder seltener Erkrankungen. Die Zentren sollen interdisziplinäre Behandlungsteams bieten und mit ambulanten Schwerpunktpraxen zusammenarbeiten. Damit soll spezialmedizinische Kompetenz auch in der Fläche verfügbar sein.

Ein ganz wichtiger Punkt: Künftig sollen Pflegepersonalkosten besser und unabhängig von Fallpauschalen vergütet werden. „Die Krankenhausvergütung wird auf eine Kombination von Fallpauschalen und einer Personalkostenvergütung umgestellt“, heißt es im Koalitionsvertrag. So soll der krankenhausindividuelle Personalbedarf besser berücksichtigt werden können. Geplant ist eine verbindliche Freistellungsregelung für Transplantationsbeauftragte. Das soll die Zahl der Organspenden erhöhen. Die Investitionskostenfinanzierung wird weiter Ländersache bleiben. Experten fordern hier seit langem eine Beteiligung des Bundes, weil die Länder ihre Investitionspflicht sehr unterschiedlich wahrnehmen, mit entsprechenden Folgen. (chb)

Pflege

8000 Fachkräfte für die Pflegeheime

Die Pflegegesetze waren ein Kernstück der Gesundheitspolitik in der abgelaufenen Legislaturperiode. Zur Entlastung der Fachkräfte in der stationären Pflege sind in den vergangenen vier Jahren rund 30 000 Pflegehelfer eingestellt und von den Sozialkassen finanziert worden. An dieses Konzept haben sich Union und SPD nun für ein weiteres Personalprojekt in der Pflege erinnert.

Mit einem Sofortprogramm sollen 8000 Fachkraftstellen in den Heimen geschaffen werden. Zahlen soll die GKV, weil die Behandlungspflege irgendwann ohnehin von der Pflege- zur Krankenkasse gehen soll. Ob der Arbeitsmarkt auf die Schnelle so viele Fachpfleger hergibt, steht in den Sternen. Ohnehin ist der Personalmangel groß. Um den Beruf attraktiver zu machen, sollen flächendeckend Tariflöhne gezahlt werden. Ziel soll sein, die zum Teil hohen Lohnunterschiede zwischen den Regionen einzuebnen. Da es in der Pflege mit dem TVÖD praktisch nur einen flächendeckenden Tarifvertrag gibt, zudem ist der Organisationsgrad von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gering, sind an dieser Stelle noch einige Steine aus dem Weg zu räumen.

Mit Personaluntergrenzen für alle bettenführenden Abteilungen in den Kliniken soll die Qualität der Versorgung gesichert werden. Lange Wege für ambulante Pflegedienste sollen besser bezahlt werden. Die Pflegebedürftigen sollen stärker in die medizinische Versorgung geholt werden. Dazu werden die KVen und die Pflegeheime verpflichtet, Kooperationsverträge abzuschließen. (af)

Ausbildung

Mehr Studienplätze in Fach Medizin

Die angestrebte GroKo will sowohl die Ausbildung der Ärzte wie auch des Fachpersonals stärken. Der Koalitionsvertrag sieht eine zügige Umsetzung des Masterplans Medizinstudiums 2020 vor. Dazu gehört die Neuregelung des Studienzugangs, die Stärkung der Allgemeinmedizin und eine Landarztquote. Auch mehr Studienplätze für Medizin sollen geschaffen werden. Mit dem im März 2017 beschlossenen Masterplan Medizinstudium 2020 wird angestrebt, dass die angehenden Ärzte neben den bisher im Mittelpunkt der Ausbildung stehenden hochspezialisierten Fällen an den Universitätskliniken auch ganz alltägliche Erkrankungen in der ambulanten und stationären Praxis kennenlernen.

An den medizinischen Fakultäten sind neue Unterrichtskonzepte als Schwerpunkt- und Vertiefungsprogramme zur Förderung ärztlicher Tätigkeit im ländlichen Raum geplant. Beim Thema Weiterbildung sollen bestehende Lücken ermittelt und – sofern vorhanden – geschlossen werden. Für die regionalen Kompetenzzentren „Weiterbildung Allgemeinmedizin“ sind zusätzliche Anreize zur Qualifizierung von Weiterbildern angekündigt. Mithilfe eines Gesamtkonzepts wollen die Koalitionäre die Ausbildung der Gesundheitsfachberufe neu ordnen und stärken. Wie für die Pflegeberufe bereits beschlossen, soll das Schulgeld auch in diesen Bereichen wegfallen. Die Hebammen-Ausbildung soll gemäß EU-Vorgaben einem akademischen Abschluss entsprechen. (bar)

Digitalisierung

Datenautobahn bleibt auf dem Arbeitszettel

Die Digitalisierung ist eines der Schwerpunktthemen, die sich Union und SPD für eine nächste GroKo auferlegt haben. Kein Wunder also, dass sie nahezu den gesamten Koalitionsvertrag durchzieht – und das ist gerade fürs Gesundheitswesen interessant. Die Koalitionäre versprechen nämlich eine wichtige Grundvoraussetzung für eine Vernetzung von Ärzten, Patienten und weiteren Leistungserbringern: den flächendeckenden Breitbandausbau mit Glasfaser bis 2025. Krankenhäuser sollen noch in dieser Legislaturperiode ans Glasfasernetz angebunden werden.

Allein für diese Legislaturperiode veranschlagen Union und SPD zehn bis zwölf Milliarden Euro an Fördermitteln für den Breitbandausbau. Positiv zu werten ist zudem, dass neue Zulassungswege für digitale Anwendungen im Gesundheitswesen geschaffen werden sollen. Denn bei der Vielzahl an Health-Apps, die den Gesundheitsmarkt regelrecht überschwemmen, wäre eine Orientierung für Ärzte und Patienten hilfreich, wie es um Qualität und Datenschutz solcher Apps steht.

Die Bekundung, dass man die Telematikinfrastruktur (TI), die bundeseinheitliche Datenautobahn fürs Gesundheitswesen, weiter ausbauen will, lässt sich hingegen vielseitig interpretieren: Gibt es ein E-Health-Gesetz II mit weiteren Fristen und Sanktionen für Selbstverwaltung und Ärzte? Immerhin wird einmal mehr eine Frist aus dem E-Health-Gesetz I nicht gehalten: Die Koalitionäre versprechen, in dieser Legislatur – wörtlich heißt es, bis Ende 2021 – die elektronische Patientenakte für alle Versicherten einzuführen. Laut altem Plan hätte diese 2019 starten sollen.

Wichtig ist allerdings, dass die Pflege in die TI einbezogen werden soll. Das beinhaltet auch die Anbindung pflegebedürftiger Menschen über neue technische Anwendungen. Außerdem soll die Telemedizin – etwa über weitere Abrechnungsmöglichkeiten – gefördert werden. Die künftige GroKo will aber auch die „einschränkenden Regelungen zur Fernbehandlung“ auf den Prüfstand stellen. Ob Letzteres einer Regierung obliegt, ist fraglich, da das Fernbehandlungsverbot über das ärztliche Berufsrecht geregelt wird. Und hier beim Deutschen Ärztetag im Mai ohnehin eine Öffnung der strengen Regeln in Aussicht steht.

Stark machen wollen sich Union und SPD außerdem in Sachen Datenschutz und Datensicherheit. Die gespeicherten Daten sollen Eigentum des Patienten bleiben. Und: Zwischen Bund und Ländern – möglichst sogar europaweit – sollen Sicherheitsstandards für IT-Strukturen und den Schutz kritischer Infrastrukturen, zu denen auch Kliniken zählen, eingeführt werden. Dazu soll ein IT-Sicherheitsgesetz 2.0 aufgelegt werden. In Zeiten von Big Data muss jedoch ebenso über ethische Aspekte der Datenverarbeitung diskutiert werden: Hier wollen die Koalitionäre eine Daten-Ethikkommission einsetzen, die der Regierung und dem Parlament innerhalb eines Jahres einen Entwicklungsrahmen für Datenpolitik, den Umgang mit Algorithmen zur Datenverarbeitung, digitalen Innovationen und künstlicher Intelligenz vorschlagen soll.

In Richtung Prävention gedacht soll zudem ein nationales Gesundheitsportal für die „schnelle und verlässliche Information zu medizinischen Fragen“ entstehen. Bleibt nur zu hoffen, dass dieses Projekt nicht ähnlich viel Zeit wie die Telematikinfrastruktur benötigt. (reh)

Innovationsfonds

Kontinuität für Innovationen in der Versorgung

Der mit dem Versorgungsstärkungsgesetz zunächst für einen Zeitraum von vier Jahren geschaffene Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss soll über das Jahr 2019 fortgesetzt werden. Die jährliche Fördersumme für innovative Projekte, die eine Chance haben sollen, in die Regelversorgung Eingang zu finden, wird allerdings von derzeit 300 auf 200 Millionen Euro gemindert. Außerdem will das Bundesgesundheitsministerium eigene Modellprojekte ermöglichen. Schwerpunkte der Projekte sind derzeit unter anderem Modelle zur integrativen sektorübergreifenden Versorgung, E-Health- und telemedizinische Lösungen, Arzneimitteltherapiesicherheit und Qualitätssicherung in der Praxis. (HL)

Notfallversorgung

Labor für Abbau der Sektorengrenzen

Der ärztliche Bereitschaftsdienst wird nicht ausreichend wahrgenommen. In den Ambulanzen der Krankenhäuser drängeln sich die Patienten, auch solche, die problemlos von einem niedergelassenen Arzt hätten versorgt werden können. Ein eigener, selbstständiger Leistungsbereich soll das Problem lösen. Union und SPD wollen die Landeskrankenhausgesellschaften und die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichten, die Notfallversorgung gemeinsam sicherzustellen. Stichwortgeber ist der Sachverständigenrat Gesundheit. Der rät zu Integrierten Notfallzentren, die die Patientenströme kanalisieren sollen. Um Interessenkonflikte auszuschließen, sollen die Zentren über eigene Geldtöpfe verfügen. (af)

Prävention

Wirksame Strategien gegen Diabetes gesucht

Seit 2012 empfiehlt das EU-Parlament nationale Diabetesstrategien, jetzt will die Bundesregierung dieses bisher auf die lange Bank geschobene Projekt endlich angehen. Die Zeit drängt: Es gibt in Deutschland sechs Millionen erkannte Diabetiker, jährlich kommen rund 300.000 Neuerkrankungen hinzu, die Dunkelziffer ist hoch. Experten kritisieren, dass Präventions- und Versorgungsstrukturen dringend verbessert werden müssen. In der Koalitionsvereinbarung werden weitere Hausaufgaben genannt: Volkskrankheiten wie Krebs, Demenz oder psychische Störungen sollen gezielt bekämpft werden, heißt es wenig konkret. Außerdem ist von einer Stärkung der Disease-Management-Programme die Rede. (fuh)

Pharma

Kein Abbau des Schilderwaldes für Arzneien

Weder Ärzte noch Pharma-Industrie müssen mit kostendämpfenden Eingriffen in die Arzneimittelversorgung rechnen. Aber: Es gibt auch keinen Anspruch, die Überreglementierung – Stichwort Regressrisiko – abzubauen. Keine Aussage findet sich im Koalitionsvertrag zum rechtlichen Klärungsbedarf beim Erstattungsbetrag. Kontinuierlich sollen begonnene Projekte fortgesetzt werden: Aktionsplan zur Arzneimitteltherapieverbesserung , Ausbau der Fälschungssicherheit von Arzneimittel; Reduzierung des Antibiotikaverbrauchs und Verhinderung von Antibiotika-Resistenzen. Der Pharmadialog soll fortgesetzt werden. Neu: Steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung bei KMU. (HL)

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