Kommentar zu Depressionen
Ignorierte Seelenpein
Eigentlich sind es sehr gute Nachrichten, wenn Kassen regelmäßig über steigende Zahlen an Depressionsdiagnosen und immer mehr Fehltage durch psychische Erkrankungen berichten, denn weder gibt es mehr Depressive als früher, noch dürften psychische Störungen häufiger der Grund für Fehltage sein als früher.
Bevölkerungssurveys legen eine recht konstante Prävalenz einzelner psychischer Störungen nahe. Die plausibelste Erklärung ist folglich, dass sich immer mehr Ärzte und Patienten trauen, eine Depression auch Depression und nicht Rückenschmerz zu nennen.
Dies sollte schließlich zu einer besseren Therapie psychisch Kranker führen. In der Tat geht die Suizidrate kontinuierlich zurück, ein Indikator dafür, dass es um die psychische Gesundheit der Deutschen nicht so schlecht bestellt ist.
Die Freude darüber wird jedoch von der Trägheit getrübt, mit der die Versorgungssysteme auf den tatsächlich wachsenden Bedarf an psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung reagieren.
Um mit einem Therapeuten über Rückenschmerzen zu sprechen, muss niemand sechs Monate lang warten, wer eine Linderung seiner Seelenpein anstrebt, mitunter schon.
Es wird also Zeit, die Ressourcen besser zu verteilen. Das Versorgungsstärkungsgesetz ist ein erster Schritt, wird das Problem aber bei Weitem nicht lösen.
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