Corona-Maßnahmen

Infektionsschutz: Durchgriff des Bundes in die Länder – das würde gehen

Laut einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, könnte der Bundesgesetzgeber beim Infektionsschutz in den Ländern hart durchgreifen.

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Berlin. Die Bundesregierung kann, wenn der politische Wille besteht, via Infektionsschutzgesetz (IfSG) tief in die Länder hineinregieren. Das geht aus einer Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag hervor, die von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) beauftragt worden war.

Demnach sei es zulässig, „dass der Bundesgesetzgeber detailreiche und strikte Regelungen trifft“ und die „so wenig wie möglich Ermessen einräumen“. Die Länder hätten dann beim Gesetzesvollzug „wenig Spielraum“. Basis dafür sei Artikel 74 Absatz 1 Nr. 19, der dem Bund die Kompetenz gibt, gegen übertragbare Krankheiten vorzugehen. Macht er davon Gebrauch, löse dies eine Sperrwirkung für die Gesetzgebung der Länder aus.

Unter diesem Kompetenztitel hat die Bundesregierung im Rahmen der Corona-Pandemie auch den Personenkreis erweitert, der im Notfall Heilkunde ausüben darf. Via Infektionsschutzrecht kann der Bund sogar Vorschriften erlassen, die auch Schulen betreffen – dies liegt sonst in der ausschließlichen Kompetenz der Länder. Hier komme es auf den Schwerpunkt des Regelungszwecks an, so die Wissenschaftler beim Bundestag.

Infektionsschutzgesetz hat Vorrang

Ordnet der Bund auf diese Weise etwa die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen an, wolle er damit nicht das Schulwesen regeln. „Es handelt sich um Infektionsschutz- nicht Schulrecht.“ Vergleichbare Regelungen mit Wirkung auf Schulen und Kitas hat der Bund 2020 bereits mit dem Masernschutzgesetz getroffen.

Theoretisch könnte die Bundesregierung Verordnungsermächtigungen für die Länderregierungen in Paragraf 32 IfSG sogar aufheben. Bei Überschreitung bestimmter Inzidenzwerte bliebe diesen dann praktisch kein eigener Ermessensspielraum mehr.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach dem letzten de facto gescheiterten Bund-Länder-Treffen laut über ein Nachschärfen des IfSG nachgedacht. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich am Wochenende für bundeseinheitliche Corona-Regeln ausgesprochen. „Dieses Gesetz sollte genau vorschreiben, welche Schritte bei den jeweiligen Inzidenzwerten unternommen werden müssten – von der Verschärfung bis zur Lockerung“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sich für ein Bundesgesetz ausgesprochen, um dem Flickenteppich föderaler Regelungen zu begegnen. (fst)

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