"Willkommen, Generation Y"
KV Thüringen hält die Uhr an
60, 70 Stunden die Woche? Nein danke, sagt der Ärztenachwuchs. Die KV reagiert und reduziert die in der Richtlinie geforderte Präsenzzeit. Bald schon könnte sie noch weiter absinken - auf eine 40-Stunden-Woche.
Veröffentlicht:WEIMAR. Gerade erst wurde die Präsenzzeit für Vertragsärzte in Thüringen von 48 auf 45 Wochenstunden reduziert, da wird schon laut über die Einführung einer 40-Stunden-Woche nachgedacht.
In diesen jetzt noch 45 Stunden "muss der Arzt für seine Patienten erreichbar sein", erläutert KV-Hauptgeschäftsführer Sven Auerswald. Telefonisch oder persönlich, auch über die 20 Stunden Sprechzeit pro Woche hinaus. So will es die Sprechstundenrichtlinie.
"Wir werden nach meiner Überzeugung in den nächsten Jahren die 40-Stunden-Woche einführen müssen, um dem ärztlichen Nachwuchs die Arbeitsbedingungen zu bieten, die zur Entscheidung für Thüringen und für die ambulante Tätigkeit nötig sein werden", sagt Thomas Schröter, zweiter KV-Vorsitzender.
Hintergrund der Überlegungen ist vor allem der Popularitätsverlust der selbständigen Niederlassung als Praxisarzt. In der Thüringer Zulassungsstatistik hat der Anteil der Anstellungen bei der Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen stark zugenommen.
Schröter zufolge betraf dies im ersten Quartal des laufenden Jahres 23 von 45 Sitzen. Bei den Hausärzten ließ sich mit 65 Prozent sogar mehr als die Hälfte anstellen, bei Fachärzten 43 und bei Psychotherapeuten 25 Prozent.
"Die zur Selbstausbeutung bereite Arztgeneration wird in den nächsten Jahren zur Minderheit und zudem älter, sodass sich eine rückläufige Versorgungsleistung je Bestandspraxis vorhersehen lässt", meint Schröter.
Die meisten Ärzte arbeiten ohnehin mehr
Die Botschaft an die jungen Ärzte müsse deshalb lauten: "Willkommen, liebe Generation Y! Wir freuen uns auf Euch, auch wenn Ihr andere Einstellungen mitbringt als wir Älteren sie haben."
Neben den heute bei der Anstellung dominierenden Krankenhaus-MVZ sieht Schröter zunehmend auch unternehmerisch aktive Vertragsärzte, Stiftungspraxen sowie Eigeneinrichtungen der KVen und Kommunen als Arbeitgeber.
Die Selbstverwaltung müsse auf diesen Trend reagieren und rechtzeitig Anpassungen von der Bedarfsplanung bis hin zur Notdienstordnung diskutieren, mahnt der Facharzt für Innere Medizin. Im Augenblick beruhe die Sicherstellung der Versorgung noch immer auf einer "hohen Verausgabungsbereitschaft" der Ärzte.
Dies habe sogar zu teilweise kritischen Reaktionen geführt, als die Vertreterversammlung jüngst die Präsenzpflichtzeit von 48 auf 45 Stunden reduzierte. Dies ergibt sich aus der Änderung des Notdienstes: Seit 1. April beginnt der Notdienst in Thüringen an drei Tagen pro Woche 18 Uhr statt wie bundesweit 19 Uhr.
Unterstützung für ihren Vorstoß bekommt die KV von Ulf Zitterbart, erster Vorsitzender des Thüringer Hausärzteverbands: "Das ist und muss die Zukunft sein. Das Nachwuchsproblem lässt sich nur lösen, wenn wir den jungen Ärzten eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Freizeit ermöglichen."
Man müsse sich an die Gegebenheiten anpassen, dass immer mehr Ärzte geregelte Arbeitszeiten wünschen. Darüber hinaus sei es jedem Arzt überlassen, mehr als 40 oder 45 Stunden zu arbeiten. "Das sind ohnehin nur die Zeiten auf dem Papier. Die meisten arbeiten viel mehr."
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