Ärzteproteste ebben nicht ab

KVen schreiben Brief an Lauterbach: „Leistungskürzungen unvermeidbar“

Die Kassenärztlichen Vereinigungen und der Berufsverband Deutscher Internisten fordern Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu Änderungen am Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes auf.

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Die Neupatientenregelung soll wegfallen, offene Sprechstunden wieder unter den Budgetdeckel: Blick ins Wartezimmer einer Arztpraxis in Thüringen.

Die Neupatientenregelung soll wegfallen, offene Sprechstunden wieder unter den Budgetdeckel: Blick ins Wartezimmer einer Arztpraxis in Thüringen.

© Patrick Pleul / dpa

Berlin. Deutliche Leistungskürzungen für Patientinnen und Patienten haben die Spitzen der Kassenärztlichen Vereinigungen im Regierungsentwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetz ausgemacht. In einem gemeinsamen Schreiben werfen Sie nun Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) vor, ein Versprechen gebrochen zu haben. Sie bitten „dringend“, geplante gesetzlichen Änderungen zurückzunehmen.

„Die breite Kritik der vergangenen Wochen scheint am Bundesgesundheitsminister komplett abgeperlt zu sein“, schaltete sich BDI-Präsidentin Christine Neumann-Grutzek in die Debatte ein. Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen würden für ihren Mehraufwand „vollkommen inakzeptabel bestraft“, argumentiert Neumann-Grutzek in einer Pressemitteilung von Freitag.

„Bittere Rücknahme von Verbesserungen“

Angesprochen sind die geplante Streichung der Neupatientenregelung und die Re-Budgetierung der offenen Sprechstunden. Beides war erst 2019 mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführt worden. Die Vorstände der KVen und der KBV kündigen in ihrem Brief mit Datum von Freitag an, „angesichts der bitteren Rücknahme dieser Versorgungsverbesserungen“ an, dass Arbeitskraft und Ressourcen der Niedergelassenen und ihrer Praxisteams endlich seien. „Auswirkungen im Sinne von Leistungskürzungen werden unvermeidbar sein“, heißt es in dem Schreiben.

Die Neupatientenregelung sei eingeführt worden, um Patienten ohne festen Hausarzt, Kardiologen oder Orthopäden einen schnellen unkomplizierten Zugang zur medizinischen Versorgung zu ermöglichen. Ärztinnen und Ärzte hätten daraufhin investiert und Personal eingestellt. Ohne die Neupatientenregelung und die vollständige Vergütung für die Behandlung von Patienten in offenen Sprechstunden, seien viele Praxen außerstande, ihr teils erhebliches Leistungsangebot aufrechtzuerhalten.

Verweise auf Analysen des Zentralinstituts

Die KV-Vertreter weisen zudem auf eine Analyse des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung hin, laut der allein im vierten Quartal 2021 rund 20 Millionen Neupatienten behandelt worden seien. Vor allem Kinder und Jugendliche sowie Erwerbstätige würden demnach häufig als Neupatienten eingestuft.

Der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI) hat am Freitag Lauterbachs Pläne scharf kritisiert. Das TSVG habe gewirkt, sagte BDI-Vize Dr. Norbert Smetak. Daten des Zentralinstituts belegten, dass signifikant mehr Neupatienten versorgt würden. Wenn Lauterbach nun das TSVG „unter fadenscheinigen Argumenten“ abwickele, begehe er „doppelten Wortbruch“. „Die finanziellen Mittel sollen gestrichen, die Leistungen aber erhalten bleiben. Das wird nicht funktionieren“, sagte Smetak am Freitag.

Smetak: Das bedeutet längere Wartezeiten

Für die Patienten bedeute dies längere Wartezeiten. „Wenn der Minister etwas anderes behauptet, ist er unehrlich“, sagte Smetak. Die BDI-Präsidentin hält es daher für dringend notwendig, im parlamentarischen Verfahren nachzubessern. Protestaktionen werde der BDI „mit aller Macht“ unterstützen.

Es gebe keinen Hinweis darauf, dass wegen der Neupatientenregelung auch nur ein Patient mehr behandelt worden sei“, sagte dagegen der Gesundheitsminister selbst bei der Vorstellung des Regierungsentwurfes in dieser Woche. (af)

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