Regel- und Zuständigkeitsgestrüpp wird durchforstet

Kammer-Strukturen im Saarland sollen zukunftssicher werden

Ärztekammer im Saarland will ihre komplizierten Strukturen reformieren. Verbindliche Compliance-Regelungen und klar abgegrenzte Zuständigkeiten und Kompetenzen sind das Ziel.

Dr. Michael KudernaVon Dr. Michael Kuderna Veröffentlicht:

Saarbrücken. Die Ärztekammer des Saarlandes hat einen Strukturreform-Prozess auf den Weg gebracht. Anlass bot das jahrelange juristische Tauziehen um Verantwortlichkeiten des Kammerpräsidenten („Garantenstellung“) in der letzten Amtszeit. Im Mittelpunkt stehen allerdings die historisch gewachsenen Besonderheiten der Kammerverfassung an der Saar.

Wie resilient sind wir? Mit dieser Frage müsse man sich gerade nach der Krise in der letzten Legislaturperiode beschäftigen, erklärte Kammer-Geschäftsführer Michael John am Mittwoch auf der Vertreterversammlung. Damit spielte er offensichtlich vor allem auf den letztlich gescheiterten Versuch der Staatsanwaltschaft an, den damaligen Kammerchef Josef Mischo für die jahrelangen Fehlbefunde eines suchtkranken Pathologen, der schließlich angesichts der tragischen Folgen zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt wurde, strafrechtlich mitverantwortlich zu machen. Als Vehikel wollte sich die Anklagebehörde des Konstrukts einer vermeintlichen Garantenstellung des Präsidenten und angeblich unterlassener Meldepflichten bedienen. Das Gericht stellte das Verfahren jedoch ein.

Gemeinsame Vertretung von Ärzten und Zahnärzten

In der Kammerführung läuteten dennoch die Alarmglocken. Kurzfristig dämmte man durch gesetzliche Klarstellungen und Satzungsänderungen die größten Risiken ein. Es wurde den Verantwortlichen aber auch bewusst, dass die komplizierte Struktur der Saar-Kammer einmal grundsätzlich überprüft werden müsse. Als zentrale Ziele nannte John verbindliche Compliance-Regelungen sowie klar abgegrenzte Zuständigkeiten und Kompetenzen.

Diese Notwendigkeit ergibt sich vor allem aus der Eigenart der Saar-Kammer. Schon die gemeinsame Vertretung von Ärzten und Zahnärzten ist deutschlandweit ein Unikum. Dass die beiden Gruppen nach unterschiedlichem Wahlrecht und mit ungleicher Gewichtung der Stimmen ihre Vertreter bestimmen, spielt gegenwärtig keine Rolle. Interessanter und relevanter ist vielmehr, dass sie jeweils eine Abteilung der Kammer bilden und das gemeinsame Versorgungswerk noch als dritte Abteilung hinzukommt.

Was anderswo drei Körperschaften sind, ist im Saarland also eine einzige – allerdings mit unterschiedlicher Binnenstruktur. So hat das Versorgungswerk beispielsweise einen eigenen Aufsichtsrat. Ein Beispiel für die komplizierte Handhabung des Konstrukts: Die Haushaltspläne müssen erst die Gremien der Abteilungen und dann die Gesamt-Vertreterversammlung passieren.

Renommierte Anwaltskanzlei beauftragt

Der Kammer-Vorstand hatte deshalb die renommierte Anwalts-Sozietät Redeker Sellner Dahs beauftragt, sich Strukturen und Satzungen anzusehen. Wie John berichtete, empfehlen die Juristen unter anderem eindeutige Regelungen für Zuständigkeiten, Kompetenzen und Vertretungsbefugnisse. Dies will die Kammer nun angehen. Dazu soll eine Steuerungsgruppe eingerichtet werden, der neben dem Kammerpräsidenten die Vorsitzenden der Abteilungen und des Aufsichtsrats des Versorgungswerks sowie acht Delegierte der in der Vertreterversammlung repräsentierten Listen angehören werden. Ihr soll eine operative Arbeitsgruppe aus Geschäftsführern, Justiziaren und Mitarbeitern der Verwaltung zuarbeiten.

Die Vertreterversammlung ist offensichtlich bereit, sich auf diesen Reformprozess einzulassen, der unter dem Stichwort „Corporate Governance“ steht. Bei einem Stimmungsbild wurde das Vorhaben von allen anwesenden Ärzten und Zahnärzten unterstützt.

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