Innovationen in der GKV
Kassen wollen keine Fachaufsicht
Vor der Anhörung zum Implantateregistergesetz warnt der GKV-Spitzenverband vor einem neuen Anlauf des Gesundheitsministeriums, eigenmächtig in die Bewertung von Innovationen im GBA einzugreifen.
Veröffentlicht:BERLIN. Der GKV-Spitzenverband hat Bestrebungen des Bundesgesundheitsministeriums, mit neuen Regelungen im Implantateregistergesetz die Fachaufsicht über Entscheidungen zur Aufnahme neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der ambulanten Versorgung zu übernehmen, am Donnerstag scharf kritisiert.
Damit würden Anforderungen an Qualität und Sicherheit neuer Leistungen in der GKV abgesenkt, so die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer. Am Montag findet dazu eine Anhörung im Bundestagsgesundheitsausschuss statt.
Nachdem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Zuge der Beratungen zum Terminservicegesetz mit dem Vorstoß gescheitert war, dem Ministerium generell die Möglichkeit zu verschaffen, per Rechtsverordnung in die eigentlich beim Bundesausschuss liegende Kompetenz zur Bewertung neuer Behandlungsmethoden einzugreifen, soll mit dem Implantateregistergesetz eine modifizierte Regelung geschaffen werden.
Sie würde es dem BMG ermöglichen, beispielsweise bei Verstößen gegen Fristvorgaben – die mit dem Gesetz wesentlich enger gefasst werden sollen – eine Methodenbewertung selbst vorzunehmen.
Anlass Bewertung der Liposuktion
Anlass für das Ministerium ist das Beratungsverfahren zur Bewertung der Liposuktion, die sich über viele Jahre erstreckt haben. Der Bundesausschuss hatte das Verfahren auf Antrag der Patientenvertretung im März 2014 gestartet, die Auswertung einer Literaturrecherche ergab dann im Juni 2016, dass keine Nutzenbelege gefunden werden konnten.
Über ein Jahr später starteten die Beratungen zu einer Erprobungsrichtlinie, die dann im Januar 2018 beschlossen wurde. Über die Ergebnisse wird der Bundesausschuss in zwei bis drei Monaten entscheiden, so dass die Liposuktion zur Behandlung des Lipödems im Stadium III ab Januar 2020 eine GKV-Leistung sein könnte. Zugleich soll dann eine Erprobungsstudie für auch für die Stadien I und II starten.
Dieses Verfahren sieht das BMG kritisch. Deshalb soll der Bundestag eine Gesetzesgrundlage schaffen, mit dem das Ministerium GBA-Beschlüsse auch inhaltlich anfechten kann. Damit würde aus der Rechts- auch eine Fachaufsicht.
Ferner soll die Beratungsdauer von regelhaft drei auf zwei Jahre gesenkt werden, bei drohender Fristüberschreitung muss der unparteiische Vorsitzende einen eigenen Vorschlag einbringen. Ferner soll die Frist zwischen Beschluss zur Erprobung und Studienbeginn auf neun Monate verkürzt werden – derzeit dauert dies laut GKV-Spitzenverband zwischen 15 und 21 Monaten.
Pfeiffer: Kurze Fristen würden Qualitätsverluste bringen
Diese Fristen, so Pfeiffer, könnten nicht ohne Qualitätsverluste eingehalten werden. Statt kontrollierter randomisierter Studien werde es dann nur Anwendungsbeobachtungen geben. Überdies werde die GKV gezwungen, diese Studien aus Mitteln der Solidargemeinschaft zu finanzieren.
Anders als bei der Nutzenbewertung neuer Arzneimittel, bei der die Industrie grundsätzlich die vorzulegenden Studien finanziert, sei kein Anbieter neuer Methoden für die ambulante Versorgung bislang bereit gewesen, Studienkosten zu tragen.
Die GKV schlägt vor, das Beratungsverfahren zu beschleunigen, indem doppelte Anhörungsschleifen abgebaut werden und die Hersteller und Leistungserbringer verpflichtet werden, vollständige Dossiers bei Start in das Bewertungsverfahren vorzulegen. Sie müssten auch die dazu notwendigen Studien finanzieren. „Es darf keine Wirtschaftsförderung durch die GKV geben“, betont Pfeiffer. (HL)