Ausländische Ärzte
Kliniken zwischen Freude und Frust
Die deutschen Krankenhäuser verzeichnen wieder mehr Bewerbungen. Oftmals sind es ausländische Ärzte, die gerne in Deutschland arbeiten möchten. Greifen Kliniken zu, müssen sie bedenken: Die Integration erfordert Zeit und Geld.
Veröffentlicht:Ein Leitartikel von Ilse Schlingensiepen
HERNE. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob die ärztlichen Leiter und die Verwaltungsdirektoren in vielen Krankenhäusern wieder optimistischer auf ihre Personalplanung blicken könnten.
Der Zustrom vieler Mediziner nach Deutschland hat dazu geführt, dass sie wieder Interessenten für frei gewordene Stellen finden.
Doch bei aller Freude über die verbesserten Rahmenbedingungen dürfen die Verantwortlichen eines nicht aus den Augen verlieren: Die Integration der ausländischen Ärzte ist kein Selbstläufer, sondern verlangt allen Beteiligten ein gehöriges Maß an Anstrengung ab.
"Wir werden von Bewerbungen überschwemmt", berichtete Ralf Schaum, Personalleiter der Katholischen Hospitalvereinigung Weser-Egge, auf der Fachtagung "2 Jahre neue ärztliche Berufszulassungsregelung - Kenntnis- und Fachsprachenprüfung in Nordrhein-Westfalen" in Herne.
Jede Woche gehen zwischen zehn und 30 Bewerbungen in dem Verbund mit vier kleineren Kliniken ein. Die meisten Ärzte stammen aus Syrien, Ägypten, Indien, Rumänien und Bulgarien.
In der Vergangenheit hatten die Kliniken ausländische Mediziner über professionelle Vermittler erhalten. Die Erfahrungen waren aber eher "durchwachsen".
Die Ärzte waren nach Angaben von Schaum schlecht oder gar nicht auf die Arbeit in Deutschland vorbereitet. Sie wurden weder in den Klinikbetrieb noch gesellschaftlich integriert. "Am Ende wurden die gegenseitigen Erwartungen nicht erfüllt."
Skype-Interviews zum Kennenlernen
Aus den Enttäuschungen hat die Klinikgruppe Konsequenzen gezogen. Skype-Interviews sollen jetzt dazu beitragen, schon im Vorfeld geeignete Bewerber herauszufiltern. "Wichtig ist ein mehrtägiges Probetraining, um die Leute praktisch kennenzulernen", sagte Schaum.
Die Ärzte werden verpflichtet, an einem siebenmonatigen Vorbereitungskurs teilzunehmen. Ihn organisiert der Klinikverbund gemeinsam mit dem mibeg-Institut. Dort werden jeweils acht bis zwölf Teilnehmer sprachlich und inhaltlich fit gemacht für die Arbeit in den Kliniken.
Die Erfahrungen bei den Kenntnis- und den Fachsprachenprüfungen zeigen, dass eine gezielte Vorbereitung bitter notwendig ist: Hier fallen regelmäßig viele Ärzte durch.
Das Klinikmanagement der Hospitalvereinigung hat erkannt, dass die "schulische" Unterstützung der Ärzte nicht reicht: Sie bekommen deshalb auch Hilfe beim Kontakt mit Behörden, Banken oder Versicherern sowie weiteren Dingen des täglichen Lebens.
Integration ist keine Einbahnstraße
Nach Angaben Schaums macht sich das Engagement bezahlt. Aus dem Kurs, der zuletzt abgeschlossen wurde, haben acht von zehn Teilnehmern die Fachsprachenprüfung auf Anhieb geschafft und jetzt einen Arbeitsvertrag in der Tasche. Von den Chefärzten kommen sehr positive Rückmeldungen über die neuen Mitarbeiter.
Klar: Nicht jedes Haus kann sich einen solchen Aufwand leisten. Aber die Zusammenarbeit mit Ärzten aus dem Ausland, die in den Prüfungen scheitern oder sich nicht wohlfühlen, weil sie keine Unterstützung erfahren, kann nicht die Alternative sein.
Sie werden sich eine neue Arbeitsstelle suchen, sobald sich die Gelegenheit bietet. Um die Herausforderungen nicht allein meistern zu müssen, können sich Kliniken aus einer Region zusammenschließen.
Aber nicht nur die Krankenhäuser sind gefragt. Integration ist keine Einbahnstraße. Die Ärzte, die hier arbeiten wollen, müssen nicht nur möglichst schnell und möglichst gut die deutsche Alltags- und Fachsprache lernen, sondern sie müssen auch bereit sein, sich auf die hiesigen Arbeits- und Lebensverhältnisse einzulassen.
Dazu gehören der Umgang der verschiedenen Berufsgruppen miteinander und das Verhältnis der Geschlechter. Dabei wird manchem Mediziner aus anderen Kulturkreisen sicher manches abverlangt.
Aber: Ein Arzt, der sich weigert, einer Patientin die Hand zu geben oder sich von einer Chefärztin etwas sagen zu lassen, ist in einem deutschen Krankenhaus fehl am Platz.
Informations- und Schulungsangebote
Wenn sie mit Informations- und Schulungsangeboten früh ansetzen, können die Kliniken viele Hürden aus dem Weg räumen - oder auf beiden Seiten schnell für Klarheit sorgen, dass eine weitere Zusammenarbeit keinen Sinn macht.
Was sollen wir eigentlich sonst noch alles machen? Das wird sich wohl mancher Klinikmanager fragen. Stimmt, die Integration von ausländischen Ärzten - und in nicht allzu ferner Zukunft vielleicht auch von Pflegekräften - ist keine leichte Aufgabe.
Aber wenn Krankenhäuser sich darauf verlassen, dass irgendjemand anders ihnen die Arbeit schon abnehmen wird, riskieren sie Frustration auf allen Seiten: bei Mitarbeitern im eigenen Haus, bei zugewanderten Ärzten und nicht zuletzt bei Patienten.
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