Gesetzentwurf steht
Koalition einigt sich auf Kompromiss bei neuen Corona-Regeln
Deutschland macht sich locker: Laut Plänen der Ampelkoalition sollen zum 20. März zahlreiche Corona-Schutzmaßnahmen wegfallen. Für Regionen mit hohen Inzidenzen hält man ein Hintertürchen offen.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Trotz erneut steigender Infektionszahlen sollen die meisten der Corona-Schutzmaßnamen zum 20. März wegfallen. Dazu zählen auch Impf-, Genesenen- und Testnachweispflichten beim Besuch von Restaurants oder Kultureinrichtungen. Allerdings sollen die Bundesländer weiterhin Basismaßnahmen wie etwa das Tragen von Schutzmasken in Alten- und Pflegeheimen sowie im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder auch Testvorgaben für Pflegeeinrichtungen anordnen können.
Das geht aus einem der Ärzte Zeitung vorliegenden Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für ein „Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und anderer Vorschriften“ (IfSG) hervor.
Hotspot-Regelung vorgesehen
Für Regionen, in denen eine Variante des SARS-CoV-2-Virus mit „signifikant höherer Pathogenität“ auftritt oder Inzidenzen stark steigen und Krankenhauskapazitäten knapp werden, ist demnach ein Hintertürchen vorgesehen. So sollen die Länderparlamente für Corona-Hotspots wieder schärfere Schutzmaßnahmen reaktivieren können – darunter 2G-Plus- oder 3G-Regelungen. Auf diese Weise werde sichergestellt, „dass die Länder im Falle einer konkreten Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage“ weitere Maßnahmen anwenden könnten, heißt es im Entwurf.
Der Gesetzentwurf sei dem Bundeskabinett im Umlaufverfahren zugeleitet worden, sagte Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch vor Journalisten. Am Donnerstag werde er den Fraktionen zugestellt. Von dort könnten noch Ergänzungen kommen. Aufnehmen wolle man etwa eine Anregung der Grünen, die Orte, an denen vulnerable Gruppen besonders geschützt werden müssten, genauer zu benennen. Das könnten außer Altenheimen und ambulanten Diensten auch Dialyse-Zentren oder onkologische Schwerpunktpraxen sein.
Der Bundestag will das Gesetz bereits am Mittwoch kommender Woche erstmals beraten. Anschließend muss der Entwurf im Gesundheitsausschuss erörtert werden, am Freitag – also am 18. März – könnten Bundestag und Bundesrat abschließend grünes Licht geben. „Wir sind in großer Eile“, sagte Lauterbach. Das Gesetz bedürfe nicht der Zustimmung des Bundesrats, bei der Umsetzung der neuen Regeln sei der Bund auf das „Wohlwollen“ der Länder angewiesen.
Buschmann: Ein sehr guter Kompromiss
Justizminister Marco Buschmann (FDP) sprach von einem „sehr guten Kompromiss“. Dieser enthalte „klare rechtsstaatliche und saubere Lösungen“, um die Pandemie in Schach zu halten und gleichzeitig ein Stück Normalität zurückzugewinnen. Es komme nun auch auf ein „verantwortungsbewusstes Handeln“ der Menschen im Umgang mit dem Virus an. Niemand wolle aber das „Signal senden, die Welt ist wieder wie vor Corona“, betonte Buschmann.
Ein Corona-Hotspot könne ein Stadtteil oder „im Extremfall“ auch ein ganzes Bundesland sein, machte Lauterbach deutlich. Dies an starre Grenzwerte bei Fallzahlen oder Krankenhausbelegung zu knüpfen, sei „nicht zielführend“, so der Minister. „Man muss das Gesamtbild sehen.“ Die neuen Regelungen sollen zunächst bis zum 23. September gelten. Damit sei es möglich, auch mit Blick auf eine mögliche weitere Welle im Herbst neu zu entscheiden, sagte Lauterbach.
Warnung vor zu viel Lockerung
Um die Ausformulierung der neuen Corona-Regeln war innerhalb der Ampel-Koalition wochenlang gerungen worden. Hintergrund der Debatte ist das Auslaufen der Geltungsdauer der aktuellen Rechtsgrundlage für die meisten Corona-Maßnahmen am 19. März. Lauterbach, aber auch Grünen-Politiker hatten zuletzt vor allzu großen Lockerungen gewarnt.
Unterstützung für den Koalitionsplan kommt aus den Reihen des Corona-Expertenrats der Bundesregierung. Die Corona-Pandemie sei momentan durch eine verminderte Krankheitsschwere der Omikron-Variante geprägt – daher bestehe derzeit die berechtigte Hoffnung auf eine Abmilderung der gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie, heißt es in einer neuen Stellungnahme der Experten. Allerdings erforderten neue Virusvarianten „in der Regel schnelle Reaktionen, um einen effektiven Infektionsschutz zu gewährleisten“, mahnen die Fachleute.
Pflege-Impfquoten-Monitoring soll „verstetigt“ werden
Geregelt werden soll über die geplante Novelle des IfSG auch die Abfrage der Corona-Impfquoten in den voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen. Vorgesehen ist, dass die Einrichtungen dem Robert Koch-Institut (RKI) jeweils monatlich anonymisierte Angaben übermitteln, wie viele Beschäftigte und Bewohner gegen SARS-CoV-2 geimpft sind. Das RKI soll die Daten anschließend zusammenführen und dem BMG sowie den Ländern bereitstellen.
Alten- und Pflegeheime gehörten in der Vergangenheit immer wieder zu den „Corona-Hotspots“, vor allem in der ersten und zweiten Welle der Pandemie. (hom/af)