Fachärzte
Kritik am Boom der Osteopathie
BERLIN. Osteopathie scheint für Versicherte attraktiv zu sein. Die Ausgaben für die alternative Heilbehandlung haben sich von 2012 auf 2013 mehr als verdreifacht - von 34 Millionen auf 110 Millionen Euro.
Während sich die Krankenkassen über begeisterte Kunden freuen, ärgern sich die Fachärzte über die uneinheitlichen Qualitätsstandards beim Zugang zur Osteopathie.
Dorothee Meusch, Pressesprecherin der Techniker Krankenkasse (TK), hat eine einfache Erklärung für den Anstieg: "Die Osteopathen werben dafür, und die Kunden sind begeistert." So erklären auch die Sprecher anderer Kassen die Zunahme an osteopathischen Behandlungen.
Bei der zuständigen Fachgesellschaft ärgert man sich. Ärzte verordneten Osteopathie zuweilen aus Gefälligkeit, merkt man dort kritisch an. Rund 60 Kassen bieten Osteopathie als Satzungsleistung an.
Dies können sie seit Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes am 1. Januar 2012. Ob die Zunahme in der Osteopathie einen Rückgang in einem anderen Bereich - etwa bei orthopädischen Operationen - auslöst, sei noch unklar, sagt Meusch. "Die Zeitspanne ist dafür noch zu kurz. Wir erheben aktuell dazu die Zahlen", sagte Meusch am Donnerstag der "Ärzte Zeitung".
Anstieg eine Werbeleistung der Kassen?
Dass die Patienten nun die sanfte Medizin vermehrt in Anspruch nehmen, stört Dr. Matthias Psczolla nicht. Schließlich hatte er als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Manuelle Medizin im Herbst 2013 eine "Mangelversorgung" in der manuellen Medizin beklagt.
Den Anstieg der Ausgaben für Osteopathie stuft er jedoch als reine Werbeleistung der Kassen ein. Psczolla fürchtet, dass die Patienten unter einer qualitativ schlechten osteopathischen Behandlung leiden könnten. Grund dafür ist die bisherige Art der Qualitätssicherung.
Zwar ist auch für die Osteopathie eine ärztliche Verordnung die Grundlage. Die Kassen erkennen aber in der Regel all jene als "Leistungserbringer" an, die eine osteopathische Ausbildung nachweisen oder Mitglied in einem Fachverband sind. Das können Ärzte, Physiotherapeuten und Heilpraktiker gleichermaßen sein.
Genau das ist es, was Psczolla stört. Aus seiner Sicht gibt es nur einen Weg, um den "Markt" seriös zu regeln: "Der Zugang muss über die Ärzte laufen, die dann Teile der Behandlung an Physiotherapeuten delegieren können." (wer)