Bericht der BundesregierungBericht der Bundesregierung
Landbewohner haben es oft weit zum nächsten Krankenhaus
90 Prozent der Fläche Deutschlands sind laut Bundesregierung ländlich geprägt. Die Hälfte der Bevölkerung lebt dort. Fast die Hälfte der Bruttowertschöpfung geschieht dort. Doch die Idylle hat ihre Schattenseiten.
Veröffentlicht:Berlin. Bis zum nächsten Krankenhaus haben Notfallpatienten auf dem Land oft einen weiten Weg zurückzulegen. Darauf weist das Bundeslandwirtschaftsministerium in seinem „Dritten Bericht der Bundesregierung zur Entwicklung der ländlichen Räume“ hin, den das Kabinett am Mittwoch verabschiedet hat. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Heimatminister Horst Seehofer (CSU) stellten das Papier gemeinsam vor.
„Kritisch zu sehen ist aber die aufgrund unzulänglicher Verkehrsangebote oftmals schwierige Erreichbarkeit von Krankenhäusern für die Bevölkerung in einigen ländlichen Regionen, besonders wenn es um die Versorgung zeitkritischer Erkrankungen wie etwa Schlaganfälle oder Herzinfarkte geht“, so das Ministerium. „Krankenhäuser der Regelversorgung sind in rund 100 Landkreisen mit dem Pkw im Mittel erst in 20 bis 30 Minuten zu erreichen, während dies in den meisten kreisfreien Städten im Mittel in 5 bis 10 Minuten möglich ist.“ Es gibt in Deutschland knapp 300 Kreise.
25 bis 50 Minuten mit dem Rad zum Kinderarzt
In Städten seien hingegen auch Fachärzte vielfach zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar. Landbewohner bräuchten hingegen mit dem Rad in der Regel 25 bis 50 Minuten etwa zu einem Kinderarzt. Insgesamt sei die stationäre Versorgungssicherheit aber auch in ländlichen Regionen gewährleistet. „98,8 Prozent der Bevölkerung kann in weniger als 30 Minuten ein Krankenhaus der Grundversorgung erreichen.“
Das Angebot an ambulanten Gesundheits- und Pflegediensten sei in ländlichen Regionen derzeit noch als flächendeckend einzuschätzen, so der Bericht – allerdings steige der Bedarf dort stärker als in den Städten. Nicht nur Patienten, sondern auch Hausärzte alterten dort. Im internationalen Vergleich sei die Gesundheitsinfrastruktur hierzulande aber „qualitativ relativ gut“, und die Angebote seien im Durchschnitt „relativ gut erreichbar“. Die Erreichbarkeit sei aber regional sehr unterschiedlich.
Landleben gewinnt durch Pandemie an Attraktivität
Der Ärztemangel sei zum Teil „auch ein hausgemachtes Problem“, kritisierte Klöckner. Es sei an den Ländern, mehr Studienplätze zu schaffen und den Zugang nicht mit einem schwer zu erreichenden Notendurchschnitt übermäßig zu erschweren. Auch Praxisplätze für angehende Ärzte auf dem Land seien denkbar.
Die Ministerin betonte: „Wir wollen keine Regionen Deutschlands verlieren oder zurücklassen, weil zurückgelassene Regionen auch zum Teil für extreme Positionen anfällig sind.“ Die meisten Menschen lebten gerne dort, und in der Pandemie sei das Interesse an Aufenthalten auf dem Land noch gewachsen. Seehofer unterstrich: „Die Menschen sollen dort leben können, wo sie leben wollen.“ Die Politik müsse für die nötige Infrastruktur sorgen.
Nicht alle Mittel werden abgerufen
Insgesamt 1,87 Milliarden Euro wurden dem Bericht zufolge zwischen 2014 und 2019 in die ländliche Entwicklung investiert, davon 1,12 Milliarden Euro an Bundesmitteln. Die Mittel würden jedoch nicht immer abgerufen, beklagte Klöckner. „Einige lassen es liegen.“
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistags, Hans-Günter Henneke, erklärte: „Das Land zeigt im Vergleich zur Stadt in dieser Pandemie, was es zu bieten hat. Dafür braucht es natürlich auch ein paar Voraussetzungen: Schnelles Internet und gute Kinderbetreuung sind hier an erster Stelle zu nennen.“ Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) mahnte rasche Fortschritte beim Glasfaser-Ausbau an und mehr Hilfe des Bundes für alternde ländliche Regionen, wo immer weniger Menschen die Fixkosten für die kommunale Wasser- und Abwasserentsorgung trügen.
Seehofer kündigte für das Frühjahr einen Bericht der Bundesregierung zu Fortschritten beim Thema gleichwertige Lebensverhältnisse an, zu dem alle Ministerien beitragen sollten. (dpa)
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