Ernährung
Mehrheit der Bürger präferiert Nutri-Score
Im Urteil der Bundesbürger ist die Nutri-Score-Ampel im Vergleich zum „Wegweiser Ernährung“ von Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner verständlicher. Zudem erleichtert er die Auswahl gesunder Lebensmittel.
Veröffentlicht:BERLIN. Zwischen 87 und 90 Prozent der Deutschen ab 18 Jahren sind der Meinung, dass die Nutri-Score-Ampel auffallend ist, eine sinnvolle Farbgebung hat und schnell erfassbar ist. Diese Eigenschaften billigen hingegen nur zwischen zwei und fünf Prozent dem vom Max- Rubner-Institut im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums entwickelten Kennzeichnungsmodell „Wegweiser Ernährung“ zu.
Dies ist das Ergebnis einer Repräsentativbefragung des Meinungsforschungsinstituts Forsa unter 1003 Bundesbürgern über 18 Jahre im Auftrag von ärztlichen Berufsverbänden, medizinischen Fachgesellschaften und der Verbraucherorganisation foodwatch.
„Die Verbraucher wollen den Nutri-Score. Diese Nährwert-Ampel hat zuvor in über 35 wissenschaftlichen Studien ihre Wirksamkeit bewiesen“, sagte Barbara Bitzer, Sprecherin des Wissenschaftsbündnisses DANK und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse am Mittwoch in Berlin.
Nur in einem Punkt punktet das Klöckner-Modell
Lediglich in einem Punkt schneidet der „Wegweiser Ernährung“ mit 50 zu 32 Prozent besser ab als der Nutri-Score: Er liefert mehr Informationen – diese sind allerdings auch auf der Verpackung der Lebensmittel aufgeführt. Der Preis für die Detail-Informationen ist: Der Wegweiser wird von 60 bis 65 Prozent der Verbraucher als verwirrend und kompliziert bewertet.
Von besonderer Bedeutung ist, dass die Botschaft von den problematischen Zielgruppen – Menschen aus unteren sozialen Schichten mit niedrigem Bildungsgrad, Übergewicht und Adipositas – verstanden wird. Diese Funktion erfüllt der Nutri-Score deutlich besser als der „Wegweiser Ernährung“: Zwischen 80 und 90 Prozent dieser Teilpopulation, für die eine Nährwert-Ampel zur Orientierung besonders wichtig wäre, halten sie für verständlich und schnell erfassbar.
Professor Berthold Koletzko, Vorsitzender der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sagte dazu: „Wenn Eltern einen geringen Bildungsstand haben oder übergewichtig sind, dann haben ihre Kinder ein deutlich erhöhtes Risiko, ebenfalls dick zu werden.“ Inzwischen sei der Anteil der adipösen Kinder aus Unterschichten 4,3-mal so hoch wie der aus Oberschichten.
Vorreiter Frankreich und Belgien
Die Organisationen fordern seit langem verbindliche Maßnahmen gegen Fehlernährung und eine verständliche Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben. Dies entspreche auch den Vorgaben des Koalitionsvertrages zu einem Nährwert-Label. Weil es keine verbindlichen EU-Regeln gibt, haben inzwischen mehrere Länder Ampelkennzeichnungen auf freiwilliger Basis eingeführt wie Belgien und Frankreich.
Versuche einzelner Unternehmen, den Nutri-Score eigenständig einzuführen, haben Rechtsstreitigkeiten ausgelöst. Diese Unsicherheiten für die Hersteller müssten beseitigt werden.
Von der Einführung der Nährwert-Ampel erhoffen sich die Medizin- und Verbraucherorganisationen nicht nur eine Änderung des Verbraucherverhaltens. Wahrscheinlich wichtiger sei eine Reformulierung der Lebensmittel und ihrer Inhalte. Begleitet werden müsse die Kennzeichnung von einem Werbeverbot für die Zielgruppe der Kinder und einem neuen Verbrauchssteuermodell für gesunde und ungesunde Lebensmittel, forderte Barbara Bitzer.
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