Ankündigung für Juli
Nach den jungen Ärzten wollen auch Chefärzte im NHS streiken
In Großbritannien droht im nationalen Gesundheitssystem eine neue Streikwelle. Erstmals seit mehr als 50 Jahren wollen auch leitende Ärzte die Arbeit niederlegen.
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Streikende Assistenzärztinnen und -ärzte machten im April – hier bei einer Demonstration in Leicester – den Anfang. Im Juli wollen im britischen NHS nun auch Ärzte in leitenden Positionen streiken.
© Jacob King/PA Wire/dpa
London. In Großbritannien eskaliert der Ärztestreik. Nachdem in der vergangenen Woche bereits Tausende Nachwuchsärztinnen und -ärzte des staatlichen britischen Gesundheitsdienstes (National Health Service, NHS) für weitere Streiks im Juli votiert hatten, stimmten jetzt auch Ärzte in leitenden Positionen für Streik. Damit droht Versorgungschaos im britischen Gesundheitswesen.
Wie der größte britische Medizinerverband (British Medical Association, BMA) auf Anfrage der Ärzte Zeitung in London bestätigte, werden NHS-Chefärzte und andere Ärzte in leitenden Positionen am 20./21. Juli für „zunächst 48 Stunden“ die Arbeit niederlegen. „Wir wollen unseren Forderungen nach deutlichen Einkommensverbesserungen Nachdruck verleihen“, sagte ein BMA-Sprecher der Ärzte Zeitung. Und: „Die Verhandlungen mit dem Gesundheitsminister stecken in einer hoffnungslosen Sackgasse.“
Hintergrund ist laut BMA: Die ärztlichen Einkommen seien im staatlichen Gesundheitsdienst seit 2008 „real um rund 35 Prozent gesunken“. Jahrelanger Verzicht seitens der Ärzteschaft „mit Rücksicht auf den Gesundheitsetat in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten“ habe viele Ärzte inzwischen in ernsthafte finanzielle Probleme gebracht.
86 Prozent stimmten für Streik im Juli
Bei der Urabstimmung über den Streik im Juli stimmten laut BMA 86 Prozent für die Arbeitsniederlegung. Insgesamt stimmten mehr als 24.000 Mediziner ab. 71 Prozent der Stimmberechtigten nahmen an der Abstimmung teil.
Zuvor hatten bereits NHS-Nachwuchsärzte für weitere Streiks gestimmt. Auch sie verlangen bis zu 35 Prozent mehr Lohn. Britische Krankenhäuser haben inzwischen damit begonnen, Tausende für die Streiktage geplante Operationen zu stornieren. Gesundheitspolitische Beobachter schätzen, dass landesweit insgesamt mehr als 10.000 Patienten wegen des Streiks nicht planmäßig behandelt werden können.
Es ist der erste Streik leitender Ärztinnen und Ärzte in Großbritannien seit mehr als 50 Jahren. Die BMA bezeichnete den Arbeitskampf als „absolut letzte Waffe“. (ast)