Zukunftsbranche Gesundheit
Neuer Ansatz: Ärzte im Gesundheitskiosk
Die USA und Finnland gehen in der Primärversorgung völlig neue Wege: Sie setzen auf Gesundheitskioske in Einkaufszentren. Laut einer Studie werden diese gut angenommen.
Veröffentlicht:Nahezu zeitgleich wird in den USA und in Finnland in der Gesundheitsversorgung ein neues Versorgungsmodell praktiziert, dessen Beliebtheit bei den Versicherten schnell steigt: In großen Einkaufszentren werden Gesundheits-Kioske eingerichtet, in denen sowohl Gesundheitsinformationen als auch Primärversorgung angeboten werden.
Die Zahl dieser in den USA "Retail Clinic" und in Finnland "Walk-in-Clinic" oder Gesundheits-Kiosk genannten Einrichtungen nimmt schnell zu.
Besonders Frauen nehmen das Angebot an
So berichtet eine Studie der Rand Corporation, dass in den US die Zahl der Besuche in solchen Retail Clinics zwischen Januar 2007 und Dezember 2009 von 0,6 Besuchen per 1000 Versicherten (Januar 2007) auf 6,5 Besuche (Dezember 2009) zugenommen hat.
Besonders häufig werden die Retail Clinics dabei von Frauen, Versicherten zwischen 18 und 44 Jahren (Versicherte über 65 Jahren wurden nicht in die Studie einbezogen), von Patienten mit einem Jahreseinkommen von mehr als 59.000 Dollar und von Versicherten mit einem allgemein guten Gesundheitszustand in Anspruch genommen, heißt es in der im "American Journal of Managed Care" veröffentlichten Studie.
Der entscheidende Faktor für die Inanspruchnahme war dabei die Wohnortnähe der jeweiligen Retail Clinic. Insgesamt wurden dabei von Rand 13,8 Millionen Versicherte in die Studie einbezogen, von denen 3,8 Millionen mindestens einmal eine solche Retail Clinic in Anspruch nahmen.
"Wir haben insgesamt elf einfache Erkrankungszustände identifiziert, die einfach in einer Retail Clinic behandelt werden können", sagte J. Scott Ashwood, der Hauptautor der Studie.
"Diese Erkrankungszustände, die zum Beispiel Infektionen der oberen Atemwege, Bronchitis, Ohrinfektionen, Grippe und Bindehautentzündung einschließen, waren die Erkrankungen, die am häufigsten in einer Retail Clinic behandelt wurden."
Retail Clinic in Bloomington/Minnesota
Ein Beispiel für die Eröffnung einer solchen Retail Clinic ist der neue Ableger der weltbekannten Mayo Clinic im Einkaufszentrum "Mall of America" in Bloomington/Minnesota - Amerikas größtem Einkaufszentrum mit insgesamt gut 520 Läden.
Der Mayo-Clinic-Ableger heißt "Mayo Clinic Healthy Living" und konnte seither viele Tausend Besucher registrieren.
Zur Begründung heißt es: "Mayo Clinic glaubt, dass die Gesundheitsversorgung der Zukunft nicht auf Arztpraxen und Krankenhäuser begrenzt ist. Medizin muss sich den sich verändernden Bedürfnissen der Menschen anpassen, und dazu gehört auch, die Patienten zu treffen, wann und wo es für sie angenehm ist."
Durchweg positive Erfahrungen wurden bisher auch in Finnland mit vergleichbaren Einrichtungen gemacht. Anders als in den USA ist hier die Zielrichtung allerdings nicht die frühzeitige Bindung von Patienten an einen bestimmten Leistungserbringer, sondern das Erreichen von Bevölkerungsgruppen, die sonst nie bis selten eine Gesundheitseinrichtung aufsuchen.
Die erste "Walk-in-Clinic" (finnisch: Terveyskioski oder Gesundheits-Kiosk) wurde Mitte 2009 als Modellprojekt in einem Einkaufszentrum in der finnischen Stadt Ylöjärvi eröffnet. Mittlerweile existieren in Finnland bereits fünf solcher Gesundheitskioske.
Spezifische Thementage im Angebot
In diesen "Walk-in-Clinics" arbeiten ausschließlich Nurse Practitioners. Ziel ist es, einen einfachen Zugang zu niedrigschwelligen Gesundheitsdienstleistungen sowie deutlich längere Öffnungszeiten als die normalen Gesundheitszentren anzubieten.
Zum Angebot der Walk-in-Clinic gehören zum Beispiel Gesundheitsberatung, Blutdruck- und Blutzuckermessung oder Impfungen. In den Zentren werden außerdem spezifische Thementage zu Gesundheitsthemen angeboten.
Betreiber ist in Finnland die jeweilige Kommune, die auch für die gesundheitliche Grundversorgung der Bevölkerung sowie die Finanzierung der Gesundheitsversorgung zuständig ist.
Aufgrund seines Erfolgs wird das Projekt jetzt bis Ende 2014 in zunächst 45 weiteren Einkaufszentren in Finnland realisiert.