Krebsvorsorge

Nur jeder vierte Mann geht zur Früherkennung

Männer sind nach wie vor zögerlich, wenn es um die Krebsvorsorge geht. Bei Frauen sind die Teilnahmeraten doppelt so hoch wie beim starken Geschlecht.

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Angst vor der Prostatauntersuchung? Nur jeder vierte Mann lässt sich für die bezahlte jährliche Untersuchung beim Arzt blicken.

Angst vor der Prostatauntersuchung? Nur jeder vierte Mann lässt sich für die bezahlte jährliche Untersuchung beim Arzt blicken.

© strixcode / Fotolia

HAMBURG. Nur jeder vierte Mann über 45 (rund 27 Prozent) hat 2017 die von den Krankenkassen bezahlte jährliche Krebsfrüherkennung für Prostatakrebs in Anspruch genommen. Bei den Frauen ließ sich im selben Zeitraum mehr als jede zweite der über 20-Jährigen (rund 58 Prozent) bei ihrem Gynäkologen auf Krebs durchchecken. Das zeigt eine aktuelle Auswertung von Versichertendaten der Techniker Krankenkasse (TK).

"Das ist eine Entwicklung, die seit Jahren anhält", erklärt Mathias Brunner, TK-Experte für ambulante Leistungen laut Mitteilung der Kasse. Auch die Frauen hätten jedoch bei der Krebsfrüherkennung nachgelassen, so Brunner weiter. 2014 hätten noch rund 60 Prozent der Anspruchsberechtigten diese Untersuchung wahrgenommen, also zwei Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr.

Regionale Unterschiede

Die TK hat in ihrer Untersuchung deutliche regionale Unterschiede bei den Teilnahmeraten der Krebsprävention festgestellt. Spitzenreiter bei der Früherkennung sind die Menschen in Sachsen – sowohl die Frauen (61 Prozent) als auch die Männer (rund 34 Prozent) gehen überdurchschnittlich häufig zur Krebsfrüherkennung.

Schlusslicht sei das Saarland. Hier nutzten 2017 52 Prozent der Frauen die Untersuchung und nur 22 Prozent der Männer.

Hintergrund: Frauen haben ab dem 20. Geburtstag einmal jährlich Anspruch auf die Untersuchung von Gebärmutterhalskrebs und Krebserkrankungen des Genitalbereichs. Männer können ab 45 Jahren einmal jährlich die Prostata und die äußeren Geschlechtsorgane auf Krebs untersuchen lassen.

Bei der Auswertung hat die TK nach eigenen Angaben die Daten der 2014 3,4 Millionen und 2017 4,1 Millionen Frauen ab 20 Jahren zu Grunde gelegt. Bei den Männern ab 45 waren 2014 2 Millionen bei der TK versichert, 2017 waren es 2,2 Millionen. (ger)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 08.08.201808:50 Uhr

Mehr Krebsvorsorge und Krebsfrüherkennung wagen!

Dass es "gender"-spezifisch heißt "Krebsvorsorge - Nur jeder vierte Mann geht zur Früherkennung", offenbart mehrere Gründe, warum nach unseren Patientinnen nicht auch unsere Patienten mehr Krebsvorsorge und Krebsfrüherkennung wagen sollten.

1. Sprachlich-semantische Ungenauigkeiten: Wer zu Krankheits-Früherkennungsuntersuchungen geht und in weit über 95 Prozent keinen pathologischen Befund aufweist, hat damit eine erfolgreiche V o r s o r g e-Untersuchung ohne weitere Risiken oder zusätzliche invasive Prozeduren gemacht.

2. Nur in einem Prozentsatz von weit unter 5 Prozent ergeben sich echte Früherkennungsuntersuchungen bei einer präformierten Morbidität, zusätzliche diagnostischen bzw. invasiv-therapeutische Prozeduren, aber auch hervorragende, kurative Heilungsaussichten im expliziten Frühstadium von Erkrankungen.

3. Derzeit etwa 50 verschiedene Krebsregister und inkompatible Datenerhebungs-Systeme in Deutschland kann man wahrlich als "Neue Unübersichtlichkeit" (Jürgen Habermas) bezeichnen.

4. Um Krebs als inzwischen zweithäufigste Todesursache vorsorglich zu detektieren, zu untersuchen, differenziert zu diagnostizieren und stadiengerecht kurativ bzw. palliativ zu behandeln, bedarf es eines bundesweit einheitlichen Krebsregisters, vergleichbar mit Großbritannien und Skandinavien. Umfassende epidemiologische Untersuchungen mit Schwerpunkt Versorgungsforschung würden zum Erkenntnisfortschritt beitragen.

5. Dafür muss das deutsche Präventionschaos beendet werden: Noch im letzten Jahrtausend wurden jahrzehntelang Krebsvorsorgedokumentationen als Muster 40a für Männer ausgefüllt, bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) archiviert, aber zuletzt weggeworfen. Denn sie konnten mangels intelligenter Erhebungsmethodik nie evaluiert werden. Berichtsvordrucke Muster 30 ("Check-Up-35") als "Gesundheitsuntersuchung" sehen z. B. nicht mal die Rubrik "Krebserkrankung" vor! Von irgendeiner Erhebung/Auswertung der Risikofaktoren ganz zu schweigen.

6. Implementierungen von Adipositasberatung, Prävention von Nikotinabusus, Alkohol- und anderen Abhängigkeitserkrankungen, Fehlernährung als karzinogene Kofaktoren stehen weder auf der KV-, KBV- oder GKV-Agenda.

7. Krebsvorsorge beim Mann findet kaum Akzeptanz: Während bei Frauen ab 20, 30 und 50 Jahren differenzierter Früherkennungsumfang gynäkologischerseits jahrzehntelsng implementiert wurde, herrscht beim Mann dagegen Leitlinienchaos: Ab 45 Jahren Genital-, Prostata-Vorsorge bzw. -Früherkennungsuntersuchungen. Hautuntersuchungen ab 35. Digitale Darmuntersuchungen aber erst ab 50. Keine verbindlich evaluierte PSA-Testung.

8. Von 50 bis 55 Jahren 1 x jährlich "immunological faecal blood test (iFOBT). Männer (und auch Frauen!) ab 55 Jahren, die k e i n e Präventivkoloskopie machen lassen, sollen (zur Strafe?) nur alle 2 Jahre einen iFOBT bekommen, obwohl in diesen 10 Jahren Darmkrebsprävalenz und -inzidenz besonders ansteigen. Mit 55 die erste Präventivkoloskopie und mit 65 Jahren die zweite durchgeführt, senken Morbidität und Mortalität hochsignifikant.

9. Wenn nur bei Männern bei diesem Vorschriften-Desaster auch noch die 1. Präventiv-Koloskopie auf das 50. Lebensjahr vorverlegt werden soll, hilft das nicht weiter, wenn die Beteiligung daran weiterhin viel zu gering ist.

10. Genau dieses KBV-Wirrwarr, im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) für Männer festgeschrieben, fördert Frustration, Demotivation und Entmutigung in der Krebs-Prävention, bei Vertragsärzten wie Patienten gleichermaßen. Da helfen auch vollmundige Einladungsschreiben nicht weiter!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund (z.Zt. Mauterndorf/A)

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