US-Präsident als Medizinautor

Obama würdigt im JAMA seine gesundheitspolitischen Erfolge

Mutig oder Hofberichterstattung? Im renommierten Journal of the American Medical Association (JAMA) darf der US-Präsident die Erfolge von "Obamacare" in aller Ausführlichkeit erläutern. Das ruft seine Kritiker auf den Plan.

Von Claudia Pieper Veröffentlicht:
Auf der großen Medizinbühne: US-Präsident Obama durfte im renommierten JAMA seine gesundheitspolitischen Erfolge darstellen. Seine Gegner finden das unseriös.

Auf der großen Medizinbühne: US-Präsident Obama durfte im renommierten JAMA seine gesundheitspolitischen Erfolge darstellen. Seine Gegner finden das unseriös.

© Joshua Roberts / dpa

Zu den vielen Aufgaben und Privilegien eines US-amerikanischen Präsidenten gehört es in der Regel nicht, Artikel in Fachzeitschriften zu veröffentlichen – schon gar nicht in medizinischen. Genau dazu hatte Präsident Obama aber in diesen Tagen Gelegenheit.

Eine der letzten Ausgaben des renommierten JAMA (Journal of the American Medical Association) enthält einen "Special Communication"-Beitrag des Staatsoberhaupts, in dem Obama die Erfolge der unter ihm verabschiedeten Gesundheitsreform herausstreicht. Er beschreibt Herausforderungen und gibt Handlungsempfehlungen.

Zahl der Nichtversicherten massiv gesunken

Stolz weist Obama darauf hin, eines der Hauptziele des Affordable Care Acts (ACA) verwirklicht zu haben: Die Zahl der Nichtversicherten in den Vereinigten Staaten ist seit In-Kraft-Treten der Reform von 49 auf 29 Millionen gesunken.

Darüber hinaus zeigt der Präsident anhand von Regierungsdaten, dass sich nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität des Versorgungszugangs verbessert hat: So weist er auf niedrigere Infektions- und Wiedereinweisungszahlen in Krankenhäusern hin und referiert Studien über positive Entwicklungen mit Blick auf die allgemeine Patientenbefindlichkeit.

Obama: Lob für ergebnisorientierte Vergütung

Fortschritte sieht Obama auch in der Begrenzung der Versorgungskosten. Er streicht heraus, dass die Reform wichtige Veränderungen bei der Vergütung der Leistungsanbieter gebracht habe: Honoriert werde nicht mehr nur pro einzelne Leistung, sondern vermehrt auf Basis einer ergebnisorientierten Zahlungsbündelung.

Bereits 30 Prozent der Leistungen der traditionellen Seniorenversicherung Medicare werden heute durch "alternative Zahlungsmodelle" (wie etwa ACOs - Accountable Care Organizations) abgewickelt, so Obama.

Der US-Präsident verschweigt nicht, dass es weiterhin Herausforderungen gibt: Vielen US-Amerikanern fällt es schwer, ihre Versicherungs- und Selbstkostenbeiträge zu schultern; manche stehen aus Kostengründen immer noch ohne Versicherung da.

Hier und an diversen anderen Stellen kann es sich der Präsident nicht verkneifen, die politische Opposition zu kritisieren. Noch immer weigerten sich 19 Bundesstaaten, die Armenversicherung Medicaid zu erweitern, beklagt Obama. Außerdem kreidet er es den Republikanern an, sich Verbesserungen in den Weg zu stellen – auch solchen, die sie in der Vergangenheit selbst befürwortet hätten.

Künftigen Gesetzgebern legt der Präsident unter anderem ans Herz, eine öffentliche Krankenversicherungsoption in Erwägung zu ziehen. Insbesondere dort, wo private Anbieter nicht genug Wettbewerb erzeugen, wäre eine staatliche Alternative von Vorteil, so Obama.

JAMA-Ausgabe: Auch die Gegner kommen zu Wort

Wohl wissend, dass es politisch kontrovers war, den Präsidenten in JAMA zu Wort kommen zu lassen, veröffentlichte die Redaktion weitere Beiträge, die Obamas Betrachtungen kritisch unter die Lupe nehmen.

Jonathan Skinner, Ökonome an der Dartmouth-Universität und Mitautorin Amitabh Chandra von der Harvard-Universität bezweifeln, dass langsamere Kostensteigerungen das Verdienst von "Obamacare" sind. Stuart Butler vom Brookingsinstitut beklagt, dass die Versicherungs- und Versorgungskosten vor allem für die amerikanische Mittelklasse zu hoch sind.

Dennoch hat sich JAMA mit der Veröffentlichung von Obamas Beitrag viel Kritik eingefahren. Einem amtierenden Präsidenten in einer medizinischen Fachzeitschrift die Gelegenheit zu geben, sich selbst auf die Schultern zu klopfen und seine politischen Gegner aufs Korn zu nehmen, sei unerhört, erregten sich etwa die Wissenschaftler Alex Berezow und Tom Hartsfield in der Los Angeles Times.

Die JAMA-Redaktion verteidigte ihre Entscheidung: Obama sei wie jeder andere Autor durch einen rigorosen Redigierungsprozess gegangen und habe sein Manuskript mehrfach den hohen Ansprüchen angepasst, sagte JAMA-Sprecher Jim Michalski laut Washington Post.

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