Lauterbach klagt Ärzte an

Patientenakten nach Kunstfehlern manipuliert?

Schwere Vorwürfe von Professor Lauterbach: Viele Ärzte manipulieren Patientenakten, um Behandlungsfehler zu vertuschen. Das soll Lauterbach zumindest "Report Mainz" gesagt haben. BÄK-Chef Montgomery kontert die Attacke scharf.

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Wer Patientenakten manipuliert, macht sich strafbar.

Wer Patientenakten manipuliert, macht sich strafbar.

© imagebroker/ imago

BERLIN (sun/af). SPD-Politiker Professor Karl Lauterbach hat Nachbesserungen am geplanten Patientenrechtegesetz gefordert. Er warf den Ärzten vor, die Daten in Patientenakten nach Behandlungsfehlern häufig nachträglich zu manipulieren.

Davor seien Patienten auch mit dem geplanten Patientenrechtegesetz nicht ausreichend geschützt. Das geht aus einer Mitteilung der Sendung "Report Mainz" hervor, der Lauterbach ein Interview gegeben hat.

"Die Manipulation von Patientenakten ist tatsächlich eine Unkultur, die mehr und mehr zunimmt", so Lauterbach.

Lauterbach forderte darin einen Entschädigungsfonds von Krankenkassen und Ärzten, um Opfern ärztlicher Behandlungsfehler schnell zu helfen. Die Sendung lief am Dienstag um 21:45 Uhr in der ARD.

Keine Statistiken verfügbar

Statistiken, wie viele Patientenakten gefälscht würden, um Behandlungsfehler zu vertuschen, gebe es nicht, sagte Susanne Mauersberg von der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Der Grund: Anwälte rieten ihren Mandanten meist davon ab, bei vermuteten Behandlungsfehlern vom zivilrechtlichen in ein strafrechtliches Verfahren zu wechseln, weil dies länger dauern könne. Zudem gingen die Originalakten dann an die Staatsanwaltschaften.

Grafologische Gutachten ohne Originalakten einzuholen, sei schwierig. Deshalb würden manipulierte Akten vor Gericht nie relevant.

Das Patientenrechtegesetz schaffe keine Abhilfe. "Die Beweislast liegt zu 100 Prozent beim Patienten, die Beweismittel hält zu 100 Prozent der Arzt", sagte Mauersberg.

Montgomery kontert Vorwürfe

Der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Frank Ulrich Montgomery, wies die Verdächtigungen scharf zurück.

Es werde oft einfach nur behauptet, Ärzte fälschten Patientenakten. "Das muss erst einmal bewiesen werden".

Mit Sicherheit sei die Manipulation "kein massenhaftes Problem." Das Fälschen von Dokumenten sei strafbar. "Darüber müssen wir nicht diskutieren", so der BÄK-Chef.

Änderungen im geplanten Patientenrechtegesetz seien jedoch nicht sinnvoll. "Wenn ein grober Behandlungsfehler vorliegt, gilt bereits heute die Beweislastumkehr", sagte der BÄK-Chef der "Ärzte Zeitung".

Dies sei bislang Richterrecht und werde mit dem geplanten Patientenrechtegesetz kodifiziert.Das Patientenrechtegesetz wird am kommenden Freitag erstmals im Bundestag beraten.

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Kommentare
Uwe Schneider 26.09.201208:48 Uhr

Revisionssicherheit elektronischer Patientenakten und verstärkte ärztliche Kommikation als Lösungsmöglichkeiten

Auch wenn es nicht die Regel ist, dass Patientenakten bei Behandlungsfehlervorwürfen manipuliert werden, so ist doch die bloße Möglichkeit schon problematisch. Wenn der Vorwurf massiv genug ist, wird sich dann der eine oder andere Arzt von der Strafbarkeit entsprechenden Handelns wohl nicht abschrecken lassen, zumal die Entdeckungswahrschneilichkeit eher gering ist. Dies gilt zumal bei der heute zunehmend verbreiteten elektronischen Dokumentation. Hier sollte der Gesetzgeber oder die Selbstverwaltung Anforderungen an die Revisionssicherheit solcher elektronischer Patientenakten einführen, wie es im Bereich der elektronischen Buchführungssysteme schon länger weitgehend der Fall ist. D.h. nicht, dass man keine Befunde, Diagnosen o.Ä. mehr korrigieren könnte, nur eben nicht unbemerkt. Es müsste automatisch eine nicht änderbare Historie der Eintragunen angelegt werden.

Eine andere, ergänzende Lösung ist die Intensivierung der ärztlichen Kommunkation. Wenn einige mitbehandelnde Ärzte - mit Einwilligung des Patienten freilich - genau über die Behandlung informiert sind, weil praktisch alle Daten auch an sie übermittelt werden, dann sind Fälschungen durch einen Arzt viel leichter aufzudecken. Gleiches gilt, wenn der Arzt dem Patienten selbst proaktiv eine Zusammenfassung entsprechender Daten bei bzw. vor der Behandlung schriftlich aushändigt, was in einem Änderungantrag zum Patientenrechtegesetz auch vorgesehen ist.

Dipl.-Med Wolfgang Meyer 25.09.201217:48 Uhr

Was will Professor Lauterbach damit erreichen?

Geht es ihm darum, wieder einmal in den Schlagzeilen zu erscheinen? Es erscheint zumindest plausibel, nachdem lange nichts von ihm zu hören war! Es ist wohl eine "Binsenwahrheit", daß es natürlich Manipulationen in den Unterlagen von Patienten gibt. Und so wie es BÄK-Präsident Montgomery sagt, ist dies nicht die Regel, sondern es sind strafbare Einzelfallverfehlungen, denen nachzugehen ist, wenn sie denn ruchbar werden. Leider sind derartige Fälle in Deutschland immer wieder auch mit langwierigen Verläufen und leidvollen Erfahrungen für die betroffenen Patienten verbunden. Nicht helfen werden hier jedoch solche plakativen Anschuldigungen eines Politikers, der wenig Sensibilität zeigt, wirklich etwas für die Verbesserung der Situation zu tun. Hier soll in einer "Hau drauf-Mentalität" wieder die gesamte Berufsgruppe diskreditiert werden! Derartigen Äußerungen sollte man so wenig wie möglich Aufmerksamkeit widmen, sie als Ärzteschaft aber soweit ernst nehmen, daß man den Patienten hilft, wenn solche unethischen Vergehen
publik werden.

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