Unabhängige Patientenberatung

Patientenvertreter drohen mit Ausstieg aus Lauterbachs UPD-Neustart

Das Gesundheitsministerium räumt dem GKV-Spitzenverband weitgehend freie Hand beim Aufbau einer Stiftung zur Unabhängigen Patientenberatung ein. Der Patientenbeauftragte der Regierung sieht die Unabhängigkeit in Gefahr.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Offene Zukunft. Die geplanten Strukturen der neuen Unabhängigen Patientenberatung sind umstritten.

Offene Zukunft. Die geplanten Strukturen der neuen Unabhängigen Patientenberatung sind umstritten.

© UPD / Ausserhofer

Berlin. Der GKV-Spitzenverband und das Bundesgesundheitsministerium haben sich offenbar bilateral über die Zukunft der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) geeinigt. Dazu hat am Vormittag der Verwaltungsrat des Spitzenverbandes getagt. Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung Stefan Schwartze (SPD) reagierte vergrätzt: Die Einigung gefährde die Unabhängigkeit der geplanten Beratungstätigkeit. Patientenorganisationen kündigten an, das Projekt nicht mehr zu unterstützen.

Der GKV-Spitzenverband hatte im Vorfeld die Pläne zur rechtlichen Neuordnung der UPD zunächst abgelehnt. In der Stellungnahme zum Gesetzentwurf bezeichnete der Verband die Gesetzgebungskompetenz des Bundes als „problematisch“. Bei der im Gesetzentwurf geplanten UPD handele sich nicht um „Sozialversicherung“ im eigentlichen Sinne.

GKV sieht sich als Treuhänder der Versichertenbeiträge

Schließlich sollten die Leistungen unabhängig vom Versichertenstatus erbracht werden und auch Rechtsberatung für alle Bürgerinnen und Bürger vorsehen. Um die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu erfüllen, müsse der Spitzenverband als Treuhänder der Beitragsgelder, aus denen die UPD finanziert werden solle, maßgebliche Mitbestimmungsrechte erhalten.

Der GKV-Spitzenverband soll die UPD mit 15 Millionen Euro im Jahr aus Beitragseinnahmen finanzieren. Die PKV soll einen Anteil davon übernehmen.

Am Donnerstag tagte dazu der Verwaltungsrat des Spitzenverbandes. Dabei hätten die Räte beschlossen, nun doch an der Errichtung der Stiftung „Unabhängige Patientenberatung“ mitzuwirken. Grundsätzlich sehe man aber als beste Lösung eine Finanzierung aus Steuermitteln, teilte der Verband mit. Die Gespräche mit dem Gesundheitsministerium ordnete der Verwaltungsrat als „konstruktiv“ ein.

Ministerium macht Zugeständnisse

Die Führungsebene des Ministeriums hatte dem Kassenverband im Vorfeld Zugeständnisse gemacht. In einem Schreiben des Ministeriums, das die bisherigen Gespräche zusammenfasst, heißt es, dass der Schwerpunkt der Informations- und Beratungstätigkeit der künftigen Stiftung UPD in erster Linie auf gesetzlich Versicherten liegen solle. Das Schreiben liegt der Ärzte Zeitung vor.

Zudem verweisen die parlamentarische Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) und Staatssekretär Dr. Thomas Steffen darauf hin, dass dem GKV-Spitzenverband als Errichter der künftigen Stiftung die „wichtige Rolle“ zufalle, der Stiftung eine Satzung zu geben. In diesem Zusammenhang könne er im Einvernehmen mit dem Ministerium und dem Patientenbeauftragten die Grundlagen und die Tätigkeit der Stiftung konkretisieren. Schwerpunkt solle der Leistungskatalog des SGB V sein.

Dies könnte allerdings implizieren, dass die Beratung von privat und gar nicht Versicherten hinten runterfallen könnte. Der PKV-Verband geht ohnehin davon aus, dass die UPD aus Steuermitteln finanziert gehöre.

Patientenbeauftragter meldet „große Zweifel“ an

Das Ministerium hat dem Spitzenverband darüber hinaus die Möglichkeit eingeräumt, gegen Anträge aus dem Stiftungsrat als einzige der beteiligten Organisationen Einspruch anzumelden und ihn darin zu unterstützen, wenn ein Antrag nach Auffassung des Spitzenverbandes begründet nicht mit einer wirtschaftlichen Haushaltsführung vereinbar sei.

Patientenbeauftragter Schwartze meldete am Donnerstag „große Zweifel“ an, ob unter den sich nun abzeichnenden Voraussetzungen die beste Beratung für die Patientinnen und Patienten erreicht werden könne. Die Einflussnahme auf Beratungsinhalte sei „inakzeptabel“. Er sehe zudem die Gefahr, dass die Patientenorganisationen unter diesen Umständen gar nicht mehr an der geplanten Stiftung mitwirken könnten. Und dies wiederum widerspreche dem ausdrücklichen Willen des Parlaments.

Patientenorganisationen sehen Projekt den Kassen ausgeliefert

Eben diese Patientenorganisationen sehen die Unabhängige Patientenberatung unter diesen Kautelen „vollständig den Krankenkassen“ ausgeliefert. Der GKV-Spitzenverband sei nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Ausgerechnet der Teil der Selbstverwaltung, der seit mehr als 15 Jahren am häufigsten von den Patientinnen und Patienten kritisiert werde, solle nun das „absolute Sagen“ bekommen, heißt es bei Patientenorganisationen und Verbraucherschützern.

Die Organisationen kündigten am Donnerstag an, dass sie nicht an einer UPD mitwirken würden, die derart vollständig unter der Regie des Spitzenverbandes stehe. Für unabhängige Beratungsarbeit stünden die Organisationen auf allen Ebenen zur Verfügung. Zu diesen Organisationen gehören unter anderem die BAG Selbsthilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft PatientInnenstellen, der Sozialverband Deutschland, der VdK und der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Hans Christoph 20.07.202317:10 Uhr

Patientenvertreter ? drohen mit Ausstieg aus Lauterbachs UPD-Neustart.. bravo.. bravo..
------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
grundsätzlich stellt sich für uns, die Zwangsbeitragszahler / innen die Gretchenfrage, schlichtweg OHNE irgendeine Mitsprache werden hier wieder unsere Zwangsbeiträge verbraten .. und wofür ? um einen sich selbstversorgenden
UPD und deren Kostgänger / innen j krisensicher und begrenzt zu versorgen. NEIN ..NEIN .NEIN.
Der sogenannnte Patientenbeauftragte der Bundesregierung, wie Schwartze heißt der Herr, hat es schlchtweg garnicht nötig auf dezidierte Anfragen unserer Senioren / Seniorinnen zu antworten.. er fühlt sich belästigt.. Er möchte in Ruhe
seine unnötigen Versorgungsbezüge aus unseren Steuergeldern beziehen.. in der Ruhe liegt die Kraft = sein Motto..
Bei der Lethargie, eines Teiles der deutschen Bevölkerung ,könnte dies sogar gelingen ?

PRO Senioren PAKT

Hans Christoph antwortete am 28.07.202313:23 Uhr

UPD muss einfach ersatzlos begraben werden , da total unnötig... Patientenvertreter Schwartz, ohne Vollmacht, versucht seine Existenzberechtigung zu rechtfertigen... solche Kostgänger sind ebenfalls komplett entbehrlich, da rein politische
Pöstchen, wie auch Frau Moll mit der roten Jacke, ach ja passt (SPD) weg mit solchen Kostgängern der Demokratie.

PRO Senioren PAKT

Sonderberichte zum Thema
Detailansicht eines Windrades: Bringt eine ökologisch nachhaltige Geldanlage auch gute Rendite? Anleger sollten auf jeden Fall genau hinschauen.

© Himmelssturm / stock.adobe.com

Verantwortungsbewusstes Investment

„Nachhaltig – das heißt nicht, weniger Rendite bei der Geldanlage!“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?

Lesetipps
Viele gesunde Lebnesmittel, darunter Gemüse, Lachs und Sesam, liegen auf einem Tisch.

© aamulya / stock.adobe.com

Leckere und gesunde Ernährung

Remission bei Morbus Crohn: Das glückt auch mit einer rein oralen Diät

Moderne Grafik eines Gehirns und eines Darms nebeneinander. Der Hintergrund ist mehrfarbig.

© KI-generiert watz / stock.adobe.com

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa

Psychische Erkrankungen begünstigen CED-Schübe

Ein Modell eines Herzens steht auf einem Tisch.

© Jonima / stock.adobe.com (Generi

DGK-Jahrestagung

Präzisionsmedizin: Die Kardiologie ist auf dem Weg