Umfrage der Diakonie

Personal- und Finanzsorgen: Deutschlands ambulante Pflegedienste funken SOS

Laut einer Umfrage der Diakonie Deutschland fühlen sich immer mehr ambulante Pflegedienste in ihrer Existenz bedroht – für das Gesundheitssystem sei das ein alarmierender Befund.

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Mitarbeiterin beim mobilen Pflegedienst: Die wirtschaftliche Lage in der ambulante Pflege wird laut Diakonie schlimmer.

Mitarbeiterin beim mobilen Pflegedienst: Die wirtschaftliche Lage in der ambulante Pflege wird laut Diakonie schlimmer.

© Philipp von Ditfurth / dpa / picture alliance

Berlin. Die wirtschaftliche Lage ambulanter Pflegedienste spitzt sich laut einer Umfrage der Diakonie Deutschland immer weiter zu. Knapp 73 Prozent der befragten Einrichtungen beurteilen ihre wirtschaftliche Situation demnach als „angespannt“ – mehr als jeder zweite Pflegedienst (54 Prozent) hat 2022 mit einem Jahresdefizit abgeschlossen.

62 Prozent erwarten für dieses Jahr ein Ergebnis im Minusbereich. Etwa ein Drittel der Pflegedienste gibt an, nur noch eine Liquiditätsreserve von drei Monaten oder weniger zu haben. Maria Loheide, Diakonie-Vorstandsmitglied für Sozialpolitik, sprach am Samstag von einem Alarmsignal. „Die häusliche Versorgung pflegebedürftiger Menschen ist akut gefährdet.“ Ambulante Pflegedienste stellten eine unverzichtbare Säule des Gesundheitssystems dar.

„Kassen lassen sich bei Bezahlung zu viel Zeit“

Von den rund 4,9 Millionen Pflegebedürftigen werden derzeit 84 Prozent zu Hause versorgt. Davon nehmen rund 30 Prozent Pflegesachleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch. Die übrigen 70 Prozent werden teilweise ebenfalls durch ambulante Pflegedienste im Bereich der häuslichen Krankenpflege versorgt.

Ursachen der schlechten Wirtschaftslage sind nach Angabe der befragten Pflegedienste der Fachkräftemangel, die wegen der gestiegenen Personal- und Sachkosten nicht mehr ausreichende Vergütung, aber auch der Zahlungsverzug der Kostenträger. „Die Kranken- und Pflegekassen, aber auch viele Kommunen als Sozialhilfeträger lassen sich bei der Bezahlung von Rechnungen sowie bei den Vergütungsabschlüssen zu viel Zeit“, kritisierte Loheide.

Steigende Personalkosten aufgrund von Tarifsteigerungen oder hoher Krankenstände würden von den Kostenträgern nicht oder zu spät anerkannt, so Loheide. Das gleiche gelte für die wegen der hohen Inflation höheren Sachkosten. Fatal sei, dass pflegebedürftige Menschen die Leistungen der ambulanten Pflegedienste reduzierten oder abbestellten, weil Leistungen der Pflegeversicherung nicht ausreichten, um Pflege weiter im bisherigen Umfang zu finanzieren.

Monitoring zur Lage der ambulanten Pflege

Loheide betonte, die Pflegeeinrichtungen könnten nicht dauerhaft in Vorleistung gehen. Tarifsteigerungen müssen in den Vergütungen umgehend berücksichtigt sein, Vergütungsverhandlungen dürfen nicht „verschleppt“ werden, forderte das Vorstandsmitglied. Die Situation der Pflegedienste müsse in einem flächendeckenden Monitoring erfasst, bürokratische Anforderungen verringert und die Sachleistungen der Pflegeversicherung an den Bedarf und die gestiegenen Kosten angepasst werden.

Die Online-Befragung der Diakonie fand im Sommer 2023 statt. An der Umfrage beteiligten sich den Angaben zufolge 526 Träger ambulanter Pflegedienste und Diakonie-Stationen, die teilweise mehrere ambulante Dienste betreiben. Dies entspreche einer Beteiligung an der Umfrage von 45 Prozent. (hom)

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