Pflege-Bahr könnte teuer werden

Kurios: Mit der Pflege-Förderung will Gesundheitsminister Bahr die private Vorsorge fördern. Doch der Schuss könnte nach hinten losgehen: Die Versicherer warnen, dass sich dadurch die Policen verteuern können.

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Viel Pflege und ein Gesundheitsminister.

Viel Pflege und ein Gesundheitsminister.

© Rainer Jensen / dpa

KÖLN (iss). Die privaten Krankenversicherer (PKV) sehen die geplante Einführung einer geförderten privaten Zusatzversicherung für die Pflege mit vorsichtigem Optimismus.

"Grundsätzlich begrüßen wir, dass die Bundesregierung den Schritt geht, die Leistungslücke in der sozialen Pflegeversicherung durch Kapitaldeckung zu schließen", sagt der Direktor des PKV-Verbands Dr. Volker Leienbach.

Das Signal, dass die Menschen selbst etwas für die Pflege-Vorsorge tun müssen, sei wichtig.

Ob die Förderung von fünf Euro ausreicht, um die Pflegeversicherung generationengerechter zu gestalten, hänge von den konkreten Bedingungen für die Policen ab.

Klar ist, dass die Branche hier nicht nach ihren gewohnten Prinzipien arbeiten kann, also mit Gesundheitsprüfungen und Ausschlüssen. Das hat Auswirkungen auf die Kalkulation der Prämien.

"Voraussichtlich werden die geförderten gegenüber den nicht geförderten Policen teurer werden", sagt Leienbach. Die neuen Produkte hätten nur dann eine Chance im Markt, wenn die fünf Euro die Mehrbelastung durch die neue Kalkulation mindestens kompensieren.

Grundsätzliches Lob für die Pläne

Die PKV-Unternehmen würden nun prüfen, welche preislich attraktiven Produkte im Rahmen der geplanten Förderkriterien möglich sind, kündigt er an.

"Wir begrüßen grundsätzlich den Einstieg in eine vermehrte Kapitaldeckung in der Pflegeversicherung und Modelle, bei denen möglichst viele Menschen in Deutschland an der Förderung teilhaben können", sagt DKV-Chef Dr. Clemens Muth.

Wichtig sei, einen möglichst einfachen Rahmen auszugestalten, damit die Produkte hinreichend attraktiv werden können, sagt Muth.

Debeka-Vorstand Roland Weber hält die Entscheidung für die Förderung der privaten Zusatzversicherungen zwar ebenfalls für einen Schritt in die richtige Richtung.

"Die demographische Falle, in der die soziale Pflegeversicherung steckt, wird damit aber nicht gelöst", sagt er.

Ende 2011 hatten die Versicherer fast 1,9 Millionen Pflegezusatzpolicen in ihren Beständen, das waren elf Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Auch wenn das Segment in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt hat, spielt es für die Private Krankenversicherung noch eine untergeordnete Rolle.

Von den branchenweiten Prämieneinnahmen entfielen 2010 mit 439 Millionen Euro gerade einmal 1,8 Prozent auf diese Angebote.

Lesen Sie dazu auch den Standpunkt von Anno Fricke: Kein Hurra für den Pflege-Bahr

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Kommentare
Robert Herrlich 07.06.201217:30 Uhr

Pflege-Spielchen

Abgesehen davon, dass hier wieder einmal die private Versicherungswirtschaft direkt aus dem Topf des Steuerzahlers für Provisionen und andere Kosten subventioniert wird, hilft die sogenannte kapitalgedeckte Versicherung nicht weiter. Erstens wird bereits in naher Zukunft mehr Geld benötigt und nicht irgendwann und zweitens sollten wir langsam verstehen, welche Risiken hinter dem wohlklingenden Begriff "Kapitaldeckung" stehen. Oder ist die Finanzkrise nur eine theoretische Angelegenheit? Wenn heute bereits Staatsanleihen nicht mehr sicher sind, wird es wohl für die private Versicherungswirtschaft immer schwieriger und risikoreicher, Geld anlegen zu können. Und was ist, wenn sich die sogenannte Kapitaldeckung in Luft aufgelöst hat? Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit (Pensionsfonds etc.) gibt es doch wohl genug. Wenn schon Rücklagen gebildet werden sollten (was sicher vernünftig ist), dann könnte das auch im System der gesetzlichen Pflegeversicherung geschehen und zwar zu einem minimalen Verwaltungskostenbetrag. Aber da würden ja die Freunde der Partei von Herrn Bahr nichts verdienen...

Dr. Thomas Georg Schätzler 07.06.201213:32 Uhr

Pflege-Posse mit Daniel Bahr (FDP) !

Für wie dumm halten die Bundesregierung und Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) die Bevölkerung bei dieser Posse um die private Pflege-Vorsorge?

• Mehr als fünf Euro monatlich würden alleine durch Provisionen und Verwaltung von den Versicherungskonzernen aufgefressen.

• Einkalkulierte Haushaltskosten von 100 Millionen € reichen gerade für 1,67 Millionen neue Versicherungsverträge. Bei 81,9 Millionen Einwohnern (Stat. Bundesamt) bleiben damit knapp achtundneunzig (!) Prozent o h n e Pflegezusatzversicherung.

• Geradezu grotesk ist die Darstellung der Versicherungswirtschaft, dass sie hier n i c h t mit Gesundheitsprüfungen und Ausschlüssen hantieren will. Denn das ist zugleich ihr Argument, dass alles wesentlich t e u r e r würde, als der marginale 5-€-Zuschuss der Regierung.

• Wenn jede/r von den gesamten Lohn- und Kapitaleinkünften seinen Anteil für die bestehende Pflegeversicherung beisteuerte, wie es in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze der Fall ist, wäre das eine klare, zukunftssichere Lösung ohne unausgegorene Kapitaldeckungsmärchen.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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