BÄK-Stellungnahme
Post-COVID: Hausärzten kommt bei der Diagnose besondere Bedeutung zu
Für die Betroffenen von Post-COVID sollten Versorgungsstrukturen aufgebaut werden, fordert die Bundesärztekammer. Rechnerisch ist jeder sechste Erwachsene COVID-19-Patient von Langzeitfolgen betroffen.
Veröffentlicht:Berlin. Mehr als 32 Millionen Mal seit Beginn der Coronavirus-Pandemie haben Ärzte in Deutschland bereits die Diagnose COVID-19 gestellt. Nicht für alle endet ihr Leiden nach ein paar Tagen akuter Erkrankung. Statistisch gesehen entwickelt jeder sechste erwachsene Betroffene (15 Prozent) ein Post-COVID-Syndrom (PCS).
Das bedeutet per definitionem, rund 20 Wochen unter Symptomen wie Fatigue und Beeinträchtigungen von Geruchs- und Geschmackssinn zu leiden, ohne dass es eine andere Erklärung als COVID dafür gibt. Schul-, Ausbildungs- und Arbeitsunfähigkeit können die Folge sein.
Versorgung hat Verbesserungsbedarf
Auf diesen Aspekt der Pandemie weist der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer (BÄK) in einer aktuellen Stellungnahme hin. Ziel der Forschungsarbeit soll sein, politischen Entscheidungsträgern die bestmögliche Evidenz an die Hand zu geben.
Konsequenz der wissenschaftlich nun untermauerten Erkenntnisse müsse eine Anpassung der Versorgungsstrukturen sein, betonten Vertreter der Bundesärztekammer und ihres Beirats am Dienstag in Berlin.
In bestehende Zentrenstrukturen sollten regionale PCS-Zentren integriert werden, sagte Professor Michael Hallek, Direktor des Centrums für Integrierte Onkologie Aachen, Bonn, Köln, Düsseldorf, unter dessen Federführung der Arbeitskreis „Long-COVID“ des Wissenschaftlichen Beirates der BÄK wirkt. Die interdisziplinäre und sektorenverbindende Betreuung der betroffenen Patienten habe Verbesserungsbedarf.
Grundsätzlich müsse der Ausbau von therapeutischen Einrichtungen mit Post-COVID-Expertise vorangetrieben werden. Bei der Diagnose von Post-COVID komme den Hausärzten und grundversorgenden Fachärzten besondere Bedeutung zu. „Für Hausärzte ist es leichter, ein Post-COVID-Syndrom zu diagnostizieren. Sie kennen den Kontext der Patienten“, sagte Klaus Reinhardt.
Hallek ruft zur Kooperation auf
Die Erkenntnisse des Wissenschaftlichen Beirates legen nahe, dass im Augenblick kein eindeutiger Marker für eine eindeutige Diagnose bekannt ist. Es gebe nur symptomorientierte Ansätze. „Die Probleme mit der Diagnose kann nicht eine Fachgruppe alleine lösen“, sagte Michael Hallek. Sie müssten in enger Abstimmung der Fachgruppen untereinander angegangen werden.
Besonders gefährdet seien mitteleuropäische Frauen weißer Hautfarbe mittleren Alters, Menschen mit Vorerkrankungen wie Asthma, psychischen Störungen, Diabetes mellitus, Fettleibigkeit und hohem Blutdruck und COVID-19-spezifisch betrachtet Menschen mit mehr als fünf akuten Symptomen, hoher Viruslast und Durchfall. Auch der Impfstatus könne eine Rolle spielen, sagte Hallek. COVID-Impfungen schienen die Risiken für Langzeitfolgen zu verringern.
Omikron und Post-COVID muss noch beforscht werden
Die Auswertung tausender von Studien habe zudem ergeben, dass krankhafte Erschöpfung und Atembeschwerden sowie Kopf-, Brust- und Gelenkschmerzen, Husten, Haarausfall, gastrointestinale und neurologische Symptome , Kreislaufprobleme sowie Riech- und Geschmacksstörungen Hinweise auf Post-COVID liefern könnten.
Hallek wies darauf hin, dass die Forschung an PCS bislang stark an der Delta-Variante des Virus ausgerichtet sei. Welche Langzeitfolgen die jüngeren Omikron –Varianten ausbildeten, werde weiter beobachtet. Die Forschung an PCS müsse weiter ausgebaut werden. (af)