Bundestags-Marathon

Prävention zur Geisterstunde

Entscheidung um Mitternacht: Die Debatte im Bundestag blieb bei dem hoch umstrittenen Präventionsgesetz aus. Es ist ohnehin fraglich, ob das Gesetz den Bundesrat passiert.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:
Bis fast ein Uhr morgens tagte der Bundestag vergangene Woche in Berlin.

Bis fast ein Uhr morgens tagte der Bundestag vergangene Woche in Berlin.

© Kay Nietfeld / dpa

BERLIN. Um 0:52 Uhr war Schluss: Zuvor hatte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) eine Stunde und 25 Minuten am Stück gelesen. Kontroverse Debatten im Bundestag?

Keine Spur: Das hoch umstrittene Präventionsgesetz war am späten Donnerstagabend um 23:45 Uhr dran, dazu sprach allein Thierse etwa fünf Minuten lang und rief einen Antrag nach dem Nächsten auf.

Alle geplanten Reden der Abgeordneten wurden zu Protokoll gegeben. Es seien viele Anträge zu Gesundheitsthemen gewesen, sagte Thierse, und ironisch schickte er hinterher: Er müsse jetzt erst einmal einen "Schluck trinken".

Somit wurde der monatelang heiß diskutierte Gesetzentwurf schnell abgehakt: Der Bundestag beschloss das Gesetz zur Förderung der Prävention mit den Stimmen von CDU, CSU und FDP.

Das Gesetz sieht vor, dass die Krankenkassen künftig mehr Geld für Prävention ausgeben müssen: Die Leistungen dazu sollen ab 2014 von derzeit etwa 205 Millionen Euro pro Jahr auf fast 500 Millionen Euro steigen.

Sieben Euro sollen die Kassen je Versicherten für Prävention aufwenden, einen Euro der Mittel müssen die Kassen an die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) abführen.

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte am Freitag in Berlin dazu: "Gerade in einer Gesellschaft des längeren Lebens werden Gesundheitsförderung und Prävention in jedem Lebensalter wichtiger denn je."

Blockade im Bundesrat erwartet

SPD-Politikerin Angelika Graf nannte das sogenannte Präventionsgesetz "Murks". Es würde zu wenig in Primärprävention investiert, das sei ein Grundfehler im schwarz-gelben Entwurf. Auch die letzten Nachbesserungen zum Gesetzentwurf machten es nicht besser: Die BZgA sei der falsche Akteur bei den Lebenswelten.

Mit dem Präventionsgesetz wurden auch Regelungen zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen beschlossen. Ein Verbot der Bestechlichkeit und Bestechung von Leistungserbringern wie zum Beispiel Ärzten und Apothekern wird damit vorgesehen.

Demnach werden insbesondere Verstöße gegen die sozialversicherungsrechtlichen Verbote der Patientenzuweisung gegen Entgelt unter Strafe gestellt, sofern es sich nur um geringwertige Zuwendungen handelt.

Die SPD hatte bereits zuvor gefordert, dass die Korruptionsbekämpfung nicht im Sozialgesetzbuch versteckt werden dürfe. "Wir brauchen eine Regelung im Strafgesetzbuch, die nicht nur den Wettbewerb, sondern auch die Patienten schützt", forderte Graf.

Dass der Bundesrat das sehr umstrittene Gesetz noch in dieser Legislatur durchwinkt, gilt als sehr unwahrscheinlich: Erst am 20. September - zwei Tage vor der Bundestagswahl - beraten die Länder das Präventionsgesetz. Es ist zwar nicht zustimmungspflichtig, die SPD-Ländermehrheit könnte jedoch den Vermittlungsausschuss anrufen.

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Unter 120 mmHg

Striktere Blutdruckkontrolle bei Diabetes wohl doch sinnvoll

Lesetipps
Eine Frau mit diversen Erkrankungen

© Sebastian / stock.adobe.com / generated AI

Diagnose-Prävalenzen

Wo Autoimmunerkrankungen besonders häufig auftreten

Verpackung des Wirkstoffs Tirzepatid (Mounjaro) mit Aufziehspritze daneben

© Olaf Kunz / stock.adobe.com

SUMMIT-Studie

Tirzepatid auch erfolgreich bei Herzinsuffizienz-Therapie

Physician Assistants und NÄPAs können Hausärzte stark entlasten.

© amedeoemaja / stock.adobe.com

NÄPAS und Physician Assistants

Drei Ärzte, 10.000 Patienten: Delegation macht es möglich