Verringerte Lebenserwartung

Studie: Im Nord-Osten mehr Todesfälle vermeidbar als im Süd-Westen

Manche Todesfälle gelten als vermeidbar – etwa durch Vorsorge, Früherkennung oder effektive Behandlung. Wissenschaftler sehen hier in Deutschland Nachbesserungsbedarf.

Veröffentlicht:
Nach einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung ist die Zahl vermeidbarer Sterbefälle in mehreren Regionen Ostdeutschlands besonders hoch. Deutschland gilt im internationalen Vergleich als wenig erfolgreich bei der Bekämpfung von Rauchen und Alkoholmissbrauch.

Nach einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung ist die Zahl vermeidbarer Sterbefälle in mehreren Regionen Ostdeutschlands besonders hoch. Deutschland gilt im internationalen Vergleich als wenig erfolgreich bei der Bekämpfung von Rauchen und Alkoholmissbrauch.

© Christoph Hardt/Geisler-Fotopress/picture alliance

Wiesbaden. Im Osten und Norden Deutschlands gibt es einer aktuellen Studie zufolge mehr vermeidbare Todesfälle als im Süd-Westen der Republik. Demnach verringern solche Todesfälle die Lebenserwartung besonders stark in Vorpommern und Sachsen-Anhalt, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) am Dienstag in Wiesbaden mitteilte.

„Aber auch einige von wirtschaftlichem Strukturwandel geprägte Regionen in Westdeutschland wie Ostfriesland, das Ruhrgebiet und das Saarland weisen eine ähnlich hohe vermeidbare Sterblichkeit auf.“

Als „vermeidbar“ wurden den Angaben zufolge alle Todesfälle eingestuft, die auf Basis des aktuellen medizinischen Wissensstandes durch Vorbeugung, Früherkennung oder eine optimale Behandlung zu verhindern gewesen wären. In der Studie untersuchten die Forscher gemeinsam mit einem Kollegen der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne mehr als 100 Regionen im deutschsprachigen Raum.

Schweiz und Südtirol verzeichnen geringste Zahl vermeidbarer Todesfälle

Die geringste Zahl vermeidbarer Todesfälle verzeichneten demnach die Schweiz und Südtirol, gefolgt vom Westen Österreichs und dem Süden Deutschlands. Der Anteil der vermeidbaren Todesfälle an allen Sterbefällen betrug in Deutschland den Angaben zufolge im Zeitraum von 2017 bis 2019 rund 19 Prozent. Bei Männern ist der Anteil mit 24 Prozent höher als bei Frauen mit 13 Prozent.

Laut Studie waren in den Jahren 2017 bis 2019 in einigen Regionen Ostdeutschlands insgesamt 245 bis 270 Sterbefälle je 100.000 Einwohner vermeidbar, in vielen süddeutschen Regionen zählten dagegen nur 165 bis 185 Sterbefälle zu dieser Kategorie.

„Obwohl der Süden Deutschlands mit der Metropolregion München und dem südlichen Baden-Württemberg im innerdeutschen Vergleich relativ gut dasteht, ist die vermeidbare Sterblichkeit in der Schweiz und in Südtirol noch einmal merklich niedriger“, erläuterte der Mortalitätsforscher Michael Mühlichen vom Bundesinstitut. Dabei sei der Abstand zur Schweiz und Südtirol in den zurückliegenden Jahren noch gewachsen.

Rauchen, Alkoholmissbrauch, Früherkennung – Deutschland liegt hinten

Nach seiner Einschätzung besteht in allen Regionen Deutschlands noch Potenzial, vermeidbare Todesfälle zu reduzieren – etwa durch mehr Prävention und bessere Früherkennung. Die hohe Zahl an vermeidbaren Todesfällen steht nach Einschätzung der Wissenschaftler im Kontrast zu den Ausgaben der deutschen Gesundheitsversorgung, die pro Kopf im weltweiten Vergleich mit zu den höchsten gehörten. Die Autoren sehen unter anderem Verbesserungsbedarf im Kampf gegen Rauchen oder Alkoholmissbrauch. Auch bei der Früherkennung hinke Deutschland hinterher.

Bei der „vermeidbaren Sterblichkeit“ werden laut Studie Todesfälle im Alter bis 75 Jahren untersucht. Dabei unterscheiden die Forscher auf Basis der Todesursachenstatistik zwischen „medizinisch vermeidbaren“ Fällen, die mit angemessener und rechtzeitiger Behandlung verhindert werden könnten, und solchen Fällen, denen mit effizienter Prävention hätte vorgebeugt werden können. Als Basis der Berechnungen dienten standardisierte Sterberaten. (dpa)

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Expertenrat für Gesundheit und Resilienz

Fachleute fordern gezielte Förderung für die Präventionsforschung

Umfrage unter KVen

Erst sechs Impfvereinbarungen zur RSV-Prophylaxe Erwachsener

Analyse großer US-Studien

Schützt Olivenöl vor dem Tod durch Demenz?

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

© HL

Herbstsymposium der Paul-Martini-Stiftung

Krisenkommunikation war Schwachpunkt in der Pandemie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was bleibt von der Gesundheitspolitik der Ampel, Professor Greiner?

Lesetipps
Dr. Carsten Gieseking

© Daniel Reinhardt

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

70 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025

Eine Spritze für eine RSV-Impfung liegt auf dem Tisch.

© picture alliance / Ulrich Baumgarten

Update

Umfrage unter KVen

Erst sechs Impfvereinbarungen zur RSV-Prophylaxe Erwachsener