Kommentar zu G7
Themenwahl des Treffens ist ein Erfolg für sich
Es wird viel kritisiert - im Vorfeld und im Anschluss an Gipfel wie den diesjährigen der sieben Supernationen im bayerischen Elmau. Nie passt allen alles. Meist passt sogar vielen nichts.
Einiges, was die Politiker im Rahmen der deutschen Präsidentschaft beschlossen haben - und das trifft auch für die Maßnahmen rund um das Top-Thema Gesundheit zu - kritisieren Analysten als nicht weitreichend genug, um den drängenden globalen Herausforderungen begegnen zu können.
Am Ende, bemängeln sie, haben einfach nur sieben Nationen zwei Tage lang an einem großen Tisch gesessen und Abschlusserklärungen unterzeichnet - mit wie so oft ungewissem Ausgang.
So kann man es sehen. Und sich darüber grämen, dass die Absicht der G 7, Antibiotika fachgerecht zu verwenden und endlich mehr Forschung und Entwicklung zu betreiben, zu vage ist, zu spät kommt und aufgrund der divergierenden Interessen von Pharmaindustrie und Wissenschaft zu schwer umzusetzen sei.
Zumal konkrete Finanzierungszusagen fehlen. Schließlich sterben laut WHO circa 700.000 Menschen jedes Jahr in Folge einer Antibiotikaresistenz - Zahl steigend. Und es ist ebenso verheerend, dass es der noch andauernden Ebola-Epidemie in Westafrika bedurfte, um die Welt wachzurütteln.
Um ihr klar vor Augen zu halten, dass Infektionskrankheiten wie diese die zahlreichen Lücken im Netz der globalen Gesundheitspolitik brutal offenbart haben und diese ganz schnell zu schließen sind.
Möglich könnte das sein, wie in Elmau beschlossen, durch den Aufbau und die Stärkung von Gesundheitssystemen in Schwellen- und Entwicklungsländern. Innerhalb der nächsten fünf Jahre sollen mindestens 60 Länder besonders unterstützt werden, heißt es in der Abschiedserklärung.
Oder auch durch einen WHO-Krisenreaktionsfonds und eine Weißhelm-Truppe zum Eingreifen bei Seuchen wie in Genf im Rahmen der 68. Weltgesundheitsversammlung vor zwei Wochen diskutiert und von den G7 in Elmau bestätigt.
Aber: Man kann auch versuchen, es positiv zu sehen. Krankheiten und deren globale Herausforderungen haben es neben gravierenden Krisen und Klimawandeldiskussionen in den Kreis der drei Top-Themen des G 7-Gipfels geschafft.
Merkel und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe ist es gelungen, den eigenen Reihen und den restlichen sechs Großmächten die Tragweite von Antibiotikaresistenzen, Ebola und vernachlässigten Tropenerkrankungen zu vermitteln.
Es bedarf symbolischer Absichtserklärungen wie der von Elmau. Ohne sie geht es in der Diplomatie nicht. Das Problem, das bleibt, ist der Faktor Zeit. Bei immer mehr Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern (LMIC) wirken Antibiotika aufgrund der steigenden Einnahmen durch den niedrigschwelligen Zugang nicht mehr.
Epidemien wie Ebola werden die fragilen Gesundheitssysteme in LMICs erneut schnell an ihre Grenzen bringen. Gleichzeitig ist der Klimawandel Katalysator für das Vorkommen von NTD. Dekarbonisierung in diesem Jahrhundert als Ergebnis ist hervorragend. Aber das Jahrhundert ist noch jung.
Dass die Uhr tickt, muss fest im Bewusstsein der Entscheider verankert sein. Dem schien so zu sein während der Weltgesundheitsversammlung. So muss es auch sein beim Treffen der G7-Gesundheitsminister im Oktober in Berlin und während der Klimakonferenz im Dezember in Paris. Sonst werden künftige G 7-Gipfel nur noch um ein Top-Thema kreisen: Krankheiten.