Forderung auf G7-Gipfel

Weltweite Verschreibungspflicht für Antibiotika

Im internationalen Kampf gegen Antibiotikaresistenzen wollen die G7-Staaten an einem Strang ziehen - das wurde zum Abschluss des Treffens im bayerischen Elmau deutlich. Teil der Strategie soll eine Verschreibungspflicht auf der ganzen Welt sein.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:
Kanzlerin Angela Merkel auf der G7-Abschlusspressekonferenz.

Kanzlerin Angela Merkel auf der G7-Abschlusspressekonferenz.

© Kneffel / dpa

MÜNCHEN. Am zweiten und letzten Tag des G7-Gipfels auf Schloss Elmau standen erstmals auch Fragen der gesundheitlichen Versorgung auf der Tagesordnung.

Der Kampf gegen Ebola und die gemeinsamen Anstrengungen zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen seien Themen, die ihr "sehr am Herzen liegen", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel Montganachmittag in ihrer Abschlusspressekonferenz zum G7-Gipfel.

Im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen wollen die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten den "One-Health"-Ansatz verfolgen: Es sollen alle Bereiche der Human- und Veterinärmedizin sowie der Landwirtschaft und Umwelt berücksichtigt werden.

"Fachgerechte Verwendung" fördern

Die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen müsse in zweifacher Weise angegangen werden: Durch die Erhaltung der Wirksamkeit bestehender und künftiger Antibiotika und durch Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika, Impfstoffe, von Behandlungsalternativen und Schnelltests.

In ihrer Abschlusserklärung sprechen sich die Staats- und Regierungschefs dafür aus, eine "fachgerechte Verwendung von Antibiotika" zu fördern. Das bedeutet nach Merkels Worten unter anderem, dass Antibiotika weltweit verschreibungspflichtig werden sollen.

"Wir stehen in der Pflicht, die Vorbeugung gegen Infektionskrankheiten zu verbessern und vorsichtiger im Umgang mit Antibiotika zu sein", heißt es in der Abschlusserklärung.

Es sei notwendig, die Nutzung von Antibiotika in der Viehzucht bei fehlender Risikoanalyse auslaufen zu lassen. Der Dialog mit der Pharma-, Biotechnologie und Nahrungsmittelindustrie müsse intensiviert werden.

Unterstützung für Afrika

Um zu verhindern, dass sich Krankheiten wie Ebola zu Epidemien ausweiten, soll die Umsetzung internationaler Gesundheitsvorschriften der Weltgesundheitsorganisation gefördert werden. Innerhalb der nächsten fünf Jahre sollen mindestens 60 Länder, darunter die Staaten in Westafrika, besondere Unterstützung erfahren.

Auch die medizinische Versorgung von Migranten und Flüchtlingen soll dabei eine Rolle spielen. Der Ebola-Ausbruch habe gezeigt, dass die rechtzeitige Mobilisierung personeller und finanzieller Mittel entscheidend ist. Die Bemühungen der WHO, der Weltbank und des IWF müssten eng aufeinander abgestimmt werden.

Bis 2030 wollen die G7 erreichen, dass 500 Millionen Menschen in Entwicklungsländern von Hunger und Mangelernährung befreit werden. Besondere Zielgruppen sind dabei Kleinbauern.

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Kommentare
Dr. Claus Ruda 03.09.201520:14 Uhr

Antibiotikaresistenz

Vor der Antibiotikaaera gab es keine nosokomialen Infektionen.
Sie waren seit Semmelweis und Lister ausgestorben

Dr. Thomas Georg Schätzler 09.06.201515:16 Uhr

Als "Tigermother " auf dem "G7 - Germany"-Gipfel gestartet...

und als Bettvorleger gelandet! Denn wie wollen die angeblichen Entscheider, Lenker und Führungskräfte, die Spitzen der reichsten Industriestaaten dieser Welt (ohne Russland!) ihre Strategie zur Antibiotika-Verschreibungspflicht auf der ganzen Welt durchsetzen? Soll diese Schnaps-Idee vielleicht auch noch durch die "National Security Agency" (NSA) der USA via "Google-Earth" kontrolliert und überwacht werden?

Diese ominöse globale Rezeptpflicht für Antibiotika gleicht einer Lachnummer: Sie ist nicht mal eine Lösung von Scheinproblemen, geschweige denn eine Scheinlösung von Scheinproblemen. Eine lapidare Formalie, die in Hunderten von Ländern innerhalb und außerhalb Europas eh'' umgangen wird, wollen Politgrößen wie unsere Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel, Mister President Barack Obama, Monsieur le Président Francois Hollande usw. zur Quintessenz bzw. Maxime ihres Handels gegen Antibiotika Missbrauch und Multiresistenzen hochstilisieren?

Das gleicht nicht einem, das i s t ein gigantisches Ablenkungsmanöver von politischen Schwergewichten, die wirklich nichts mehr gebacken kriegen! Wenn Antibiotika in industrieller Tiermast und Fischzucht gleich mit dem Kraft- und Hormonfutter verabreicht bzw. ins Wasser abgekippt werden, wer fragt dann noch nach Rezepten? Wenn in abgelegenen medizinisch versorgungsfernen Dörfern Portugals, Spaniens, Italiens, des Baltikums, Griechenlands, der Türkei, aber auch in den Sozialen Brennpunkten und Randgebieten n i c h t nur in Deutschland kaum ein Arzt je vorbei kommen kann, wird der Apotheker schon aus purer Humanität dem potenziellen Pneumonie-Patienten ein passendes Antibiotikum auch o h n e Rezept rausgeben müssen.

D a s sind die eigentlichen Probleme, die ein G7-Gipfel behandeln müsste:
• Entfernung von Wissen, Kapital und Macht vom verarmten Rest der Welt
• Entmündigung der Armen, Schwachen, Kranken, Rechtlosen, Bedürftigen
• Ausgrenzung, Abschottung, Segregation von Flüchtlingen, Asylsuchenden
• Verweigerung elementarer Menschenrechte (Essen, Trinken, Gesundheit, Arbeit)
• Recht auf Krankenversorgung, -Beistand, -Hilfe o h n e Diskriminierung,
um nur einige Punkte zu nennen.

Doch unsere Bundeskanzlerin hat als "Mutter der Nation" den möglichen Aufbruch in eine bessere, friedlichere und menschlichere G7-Welt verschlafen. Sie übt sich weiterhin im Verschweigen, Verheimlichen, Drum Rumreden und Aussitzen. Anstatt zu kämpfen wie eine "Tigerin-Mutter"!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Heidemarie Heubach 09.06.201514:23 Uhr

Antibiotika in Deutschland längst verschreibungspflichtig!

- trotzdem kommen sie in der industriellen Viehzucht zum Einsatz, dank "eine Hand wäscht die andere" oder wie es in Griechenland heißt (und bei uns genauso gut funktioniert!) "fakelaki".

Dr. Diemut Fuchs 09.06.201510:45 Uhr

Danke, Herr Kollege Schätzler!

Ein wirklich guter, sachlich wie sprachlich (nicht mehr so häufig - insbesondere auch im Ärzteblatt!)klarer und analytisch durchdachter Kommentar. Dem kann man sich nur vollinhaltlich anschließen und muß nicht mehr nach eigenen Worten ringen.

Dr. Thomas Georg Schätzler 08.06.201512:44 Uhr

"Kranke Gesundheit" - "Gesunde Krankheit"

Außer Spesen nichts gewesen? - Wenn sich mit einem gigantischen finanziellen Aufwand Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industriestaaten (G7) im idyllischen bayrischen Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen (GAP) inmitten intensiver Land-, Alm-, Vieh- bzw. G7-Protestwirtschaft treffen, um ausgerechnet gemeinsam mit Gastgeberin und "Gesundheitskanzlerin" Frau Dr. Angela Merkel über "Gesundheitsthemen" zu plaudern, wirkt das wie eine Stationsbesprechung in einer geschlossenen Abteilung bei "Einer flog über das Kuckucksnest".

Denn mehr semantische, krankheitsverleugnende Einfältigkeit geht gar nicht! W a s verbindet denn die drängenden Themen wie
• Bessere weltweite Bekämpfung von Infektionskrankheiten (z. B. Malaria, TBC)?
• Ebola-Ausbruch in Westafrika 2014, Dengue-Fieber, West-Nil-Infektion etc.?
• Katastrophenhilfe bei zigtausend Ertrinkenden im Mittelmeer und Südostasien?
• Kampf gegen Antibiotikaresistenzen mit hochgeschätzt weltweit Millionen Toten?
• Optimierter Einsatz von Antibiotika in Human- u n d Tiermedizin?
• Entwicklung dringend benötigter neuer Antibiotika/Anti-Infektiva?
• Praxis- und Krankenhaushygiene bzw. deren Implementierung in der Bevölkerung?

Geneigte Leserinnen und Leser der Ärzte Zeitung (ÄZ) wissen im Gegensatz zu einer völlig abgehobenen Politiker-Kaste längst, was ich meine:
Es geht hier vornehmlich und ausschließlich um K r a n k h e i t e n, Siechtum, Tod und k e i n e s f a l l s um Gesundheit oder Wohlbefinden!
Letzteres wird sich im von der realen Welt hermetisch abgeriegelten und abgeschirmten Schloss Elmau sicherlich einstellen, wenn es sich so behaglich über Gesundheit parlieren lässt. Weil damit die sich abstrampelnde Menschheit "Draußen vor der Tür" in der so fernen realen Welt mit ihren hässlichen K r a n k h e i t s-, S e u c h e n- und S o z i a l p r o b l e m e n abgeschüttelt bleibt.

Unsere Physikexpertin und "Klimakanzlerin" hat sich schon mit der Klimarettung im eigenen Land mit dem Stichwort "Energiewende" bis auf die Knochen blamiert. Als "Gesundheitskanzlerin", wie sie nicht nur im eher konservativen Deutschen Ärzteblatt tituliert wird, wirkt sie jetzt schon wie ein Totalausfall:

Weil sie und ihre G7-Kollegen mit oder ohne Wladimir Putin nicht mal einfachste Begrifflichkeiten bzw. die Differenzierung zwischen Gesundheit und Krankheit beherrschen. Außer Spesen nichts gewesen!

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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