Bund-Länder-Gipfel

Voll-Evaluation der Corona-Maßnahmen dauert länger als geplant

Auf konkrete Corona-Maßnahmen wollen sich Bund und Länder derzeit nicht festlegen. Die Evaluation von Maskenpflicht und Abstandsregeln lässt auf sich warten. Und: Stöhr soll Drosten als Evaluierer folgen.

Veröffentlicht: | aktualisiert:
Schnelle Entscheidung der MPD: Erst Evaluation der Corona-Maßnahmen, dann Anpassung des Infektionsschutzgesetzes. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), Bundeskanzler Olaf Scholz und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (beide SPD) am Donnerstagabend.

Schnelle Entscheidung der MPD: Erst Evaluation der Corona-Maßnahmen, dann Anpassung des Infektionsschutzgesetzes. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), Bundeskanzler Olaf Scholz und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (beide SPD) am Donnerstagabend.

© Reuhl / Fotostand / picture alliance

Berlin. Bund und Länder haben sich am Donnerstagabend darauf geeinigt, neue Corona-Maßnahmen für Herbst und Winter an die Evaluation der bisherigen Maßnahmen zu knüpfen. Die Einigkeit war groß. „Das war einer der schnellsten Corona-Beschlüsse der vergangenen Jahre“, sagte Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) im Anschluss an die Sitzung.

Wann die Ergebnisberichte des „Sachverständigenausschuss nach § 5 Absatz 9 Infektionsschutzgesetz“ vorliegen ist allerdings noch nicht klar. Eine wissenschaftliche Vollevaluation sei bis zum vorgegebenen Abgabedatum 30. Juni nicht zu leisten, sagte der Vorsitzende der Kommission Professor Stefan Huster der „Süddeutschen Zeitung“. Anschließend soll der Bericht bis zum 30. September an den Bundestag übersandt werden.

Kommission: Vollevaluation bis Ende Juni nicht zu schaffen

Im Vorfeld des Bund-Länder-Gipfels hatte vor allem die FDP darauf gedrängt, vor einer erneuten Änderung des Infektionsschutzgesetzes erst die Berichte der Sachverständigen abzuwarten. Bereits am Donnerstagabend hatte Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) im ZDF angekündigt, dass es „auf jeden Fall“ auch über den 23. September hinaus ein Infektionsschutzgesetz geben werde, das „die Vorbereitungen enthält, die wir brauchen“.

Zustimmung kam vom Robert Koch-Institut. Es sei richtig, dass alle Länder zu einem wissenschaftsbasierten vorsorgenden Kurs bei der Vorbereitung auf den Herbst bekannt hätten, hieß es aus der Bundesoberbehörde des Gesundheitsministeriums.

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Die Länder waren allerdings ohnehin unzufrieden damit, dass ihnen mit dem Auslaufen der Corona- Maßnahmen im April mit Ausnahme der Hotspot-Option kaum noch Handlungsspielräume blieben. Ländern und Kommunen dürften nicht die Hände gebunden sein, sollten Maskenpflichten und Kontaktbeschränkungen vor Ort nötig sein, argumentierte der Präsident des Landkreistages Reinhard Sager für ein Fortgelten der Hot-Spot-Regelung über den 23. September hinaus. Zu diesem Zeitpunkt laufen die derzeit geltenden Corona-Regeln im Infektionsschutzgesetz aus.

KBV-Chef Gassen: Stöhr ein ausgewiesener Experter

Für den aus der Kommission ausgeschiedenen Direktor der Virologie der Charité Professor Christian Drosten soll nun auf Vorschlag der Unionsfraktion im Bundestag der Virologe Dr. Klaus Stöhr nachrücken. Der Veterinärmediziner, Virologe und Epidemiologe war 15 Jahre für die WHO tätig.

Stöhr, der bei der Weltgesundheitsorganisation Leiter des weltweiten Influenza-Programms und SARS-Forschungskoordinator war, hat Gesundheitsminister Lauterbach im Zusammenhang mit der in Portugal aufgetretenen Coronavirus-Variante BA.5 „Panikmache“ vorgeworfen. Es gebe dort einen Wiederanstieg asymptomatischer Fälle, zitiert dpa den Wissenschaftler. Auf den Intensivstationen und in den Krankenhäusern herrsche allerdings völlige Entspannung.

Den Vorschlag der Unionsfraktion nannte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen eine „gute Entscheidung“. Mit Stöhr käme ein ausgewiesener Experte in die Sachverständigenkommission – vorbehaltlich natürlich der Bestätigung durch den Bundestag. Stöhr stehe für einen pragmatischen und sachlichen Kurs. Für die notwendige Evaluierung der bisherigen Corona-Maßnahmen sei eine unvoreingenommene Herangehensweise entscheidend, so Gassen.

Dahmen: Digitalisierung des ÖGD beschleunigen

Fest steht ausweislich der Beschlussvorlage für die MPK bislang, dass die Infektionsprävention mit einer neuen Impfkampagne auch für Viertimpfungen vorangetrieben werden soll. Der Bundesgesundheitsminister hat angekündigt, dafür ausreichend Impfstoff zu beschaffen. Noch bis Ende des Jahres will der Bund die Impfzentren in den Ländern zur Hälfte mitfinanzieren. Überprüft werden soll auch die Fortsetzung der Teststrategie.

Stand jetzt laufen die kostenlosen Bürgertests Ende Juni aus. Der Grünen-Abgeordnete und Notarzt Dr. Janosch Dahmen forderte die Länder auf, die Digitalisierung im öffentlichen Gesundheitsdienst voranzutreiben, um tagesaktuelle Daten generieren zu können. Nur so ständen Informationen zu betreibbaren Krankenhausbetten sowie zu den Kapazitäten der Notaufnahmen und Rettungsdienste zur Verfügung. (af)

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