Brave Jugend?
Weniger Alkohol und Tabak - aber mehr Cannabis
Jugendliche rauchen weniger und betrinken sich seltener, suchen aber mehr Hilfe bei Problemen mit Cannabis. Das geht aus dem aktuellen Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung hervor.
Veröffentlicht:BERLIN. Der Glimmstängel kommt endgültig aus der Mode. Erstmalig rauchen weniger als zehn Prozent der Minderjährigen in Deutschland. So wenige waren es noch nie. Das zeigt der aktuelle Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung.
Seit 2001 hat sich die Zahl der jugendlichen Raucher mehr als halbiert. Sie sank von 28 Prozent auf 9,7 Prozent. Damit liegt sie dem Bericht zufolge auf dem niedrigsten Wert seit 1979.
Sorgen macht sich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, aber wegen des Konsums von E-Zigaretten und E-Shishas.
Mehr als ein Viertel der jugendlichen Raucher (27 Prozent) haben sie im vergangenen Jahr ausprobiert. 2016 soll der Konsum im Jugendschutzgesetz geregelt werden.
Dem Alkohol sprechen Jugendliche offenbar ebenfalls lange nicht mehr so heftig zu wie vor einigen Jahren. Die Zahl der Krankenhauseinweisungen von 10- bis 20-Jährigen wegen Alkoholvergiftungen ist 2013 stark gesunken.
In den Vorjahren mussten dem Drogenbericht zufolge rund 18.500 Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus behandelt werden. 2013 waren es weniger als 16.500. Das sind allerdings immer noch rund anderthalb mal so viele wie im Jahr 2000 (9514 Fälle).
31 Prozent mehr Cannabis-Konsumenten in Suchtbehandlung
"Prävention wirkt. Alkohol und Zigaretten werden von immer weniger Jugendlichen konsumiert. Darüber hinaus suchen immer mehr Cannabis-Konsumenten freiwillig den Weg in einen Entzug. Auch das ist ein gutes Zeichen. Und macht deutlich, dass Legalisierung keine Option ist", so der Gesundheitsexperte der Union Jens Spahn (CDU).
Die Zahl der jungen Menschen, die wegen Cannabis eine ambulante Suchtbehandlung in Anspruch nahmen, ist dem Drogenbericht der Bundesregierung zufolge von 2007 bis 2013 um 31 Prozent gestiegen.
Wenn Menschen unter 25 Jahren eine Suchtbehandlung erhalten oder Suchthilfeeinrichtungen aufsuchen, ist Cannabis nach Regierungsangaben der Hauptgrund.
Die Bundesregierung hat hochgerechnet, dass rund 600.000 vorwiegend junge Menschen in Deutschland Probleme mit dem Konsum von Cannabis haben.
"Steigende Konsumzahlen, insbesondere bei Minderjährigen, zeigen, wie erfolglos die ideologische Verbotspolitik der Bundesregierung ist. Der Schwarzmarkt kennt keinen Jugendschutz", warnte der Gesundheitsexperte der Grünen Harald Terpe unter Verweis auf das von den Grünen vorgelegte Konzept zur kontrollierten Legalisierung von Cannabis.
Warnung vor Verharmlosung
Die Drogenbeauftragte lehnt eine allgemeine Legalisierung rigoros ab. Sie warnte vor einer Verharmlosung. "Cannabis ist mehr denn je zum Problem für junge Menschen geworden", sagte Mortler.
Genauso richtig sei aber, dass Cannabis für chronisch und schwerkranke Patienten als medizinisches Präparat seine Berechtigung habe.
"Ich habe mich deshalb dafür eingesetzt, dass die Patienten, die Cannabis als Medikament nachweislich brauchen, es erhalten und die Kassen die Kosten übernehmen", sagte die Drogenbeauftragte.
Sie zeigte sich zuversichtlich, dass zeitnah Regelungen auf den Weg gebracht werden können.