Hessischer Vorstoß im Bundesrat
Wenn Drogen, dann wenigstens saubere
Komplett verhindern lässt sich die Einnahme von „Partydrogen“ ohnehin nicht, Hessen will sie vor Gebrauch aber im Drug-Check testen lassen.
Veröffentlicht:Wiesbaden/Berlin. Die hessische Landesregierung will über den Bundesrat den Einsatz des sogenannten Drug-Checkings auch in Deutschland durchsetzen. Dabei können vor allem die Nutzer illegaler Partydrogen diese zuvor unter offizieller Aufsicht auf gefährliche Streckmittel und Verunreinigungen prüfen lassen.
Jeder Drogenkonsum sei mit Risiken verbunden, stellte Hessens Sozialminister Kai Klose (Grüne) am Freitag im Bundesrat klar. Wenn aber Menschen längst in die Drogensucht geraten seien, müssten die Risiken des Konsums minimiert werden, um weitere gesundheitliche Schäden zu vermeiden.
Diese Sucht gebe es auch bei den Partydrogen und hier helfe das Drug-Checking als wichtiger Baustein der Drogenprävention, so der Minister. Denn das analysegestützte Angebot sei mit einer verpflichtenden Beratung verknüpft. Zu den als Partydrogen bezeichneten Substanzen zählen vor allem Amphetamine, Methamphetamine wie Crystal Meth und Neue psychoaktive Substanzen (NPS/„Designerdrogen“).
„Den Konsumierenden dieser Substanzen sind oft weder die psychoaktiven Wirkstoffe im Einzelnen noch Beimischungen und die jeweilige Wirkstoffkonzentration bekannt“, heißt es in dem Gesetzesantrag.
Immer auch Suchtberatung
Unterstützung erhält Klose von Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann vom Koalitionspartner CDU, die damit zwei Ziele erreicht sieht: „Zum einen schützen wir Konsumenten vor unmittelbaren Gesundheitsgefahren des Konsums, indem das Labor Wirkstoffe und Verunreinigungen in den Drogen erkennt. Zum anderen ist das Drug Checking immer mit einer Suchtberatung verbunden, die auf vielen Wegen hilft, beispielsweise durch die Vermittlung einer Therapie.“
Hessen versucht bereits seit dem Jahr 2014, einen wissenschaftlich begleiteten Modellversuch zu starten, scheitert aber wie andere Länder auch am Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Dessen Begründung: Das Betäubungsmittelgesetz in Deutschland stellt jeden Verkehr mit Betäubungsmitteln unter Erlaubnisvorbehalt, folglich ist auch eine chemische Analyse der Partydrogen erlaubnispflichtig – und die wird für das Drug Checking nicht erteilt.
Zusatz im Betäubungsmittelgesetz
Deshalb will Hessen nun einen neuen Paragrafen in das Betäubungsmittelgesetz einbringen. In Ergänzung zum Paragrafen 10a, der den Bundesländern die Einrichtung von Drogenkonsumräumen ermöglicht, soll in einem zusätzlichen Paragrafen 10b die Rechtsgrundlage für das Drug-Checking geschaffen werden.
Klose verweist auf Nachbarländer wie Österreich und die Schweiz, wo jahrzehntelange Erfahrung damit zeige, dass „gesundheitsgefährdender Konsum“ verringert werden kann. Der Bundesrat hat den hessischen Antrag am Freitag zunächst in den Gesundheits- und den Rechtsausschuss verwiesen.
Auch die für seine Party- und Drogenszene bekannte Bundeshauptstadt Berlin versucht seit Längerem, das Drug-Checking zu etablieren. Die Regierungsparteien SPD, Linke und Grüne haben die Einführung der Tests in ihrem Koalitionsvertrag verankert, das Konzept ist bereits erarbeitet. Für die Jahre 2020 und 2021 wurden jeweils 200.000 Euro im Haushalt vorgesehen. Aber auch in Berlin ist der Startschuss wegen der rechtlichen Hürden noch nicht gefallen.
Würden dann mehr Drogen konsumiert?
Unumstritten ist das Verfahren nicht. So führen Kritiker an, damit werde zum Konsum von vermeintlich „sauberen“ Drogen angeregt und insgesamt könnten sogar mehr Drogen konsumiert werden. In Berlin sehen die Oppositionsparteien CDU und FDP denn auch das im Landesetat bereitgestellte Geld besser bei der Polizei oder in der Präventionsarbeit angelegt. In der FDP-Fraktion war die Rede von einem „Förderprogramm für kriminelle Clans und deren Dealer“.
Gleichwohl spricht sich aber auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, die CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig, für das Drug-Checking aus. „Damit können Konsumenten erreicht werden, die von der klassischen Suchtberatung nicht angesprochen werden“, sagte sie Anfang des Jahres der „Rheinischen Post“. Sie sei sich mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) einig, mit Experten zu sprechen, ob es ein Modell gibt, das in Deutschland funktionieren könnte.