Bedarfsprojektion

Zi: Bis 2040 fehlen ambulant jedes Jahr 2.500 Ärzte

Der Fachkräftemangel in der ambulanten Versorgung ist unübersehbar. Selbst eine kurzfristige Ausbildungsoffensive würde frühestens in 15 Jahren Bedarfsdeckung schaffen, so ein neuer Report des Zi.

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Blick in einen Hörsaal

Haben in der Vergangenheit die Länder in Sachen humanmedizinischer Studienplatz-Planung geschlafen? Heute scheint es fast so.

© Matej Kastelic / Zoonar / picture alliance

Berlin. Aktualisierte Zahlen zum medizinischen Studienplatzbedarf hat am Donnerstag das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) veröffentlicht. Sollten die Bundesländer ihre Ausbildungskapazitäten nicht, wie es heißt, „substanziell“ erhöhen, fehlten im Projektionszeitraum 2022 bis 2040 jährlich rund 2.500 Köpfe (kumuliert rund 50.000), wenn die jetzige ambulante Angebotsdichte gehalten werden soll.

„Ohne Berücksichtigung der Zuwanderung von Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland droht bis 2040 ein allmähliches Absinken des vertragsärztlichen Versorgungsgrads auf dann nur noch 74 Prozent des heutigen Niveaus“, betont das Zi. Wobei selbst eine kurzfristige, drastische Anhebung der humanmedizinischen Studienplätze wegen der Gesamtdauer der Ausbildung „erst nach etwa 15 Jahren in der ambulanten haus-und fachärztlichen Versorgung ankommen“ werde.

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Entbürokratisierung, Delegation, Zuwanderung!

Die Gründe für den Mangel sind bekannt: Einesteils in der Vergangenheit zu wenige Studienplätze; bereits bei seiner ersten Projektion konstatierte vor fünf Jahren das Zi eine Unterdeckung zwischen 3.000 bis 6.000 Plätzen. Zum zweiten gehen die geburtenstarken Mediziner-Jahrgänge in Rente – bei zugleich wachsender Inanspruchnahme, wie sie unter dem Eindruck der demografischen Entwicklung zu erwarten ist.

Chancen, das unvermeidliche ambulante Ärztedefizit wenigstens „annähernd“ zu kompensieren, sieht das Zi vor allem in der Entlastung der Leistungserbringer von Verwaltungstätigkeit, vermehrter Delegation ärztlicher Aufgaben sowie einer gezielteren Patientensteuerung. Darüber hinaus müsse nach Möglichkeit die Zuwanderung ärztlichen Personals forciert werden.

Und natürlich sei insgesamt die Attraktivität der kassenärztlichen Tätigkeit zu fördern, wofür aber insbesondere die Budgetierung das falsche Signal sei. „Diese Leistungsbegrenzungen stammen aus einer Zeit, als man meinte, zu viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zu haben“, so der Zi-Vorsitzende Dominik von Stillfried. „Heute sind diese Vorgaben einfach aus der Zeit gefallen.“ (cw)

Link zur Zi-Studie „Bedarfsprojektion für Medizinstudienplätze in Deutschland (Aktualisierung 2024)“

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Kommentare
Dr. Klaus Günterberg 16.02.202412:23 Uhr

Entlastung DER ÄRZTE (auch die Mitarbeiter der Kassen sind Leistungserbringer) von Verwaltungstätigkeit, vermehrte Delegation ärztlicher Aufgaben sowie einer gezielteren Patientensteuerung. Soweit ja.
Man hat vor Jahren auf Drängen der Krankenkassen für die Vertragsärzte sog. „leistungsbegrenzende Maßnahmen“ eingeführt, d.h. von einem bestimmten Umfang an wird Ärzten die Arbeit nicht mehr bezahlt. Vertragsärzte könnten mehr arbeiten, die Maßnahmen erlauben es aber nicht. Da soll man sich heute über einen Ärztemangel nicht beklagen.
Von den hier ausgebildeten Ärzten verlassen 10% unser Land. Warum wohl???

"Darüber hinaus müsse nach Möglichkeit die Zuwanderung ärztlichen Personals forciert werden." Das löst das Problem nicht! Jeder Arzt muss unsere Sprache verstehen, sprechen und schreiben - ohne dies keine Diagnose, keine Beratung, kein Rezept, keine Verordnung, keine Bescheinigung, kein Befundbericht und kein Gutachten. Und keine Akzeptanz durch unsere Patienten. Er braucht ausreichende Kenntnisse unserer Medikamente - Irrtümer wären lebensgefährlich. Er muss unsere Heil- und Heilhilfsmittel kennen - ohne dies keine Therapie. Er muss mit der Medizintechnik umgehen können.

Für viele ärztliche Tätigkeiten ist die Approbation nicht ausreichend, da bedarf der Arzt der Facharztanerkennung und oft auch noch zusätzlicher Qualifikation mit Prüfung und Genehmigung. Er braucht solide Kenntnisse unseres Gesundheitswesens und des Sozialrechts - ohne dies ist keine Niederlassung möglich. Als Niedergelassener braucht er Kenntnisse unseres Miet-, Arbeits-, Arbeitsschutz- und Versicherungsrechts, er braucht Bankverbindungen und muss wissen, wie unser Kredit- und Finanzwesen funktioniert. Er muss solide Kenntnisse von der Informatik haben. Als Fach- oder Krankenhausarzt hat er eine ständige Fortbildung (cme) nachzuweisen. Diese Hürden sind nicht einfach zu nehmen. Und es sind diese Kenntnisse auch nicht in wenigen Monaten zu erwerben.

Dr. Dr. Steffen Boxdorfer 15.02.202420:50 Uhr

Es werden erheblich weniger Ärzte benötigt in den kommenden Jahren, da auf KI umgestellt werden soll:
sog. „kalte Medizin“.

Mit freundlichen Grüßen
B.

Andreas Hoffmann 15.02.202417:57 Uhr

Immer wieder dieses Märchen vom Ärztemangel. Wir haben eine der höchsten Ärztedichte der OECD, wir haben mehr „Köpfe“ als je zuvor. Die beiden Hauptprobleme sind bekannt: Bürokratie und Vergütung. Beides binnen kürzester Zeit zu lösen, wenn die Verantwortlichen wollen würden. Es braucht keine Steuermilliarden für zusätzliche Studienplätze, es braucht den politischen Willen, die vorhandenen Ressourcen zu nutzen - für den eigentlichen Zweck, nicht für die Befriedigung von Behörden und Verwaltungen!

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