Kommentar zum Innovationsfonds
Zu viel Macht für den GBA
Nach Plänen der Koalition soll der Bundesausschuss künftig über die Sinnhaftigkeit von Versorgungsforschung und deren Finanzierung entscheiden. Ein problematisches Konstrukt.
Veröffentlicht:Geld macht sinnlich. Gesundheitspolitiker reiben sich die Augen angesichts der Ideen, für welche Versorgungsforschungsprojekte die von der großen Koalition in Aussicht gestellten 75 Millionen Euro jährlich aus dem Innovationsfonds verwendet werden könnten.
Um Illusionen vorzubeugen, haben Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) jetzt einige Klarstellungen vorgenommen und versucht, die Latte etwas höher zu hängen. So weit, so gut.
Dabei scheint inzwischen festzustehen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss dasjenige Gremium sein soll, das letztendlich über die Verteilung von Forschungsgeldern entscheiden soll. Unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten ist das jedoch eine Fehlkonstruktion.
Als förderbare Innovationen sollen nur solche Versorgungsleistungen gelten, "die über die heutige Regelversorgung hinausgehen, dem Bereich der besonderen Versorgungsformen zuzurechnen sind und die erkennbare Defizite der sektoralen Versorgung zu überwinden oder vermeiden suchen", schreiben Spahn und Lauterbach in ihrem Positionspapier. Nur dafür sollen jährlich 225 Millionen Euro als Entgelt für die Versorgung und weitere 75 Millionen Euro für deren Evaluation bereitgestellt werden.
Nun ist der Bundesausschuss alles andere als ein neutrales Gremium, sondern in Wirklichkeit der Verhandlungsapparat der drei Spitzenorganisationen Kassenärztliche Bundesvereinigung, Deutsche Krankenhausgesellschaft und GKV-Spitzenverband.
Anders gesagt: Die Lobby-Spitze der kollektivvertraglichen Regelversorgung. Alle drei ausgestattet mit dem gesetzlichen Monopol für ihre Einflusssphäre.
Wer's glaubt, wird selig
Und ausgerechnet diese Monopol-Lobbyisten sollen demnächst über den Wert oder Unwert von Versorgungsinnovationen und deren Evaluation befinden. Etwa über Integrationsverträge, in denen Kassenärztliche Vereinigungen nach geltendem Recht keine Partner sein können und die daher die Machtposition des KV-System schwächen können.
Ähnlich problematisch wäre die Schiedsrichterrolle, in die der GKV-Spitzenverband gedrängt würde, wenn er im Bundesausschuss über Projekte von Krankenkassen entscheiden müsste, die auf dem Versicherungs- und Versorgungsmarkt im Wettbewerb stehen.
Spahn und Lauterbach ahnen wohl, dass der GBA nicht frei von den Interessen seiner Trägerorganisationen ist, und wollen deshalb eine neue "Arbeitseinheit" einrichten, die von der Geschäftsstelle des GBA unabhängig operieren soll, um ein neutrales Verfahren zu gewährleisten. Wer‘s glaubt, wird selig.
Besser wäre es, wenn auch für die Versorgungsforschungsprojekte im Gesundheitswesen die gleichen Förderprinzipien angewendet würden, wie sie in der Forschungspolitik schon jetzt üblich sind: etwa bei den durch das Bundesforschungsministerium ins Leben gerufenen Zentren für Gesundheitsforschung.
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