Umfrage

25 Patienten die Woche – für Heilpraktiker oft die Regel

Weiblich, gut gebildet und praxistreu: So sieht der häufigste Patiententypus beim Heilpraktiker aus. Eine Umfrage unter Heilpraktikern erlaubt einen Blick in deren Praxisgeschehen und Patientenstruktur.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Die Akupunktur ist eine Herausforderung für Ärzte und Heilpraktiker. Bei Letzteren zählt sie zu den Klassikern bei der Behandlung.

Die Akupunktur ist eine Herausforderung für Ärzte und Heilpraktiker. Bei Letzteren zählt sie zu den Klassikern bei der Behandlung.

© mentalrai / stock.adobe.com

KÖLN. Mit 65 Prozent sind rund zwei Drittel aller Patienten in deutschen Heilpraktikerpraxen Frauen. Das geht aus einer aktuellen Umfrage unter 1414 Berufsangehörigen durch den Verband Unabhängiger Heilpraktiker und den Verband Freier Psychotherapeuten, Heilpraktiker für Psychotherapie und Psychologischer Berater hervor. Insgesamt praktizieren in Deutschland nach Verbandsangaben rund 46.000 Heilpraktiker. Rund ein Fünftel der Patienten sind nach Angaben der Heilpraktiker Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, rund die Hälfte belege die Altersspanne zwischen 30 und 60 Jahren.

Bezüglich des Bildungsgrades gaben die Heilpraktiker laut Studie an, dass sie diesen jeweils etwa hälftig mit "eher normal" oder "eher höher" einschätzten. Im Umkehrschluss dürften sich damit nur wenige Patienten aus bildungsfernen Schichten beim Heilpraktiker einfinden.

Jeder Zehnte hat eine Zusatzpolice

Die gesundheitliche Eigenverantwortung der Patienten ist aus Sicht der beiden Heilpraktikerverbände groß. "Über 70 Prozent der Patientinnen und Patienten zahlen die Heilpraktikerbehandlung aus eigener Tasche und entlasten so das Krankenkassensystem", heißt es in der Analyse. Je etwa jeder zehnte Patient decke die Leistungen über eine Zusatzpolice ab, sei privat versichert oder beihilfeberechtigt.

Hinfällig sei laut Bundessozialgericht die Möglichkeit, aufgrund "Systemversagens" psychotherapeutische Leistungen bei als Heilpraktikern agierenden Diplom-Psychologen im Zuge der Kostenerstattung auf Kasse in Anspruch zu nehmen (13. Dezember 2016, Az.: B 1 KR 4/16).

Häufig genutzte Therapieverfahren beim Heilpraktiker

1. Akupunktur

2. Entgiften/Entschlacken

3. Homöopathie

4. Schmerztherapie

5. Allergiebehandlung

6. Schröpfen

7. Gesundheits- und Präventionsberatung

8. Injektionstechniken

9. Ausleitungsverfahren

10. Ernährungstherapie

Wie es in der Befragung heißt, suchen etwas mehr als die Hälfte der Patienten die gewählte Heilpraktikerpraxis auf Empfehlung auf. Ebenso viele seien chronisch krank.

Aufgrund unterschiedlicher Arbeitszeitmodelle in Heilpraktikerpraxen zeige die Zahl der Praxistage eine große Varianz. Etwa je 20 Prozent hielten ihren Praxisbetrieb zwei, drei, vier oder fünf Tage die Woche ab. In dieser Zeit behandeln sie nach eigenen Angaben zwischen sechs und 40 Patienten. Die restlichen Heilpraktiker praktizieren demnach einen Tag die Woche oder sechs bis sieben Tage.

Wie die Befragung für die Heilpraktikerpraxen, die seit mehr als fünf Jahren bestehen, ausweist, arbeiten diese zu 71 Prozent drei bis fünf Tage die Woche und behandeln in diesem Zeitraum zwölf bis 25 Patienten.

Häufig bis zu 20 Besuche im Jahr

Die Terminfrequenz beim etablierten Heilpraktiker lässt sich der Analyse der Heilpraktiker zufolge in drei etwa gleich große Patientengruppen unterteilen: Patienten, die

» zwei- bis fünfmal jährlich in die Praxis kommen,

» zwischen fünf- und zehnmal in der Praxis erscheinen,

» 10 bis 20 Mal pro Jahr die Praxisschwelle übertreten.

Ähnlich wie bei Haus- und Fachärzten etabliert sich auch bei Heilpraktikern über die Jahre eine Patientenbindung an die Praxis. 37 Prozent der etablierten Heilpraktiker schätzten den Anteil der wiederkehrenden Patienten auf mehr als 50 Prozent. Die Umfrage zeigt auch, dass sich viele Heilpraktiker viel Zeit für ihre Patienten nehmen: Mehr als die Hälfte der Teilnehmer gab an, für die Erstanamnese mehr als eine Stunde zu investieren, 35 Prozent wenden 30 bis 60 Minuten auf, zehn Prozent 15 bis 30, 0,5 Prozent halten es kürzer.

Bei den naturheilkundlichen Angeboten in der Heilpraktikerpraxis rangiert die Akupunktur als Therapieverfahren auf Platz eins, gefolgt von Entgiften/Entschlacken, Homöopathie, Schmerztherapie und Allergiebehandlung. Auf Platz sechs findet sich das Schröpfen, vor Gesundheits- und Präventionsberatung, Injektionstechniken, Ausleitungsverfahren und Ernährungstherapie.

Bei der Psychotherapie durch Heilpraktiker am stärksten nachgefragt ist laut Umfrage die Gesprächstherapie/-beratung, gefolgt von Stressbewältigung, Entspannungsmethoden, Coaching, und Burn-out-Beratung. Danach kommen Entspannungstherapie, Paarberatung, Beratung für systemische Lösungen, lösungsorientierte Therapien sowie das Selbstbewusstseinstraining.

Bei der Podologie führt die Anamnese und podologische Befunderstellung, gefolgt vom richtigen Schneiden der Nägel, Mykosentherapien, der Orthonyxie-Spangentherapie, der Nagelprothetik, der Hyperkeratosebehandlung, der Clavi- und Verrucae-Behandlung, Behandlungen von Entzündungen und Infektionen, der Orthesentechnik sowie Taping und Kompression.

Bei der Physiotherapie führt die manuelle Therapie vor CMD-Behandlungen, Massagen, Heißluft, Moorfangopackungen und heißer Rolle, Bindegewebsmassagen, Elektrotherapie, Ultraschall und Magnetfeld. Danach kommen Colon-, Periost- und Triggerpunktbehandlungen, Krankengymnastik, manuelle Lymphdrainage, Schlingtisch, Traktionen, Perl‘sche Schaukel, Glissonschlinge sowie Kaltluft, Eispackungen und -abreibungen.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Patienten entscheiden selbst

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Kommentare
Marko Frankowsky 03.01.201807:45 Uhr

Ich zitiere aus Wikipedia

In einem Testbericht von 2006 in Ökotest, in dem sich ein Proband mit einem tatsächlich vorliegenden Krankheitsbild bei 20 zufällig ausgewählten Heilpraktikern vorstellte und behandeln ließ, schnitten diese sehr unterschiedlich ab. Vier Heilpraktiker stufte der Tester als gut ein, die Behandlung von fünf Therapeuten beurteilte er als gefährlich. Andere hätten sorgfältig bei der Befunderhebung und Diagnosestellung gearbeitet, „allerdings eher zweifelhafte Therapien vorschlagen“, die nicht geschadet, aber auch nicht geholfen hätten
Bei einem Stundenlohn zwischen 60,-- und 80,-- Euro und der o.g. Patientenzahl darf man sich als Anerkannter Alltagsunterstützer mit etlichen Auflagen nur die Augen reiben, arbeitet man für weniger als den halben Stundenlohn welcher behördlicherseits vorgegeben ist.

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