Kapitalanlage
Je oller, je doller: Oldtimer beflügeln Anlegerträume
Historische Fahrzeuge haben seit 2005 eine höhere Wertsteigerung als der deutsche Aktien-Leitindex erzielt. Liebhaber klassischer Automobile können bereits für weniger als 20.000 Euro ein Modell mit Wertsteigerungspotenzial erwerben.
Veröffentlicht:Neu-Isenburg. 42 Jahre jung, metallicschwarzer Lack, ein Sechszylinder-Boxermotor mit 265 PS, dazu eine Laufleistung von lediglich knapp 34.500 Kilometern – für 116.300 Euro hat der Porsche 911 Turbo aus dem Jahr 1979 jetzt den Besitzer gewechselt.
Seit August dieses Jahres gehört der Heckmotorsportwagen den 6000 Anlegern des Hamburger Spezialisten für Sachwertanlagen, Finexity. Dessen Vorstandschef Paul Huelsmann erwartet, dass der Bolide aus Zuffenhausen in den kommenden zehn Jahren deutlich an Wert gewinnen wird: „Über die geplante Laufzeit des Investments bis 2031 liegt die prognostizierte Wertentwicklung bei 4,9 Prozent pro Jahr.“
Über Finexity können Anleger seit 2018 mit Beträgen von 500 Euro aufwärts gemeinsam in Sachwertanlagen investieren. Bislang haben die Hanseaten für ihre Kunden Kunst, feine Weine und erlesenen Diamantschmuck im Gesamtwert von mehr als zehn Millionen Euro ins Depot gelegt. Der Porsche 911 Turbo ist der erste Oldtimer. Weitere sollen hinzukommen.
„Im Vergleich zu anderen Anlageklassen gewähren solche Classic Cars eine höhere Preisstabilität und damit eine gewisse Krisensicherheit“, sagt Huelsmann. „Außerdem führen die repräsentative und emotionale Kraft der Fahrzeuge sowie die wohlhabende Käuferschicht zu höheren Preisprämien als bei vergleichbaren Anlageklassen.“
Rentable Anlagemöglichkeit
Dass historische Automobile eine sehr lukrative Anlage sein können, zeigt auch der Oldtimer-Index OTX der Südwestbank. Das Finanzinstitut mit Sitz in Stuttgart ermittelt seit Jahren die Wertentwicklung automobiler Klassiker, die einst in Südwestdeutschland vom Band liefen. Die Bandbreite reicht von Audi über BMW, Mercedes und Opel bis hin zu Porsche.
„Der direkte Vergleich mit Aktien und deutschen Staatsanleihen macht deutlich, dass historische Fahrzeuge eine rentable Anlagemöglichkeit darstellen“, sagt Jens Berner, Oldtimer-Fachmann der Südwestbank. „Während der deutsche Aktien-Leitindex Dax seit 2005 um 222,33 Prozent wuchs und er REX-P für deutsche Staatsanleihen in diesem Zeitraum 64,33 Prozent gewann, legte der OTX um 452,16 Prozent zu.“
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie der Schweizer Großbank Credit Suisse. Danach haben Oldtimer seit 1980 im Schnitt acht Prozent pro Jahr an Wert gewonnen – nach Abzug der Inflation. Dass der Wert klassischer Automobile stetig steigt, liegt vor allem daran, dass ihre Zahl kontinuierlich sinkt. Ungepflegt raffen Rost, Motor-, Getriebe- und Fahrwerksschäden den Bestand dahin.
Beispielhaft ablesen lässt sich dies am VW Käfer. 2008 registrierte das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg noch 54.226 Modelle mit dem luftgekühlten Boxermotor auf Deutschlands Straßen. In diesem Jahr sind es nur noch 34.788.
Noch weit seltener ist der Renault 4. Von dem französischen Käfer-Konkurrenten sind hierzulande inzwischen weniger als 1500 Exemplare zugelassen. Als Oldtimer gelten Fahrzeuge, die 30 Jahre und älter sind. Von diesem Alter an dürfen Automobile das H-Kennzeichen tragen.
Die Kraftfahrzeugsteuer ist dann nicht mehr vom Schadstoffausstoß und vom Hubraum des Motors abhängig, sondern beträgt pauschal 191,73 Euro pro Jahr. Die meisten Versicherungen bieten erhebliche Nachlässe auf die Haftpflicht an, wenn der Oldtimer nicht mehr dauerhaft im Alltag bewegt wird. Um dies nachzuweisen, muss der Besitzer ein zweites Fahrzeug auf seinen Namen zugelassen haben.
Youngtimer als Alternative
Finexity bedient mit seinen Kollektiv-Investments in Sachwertanlagen im Oldtimer-Bereich eine kleine Nische. Denn die meisten Liebhaber klassischer Fahrzeuge wollen diese allein besitzen und von Zeit zu Zeit auch damit fahren. „„Für den günstigen Einstieg eignen sich sogenannte Youngtimer“, sagt Thomas Hünicke, geschäftsführender Gesellschafter der Düsseldorfer Vermögensverwaltung WBS Hünicke.
Das sind Automobile im Alter zwischen 25 und 29 Jahren, die knapp davorstehen, die Grenze zum Oldtimer-Status zu überschreiten. „Solche Fahrzeuge sind in gutem Zustand für weniger als 20.000 Euro erhältlich“, sagt Hünicke.
Spitzenpreise erzielen klassische Automobile namhafter Hersteller, die nur in kleiner Stückzahl gefertigt wurden. Ein Bugatti Type 59 Sport aus dem Jahr 1934 wechselte im vergangenen Jahr für umgerechnet 10,547 Millionen Euro den Besitzer, berichtet der auf Oldtimer spezialisierte US-Versicherungskonzern Hagerty. Es war der teuerste Autodeal in 2020.
Langfristig attraktive Wertsteigerungen dürften aber auch Käufer genießen, die auf Modelle setzen, die einst zum alltäglichen Straßenbild zählten, sagt Hünicke. „Die Bandbreite reicht vom Mercedes-Benz 200 (W 115) über den BMW Z3 bis hin zu bestimmten Modellen von Saab, Fiat und Citroën.“
Vor einem Kauf sollten Interessenten das Fahrzeug durch einen KFZ-Kenner auf Schäden untersuchen lassen und den Unterhaltungsaufwand kalkulieren, rät der Vermögensverwalter. So bieten BMW und Mercedes noch heute Ersatzteile für alte Modelle. Für Alfa-Romeo- und Fiat-Spider-Modelle haben Liebhaber-Kreise Manufakturen gewonnen, die günstig Teile nachbauen.