Studie
Arztbewertung im Internet zeigt Wirkung auf Praxiszulauf
In welche Praxis soll ich gehen? Ihre Entscheidung fällen Patienten zunehmend anhand von Online-Bewertungen – eine Chance für Ärzte, so eine neue Studie.
Veröffentlicht:GÜTERSLOH. Urteile von Nutzern auf Arztbewertungsportalen im Internet sind aussagekräftig und haben Wirkung: Das ist Ergebnis einer nach eigenen Angaben repräsentativen Befragung im Auftrag des Projekts "Weisse Liste" der Bertelsmann Stiftung. Demnach kennt heute schon jeder zweite Deutsche zumindest ein solches Portal im Internet. Vergleich: 2013 waren es gerade einmal 32 Prozent. Fast jeder vierte (25 Prozent) habe bereits ein solches Angebot im Internet zur Suche nach einem Arzt genutzt.
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Wer eine solche Website gebraucht, wendet sie dann laut Studie auch tatsächlich zur Entscheidungsfindung an. Deutlich mehr als die Hälfte der Nutzer von Bewertungsportalen (60 Prozent) habe sich, wegen der dort gefundenen Informationen, schon einmal für eine bestimmte Praxis entschieden. Und: 43 Prozent der Befragten haben sich aufgrund von Bewertungen im Netz in der Vergangenheit auch bereits mindestens einmal gegen einen Arzt entschieden, schreiben die Studienautoren. Die Analyse förderte ebenfalls zutage, dass Arztbewertungen besonders viel Einfluss auf Patienten haben, die jünger als 40 Jahre alt sind. So gaben 70 Prozent der Nutzer solcher Portale unter 40 Jahren in der Umfrage an, dass die Online-Bewertung ausschlaggebend bei der Entscheidung für einen Arzt gewesen sei.
Nutzer wollen Wartezeiten wissen
Bei der Suche nach Informationen steht für Nutzer der Portale besonders Praktisches im Vordergrund. Mehr als die Hälfte der Deutschen informiert sich zu Wartezeiten auf einen Termin (51 Prozent). An zweiter Stelle wurde die Erreichbarkeit der Praxis genannt (49 Prozent). 48 Prozent der Befragten interessiere auf den Portalen, wie lange sie in der Arztpraxis im Wartezimmer Platz nehmen müssten, bis sie ins Sprechzimmer gebeten werden. An vierter Stelle nannten die Befragten, die Nähe zum Wohnort (43 Prozent), danach Diagnose- und Therapieangebote in der Praxis (37 Prozent) als Hauptziel ihrer Recherche auf einem Web-Portal.
Die Analyse zeigt: Es gibt in Deutschland 31 Arztbewertungsportale. Allerdings fanden die Autoren der Studie mit Blick über die einzelnen Anbieter hinweg Anlass zur Kritik. So gebe es in manchen Portalen kaum verlässliche und verständliche Informationen, die über Rahmendaten wie Facharztbezeichnung und Sprechzeiten hinausgehen.
Insgesamt gesehen seien Bewertungsportale allerdings positiv zu sehen, findet Professor Martin Emmert von der Universität Erlangen-Nürnberg, der im Rahmen der Studie den Markt analysiert hat. "Die Veröffentlichung von Qualitätsdaten kommt nicht nur bei Patienten an. Sie beeinflusst auch die Entscheidung und kann indirekt zu einer Verbesserung der Versorgungsqualität beitragen", so Emmert. Im Idealfall unterstütze die Information auf Portalen einen fairen Qualitätswettbewerb der Gesundheitsanbieter untereinander. Allerdings würden Ärzte und andere Akteure im Gesundheitswesen diese Chance wenig nutzen: "Noch werden die Effekte nicht als Chance für den ambulanten Sektor erkannt", betont Emmert.
"Hinweise auf Defizite"
Auch Veit Wambach, Allgemeinarzt und Vorstandsvorsitzender der Agentur deutscher Arztnetze sieht Potenzial: "Bewertungen bestätigen in der Regel die Qualität der eigenen Arbeit und machen diese nach außen sichtbar. Darüber hinaus geben sie Hinweise auf Defizite, die behoben werden können und von denen die Ärzte sonst nicht oder nicht so schnell erfahren würden", wird Wambach in einer Mitteilung der Bertelsmann Stiftung zitiert.
Insgesamt fehlt es nach Ansicht der Studienautoren im deutschen Gesundheitssystem bislang an einer systematischen Auseinandersetzung mit der Frage, wie eine Qualitätsberichterstattung gestaltet sein sollte.
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