Studie

Arztbewertung im Internet zeigt Wirkung auf Praxiszulauf

In welche Praxis soll ich gehen? Ihre Entscheidung fällen Patienten zunehmend anhand von Online-Bewertungen – eine Chance für Ärzte, so eine neue Studie.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:
Den passenden Arzt finden die meisten Patienten dank Bewertungen im Internet.

Den passenden Arzt finden die meisten Patienten dank Bewertungen im Internet.

© Schöning / imago

GÜTERSLOH. Urteile von Nutzern auf Arztbewertungsportalen im Internet sind aussagekräftig und haben Wirkung: Das ist Ergebnis einer nach eigenen Angaben repräsentativen Befragung im Auftrag des Projekts "Weisse Liste" der Bertelsmann Stiftung. Demnach kennt heute schon jeder zweite Deutsche zumindest ein solches Portal im Internet. Vergleich: 2013 waren es gerade einmal 32 Prozent. Fast jeder vierte (25 Prozent) habe bereits ein solches Angebot im Internet zur Suche nach einem Arzt genutzt.

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Portale nicht mehr wegzudenken

Wer eine solche Website gebraucht, wendet sie dann laut Studie auch tatsächlich zur Entscheidungsfindung an. Deutlich mehr als die Hälfte der Nutzer von Bewertungsportalen (60 Prozent) habe sich, wegen der dort gefundenen Informationen, schon einmal für eine bestimmte Praxis entschieden. Und: 43 Prozent der Befragten haben sich aufgrund von Bewertungen im Netz in der Vergangenheit auch bereits mindestens einmal gegen einen Arzt entschieden, schreiben die Studienautoren. Die Analyse förderte ebenfalls zutage, dass Arztbewertungen besonders viel Einfluss auf Patienten haben, die jünger als 40 Jahre alt sind. So gaben 70 Prozent der Nutzer solcher Portale unter 40 Jahren in der Umfrage an, dass die Online-Bewertung ausschlaggebend bei der Entscheidung für einen Arzt gewesen sei.

Nutzer wollen Wartezeiten wissen

Bei der Suche nach Informationen steht für Nutzer der Portale besonders Praktisches im Vordergrund. Mehr als die Hälfte der Deutschen informiert sich zu Wartezeiten auf einen Termin (51 Prozent). An zweiter Stelle wurde die Erreichbarkeit der Praxis genannt (49 Prozent). 48 Prozent der Befragten interessiere auf den Portalen, wie lange sie in der Arztpraxis im Wartezimmer Platz nehmen müssten, bis sie ins Sprechzimmer gebeten werden. An vierter Stelle nannten die Befragten, die Nähe zum Wohnort (43 Prozent), danach Diagnose- und Therapieangebote in der Praxis (37 Prozent) als Hauptziel ihrer Recherche auf einem Web-Portal.

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Die Analyse zeigt: Es gibt in Deutschland 31 Arztbewertungsportale. Allerdings fanden die Autoren der Studie mit Blick über die einzelnen Anbieter hinweg Anlass zur Kritik. So gebe es in manchen Portalen kaum verlässliche und verständliche Informationen, die über Rahmendaten wie Facharztbezeichnung und Sprechzeiten hinausgehen.

Insgesamt gesehen seien Bewertungsportale allerdings positiv zu sehen, findet Professor Martin Emmert von der Universität Erlangen-Nürnberg, der im Rahmen der Studie den Markt analysiert hat. "Die Veröffentlichung von Qualitätsdaten kommt nicht nur bei Patienten an. Sie beeinflusst auch die Entscheidung und kann indirekt zu einer Verbesserung der Versorgungsqualität beitragen", so Emmert. Im Idealfall unterstütze die Information auf Portalen einen fairen Qualitätswettbewerb der Gesundheitsanbieter untereinander. Allerdings würden Ärzte und andere Akteure im Gesundheitswesen diese Chance wenig nutzen: "Noch werden die Effekte nicht als Chance für den ambulanten Sektor erkannt", betont Emmert.

"Hinweise auf Defizite"

Auch Veit Wambach, Allgemeinarzt und Vorstandsvorsitzender der Agentur deutscher Arztnetze sieht Potenzial: "Bewertungen bestätigen in der Regel die Qualität der eigenen Arbeit und machen diese nach außen sichtbar. Darüber hinaus geben sie Hinweise auf Defizite, die behoben werden können und von denen die Ärzte sonst nicht oder nicht so schnell erfahren würden", wird Wambach in einer Mitteilung der Bertelsmann Stiftung zitiert.

Insgesamt fehlt es nach Ansicht der Studienautoren im deutschen Gesundheitssystem bislang an einer systematischen Auseinandersetzung mit der Frage, wie eine Qualitätsberichterstattung gestaltet sein sollte.

Vollständige Analyse zum Download

tinyurl.com/km3e6vf

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Kommentare
Erich Blöchinger 24.03.201707:12 Uhr

Laien können nur subjektiv urteilen

Dem oben gesagten kann man nur zustimmen. Aber der Markt (Patienten, Medien) giert nach jeder Form von Beurteilungen. Ich finde das Bewertungsystem in der Zeitschrift FOCUS gut.

Axel Jenet 22.03.201720:48 Uhr

Bewertungsportale sind reine Beschwerdeportale

Ähnlich wie von Hotel-Bewertungsportalen ist auch von Arzt-Bewertungsportalen überhaupt nichts zu halten. Patienten bewerten den Arzt NUR wenn sie sich beschweren wollen. Welchen Anreiz sollte es sonst geben, sich hinzusetzen und einen Bericht zu schreiben? Nahezu alle positiven Berichte werden aufgrund einer aktiven Aufforderung der Praxis an zufriedene Patienten, eine Bewertung zu schreiben, verfasst. Der Beweis hierfür ist einfach: Ein Arzt, der seit 25 Jahren praktiziert, hat ohne irgendwelches zutun und ohne aktive Werbung 5 extrem schlechte Bewertungen - sonst nichts. Ein anderer Arzt ist seit 5 Jahren in der Praxis und hat 200 Bewertungen (warum nur?). Darunter finden sich ebenfalls 5 extrem schlechte Bewertungen, der Rest ist teilweise extrem gut. Diese Konstellation ist die Regel!! Wer von beiden ist nun der bessere Arzt???

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