BGH-Urteil

Arztbewertungsportal muss User-Namen nicht preisgeben

Ein Grundsatzurteil zu Persönlichkeitsrechten im Internet hat der Bundesgerichtshof gefällt. Die Richter gaben einem Internetdienst Recht, das einem Arzt nicht die Daten eines Nutzers preisgeben wollte, der auf einem Bewertungsportal anonym unwahre Behauptungen über den Arzt veröffentlicht hat.

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KARLSRUHE. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Dienstag eine mit Spannung erwartete Entscheidung über die Grenzen der Anonymität im Internet gefällt.

Vor dem VI. Zivilsenat wehrte sich das Bewertungsportal Sanego gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart, das die Firma verpflichten wollte, Namen und Anschrift eines Nutzers zu nennen, der falsche Tatsachen über einen Arzt aus Schwäbisch Gmünd verbreitet hat.

Bei solchen Bewertungsportalen können Patienten anonyme Beiträge veröffentlichen, die anderen bei der Arztwahl helfen sollen. Der Mediziner sieht sich in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt.

Im November 2011 hatte der Kläger nach Angaben des Bundesgerichtshofs auf dem Portal von Sanego eine Bewertung entdeckt, in der über ihn verschiedene unwahre Behauptungen aufgestellt wurden. Im Juni 2012 wurden weitere, den Kläger betreffende Bewertungen mit unwahren Tatsachenbehauptungen veröffentlicht, wie der BGH einer Mitteilung schreibt.

Auf sein Verlangen hin wurden die Bewertungen gelöscht. Am 4. Juli 2012 erschien (jedenfalls) bis November 2012 erneut eine Bewertung mit den von dem Kläger bereits beanstandeten Inhalten.

Das Landgericht verurteilte den Internetdienst zur Unterlassung der Verbreitung der vom Kläger beanstandeten Behauptungen und zur Auskunft über Name und Anschrift des Verfassers der Bewertung vom 4. Juli 2012. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg, da das Oberlandesgericht einen Auskunftsanspruch des Klägers bejahte.

Die Revision gegen den Auskunftsanspruch hatte nun Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Der Betreiber eines Internetportals sei in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten preiszugeben, betonten die Richter. (dpa/eb)

Az.: VI ZR 345/13

Urteil des LG Stuttgart (Az.: 11 O 172/12)

Urteil des OLG Stuttgart (Az.: 4 U 28/13)

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Kommentare
Dr. Andreas Rahn 28.07.201419:56 Uhr

Unwahre Tatsachenbehauptungen oder Beleidigungen nicht hinnehmen

Natürlich ist es ärgerlich, wenn anonyme Personen Dinge über jemanden öffentlich im Internet publik machen, die nicht vorteilhaft sind. Grundsätzlich wird das aber vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt (was würden sonst die Herren Putin und Obama sagen?).
Das Urteil resultiert aus den gesetzlichen Vorschriften und ist juristisch sicherlich formal korrekt.
Es darf aber nicht als Freibrief verstanden werden, Unwahrheiten oder Beleidigungen und Ähnliches im Internet verbreiten zu dürfen.
Man darf nicht vergessen, dass jeder einen Anspruch gegenüber dem rechtlich Verantwortlichen einer Internetseite hat, dass keine Unwahrheiten oder Herabsetzendes, Ehrabschneidendes usw. verbreitet werden.
Insofern kann man nur jedem Betroffenen raten, von diesem Anspruch auf Unterlassung derartiger Äußerungen gegenüber dem im Impressum genannten Verantwortlichen Gebrauch zu machen. Es darf die Grenze zwischen Meinungsäußerung und (unwahrer) Tatsachenbehauptung nicht überschritten werden (man denke an Joschka Fischer im Parlament, der diese Grenze kannte). Die üblichen Verrisse im Internet sind meistens nicht so professionell formuliert, dass man hier nicht ansetzen könnte. Interessant wäre noch die Frage, wer für die Kosten für die rechtliche Verfolgung berechtigter Interessen einzustehen hat, m.E. müsste ein Provider, der Unwahres behauptet, dafür einstehen, wenn man ihn rechtlich dazu bewegen muss, diese Äußerungen zu unterlassen (oder er kann beweisen, dass es wahr ist - aber wie, ohne den Verursacher zu nennen?). Im übrigen würde dies Druck auf die Provider ausüben, dass derartig angreifbare Äußerungen gar nicht an die Öffentlichkeit kommen.

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